Kfz-Zulieferer Leoni serviert Aktionären bittere Pille

15.5.2019, 11:20 Uhr
Kfz-Zulieferer Leoni serviert Aktionären bittere Pille

© Stefan Hippel, NN

Erst seit September 2018 steht Aldo Kamper an der Spitze von Leoni, die Hauptversammlung des Kfz-Zulieferers an diesem Donnerstag in der Nürnberger Frankenhalle wird für den Niederländer also eine Premiere - und sie verspricht, ziemlich lebhaft zu werden. "Ich erwarte eine Menge Fragen", macht sich Kamper im Vorfeld keine Illusionen.

Denn um Leoni steht es derzeit nicht besonders gut. Dass der Konzernumsatz im 1. Quartal 2019 auf 1,27 Milliarden Euro zurückging (Vorjahreszeitraum: 1,33 Milliarden Euro), ist dabei aus Sicht von Finanzanalysten noch fast das geringste Problem. Mehr treibt sie um, dass die Nürnberger zum Jahresauftakt Verluste von 132 Millionen Euro bilanzieren mussten und vor allem 313 Millionen Euro mehr aus der Kasse flossen als frisch hereinkamen.

Leoni-Chef Kamper setzt auf "Value 21"

Weil das auch schon zum Jahresende 2018 nicht groß anders aussah, hatte Kamper im vergangenen März das Restrukturierungsprogramm "Value 21" präsentiert. Das sei auch gut angelaufen, erklärte der Vorstandschef jetzt, über 1000 Maßnahmen quer durch alle Unternehmensbereiche würden derzeit geprüft. "Wir schauen uns wirklich jeden Stein an." Ab Juni beginne dann die Umsetzung der Initiativen.

Bis 2022 will Leoni mit dem Programm seine Kosten dauerhaft um einen "nennenswerten dreistelligen Millionenbetrag", so Kamper, senken. Für den Augenblick aber verschärft Value 21 die Unruhe im Konzern. Dass auch 2000 Stellen abgebaut werden sollen, davon 500 in Hochlohnländern wie Deutschland, ist bekannt. Aber was das nun genau für Standorte wie Nürnberg und Roth heißt, wollte Kamper erneut nicht sagen. "Wir sind da noch in der Detaillierung", sagte der Vorstandschef und bat um Geduld bis Herbst.

Doch nicht nur Arbeitsplätze stehen jetzt bei Leoni zur Disposition. Den Aktionären will das Unternehmen die Dividende in diesem Jahr komplett streichen. "Das ist sicher schmerzhaft", weiß Kamper, dass er dafür auf der Hauptversammlung vermutlich nicht mit Blumen beworfen werden wird. "Aber ich erwarte auch Verständnis für diesen Schritt."

Leoni konzentriert sich auf das Thema Liquidität

Für den Leoni-Chef ist im Augenblick entscheidender, die Liquiditätssituation im Blick zu behalten: "Cash ist natürlich ein extrem wichtiges Thema." Über 740 Millionen Euro liquide Mittel verfüge das Unternehmen derzeit. "Mehr Eigenkapital wäre immer gut. Aber wir kommen damit über die Runden", so Kamper. Und man prüfe derzeit "alle Optionen", den Finanzierungsbedarf zu sichern.

Nachfragen, ob das auch eine Kapitalerhöhung bedeuten könnte, eventuell sogar mit dem Einstieg eines fremden Investors, wich der Vorstandschef aus. Dafür zeigte sich Kamper aber überzeugt, dass Leoni das Schlimmste inzwischen überstanden habe und auf dem Weg der Besserung sei: "Wir haben die Talsohle durchschritten."

Die dramatische Situation im neuen Werk im mexikanischen Merida beispielsweise habe sich zuletzt deutlich gebessert. Zum Jahresauftakt hatte Leoni in Spitzenzeiten noch über 1000 Mitarbeiter etwa aus den Werken in der Ukraine, in Marokko und Tunesien nach Mexiko zum Aushelfen einfliegen müssen, damit es nicht zu noch teureren Lieferausfällen an Kunden kommt. "Wenn es wirklich brennt, müssen Sie manchmal Sachen machen, die Sie normalerweise nicht wollen", erklärte Kamper. Aber wie gesagt, mittlerweile habe sich die Lage in Merida stabilisiert.

Bei einer solchen Gemengelage dürfte die Aktionäre auf der Hauptversammlung dennoch ausführlichen Redebedarf haben. Zumal Leoni derzeit nicht einmal die globale Autokonjunktur hilft, die bis Sommer 2018 noch manch ein hausgemachtes Problem leichter ertragbar gemacht hatte. Im Gegenteil, vor allem der chinesische Markt entwickele sich im Moment "sehr schwach und deutlich unter Vorjahr", so Kamper. Und auch die Nachfrage in Europa sei verhalten.

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