Regel-Wirrwarr: Computerreparatur nur beim Kunden vor Ort möglich

5.1.2021, 13:14 Uhr
Wegen der aktuellen Lockdown-Regelungen dürfen IT-Serviceleister keine defekten Geräte im Geschäft annehmen, um sie wie hier im Bild in der Werkstatt zu warten. Die Techniker müssen für die Reparatur zum Kunden nach Hause.

© Uwe Anspach, dpa Wegen der aktuellen Lockdown-Regelungen dürfen IT-Serviceleister keine defekten Geräte im Geschäft annehmen, um sie wie hier im Bild in der Werkstatt zu warten. Die Techniker müssen für die Reparatur zum Kunden nach Hause.

Das Einzige, was noch nerviger und auch problematischer ist als eine langsame und stockende Internetverbindung in der Videokonferenz, ist ein defekter Computer. Dann geht nämlich nichts mehr. Weder im Homeoffice noch beim Schulunterricht von zu Hause aus. Ein IT-Fachmann muss her, um dem mittlerweile wichtigsten Arbeitsgerät wieder auf die Sprünge zu helfen. Das Problem: Laut der 11. Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (BayIfSMV) haben Geschäfte für den Computerservice geschlossen - oder etwa nicht?


Coronakrise treibt Digitalisierung an: Bayern holt mächtig auf


Eine Ausarbeitung des bayerischen Gesundheitsministeriums zu häufig gestellten Fragen vom 21. Dezember bringt zumindest etwas Licht ins Dunkel. Demnach dürfen Dienstleistungen wie Computerservice und -reparatur weiterhin ausgeführt werden - allerdings "nur beim Kunden", heißt es in Klammern dahinter.

Unverständnis über eine solche Regelung herrscht etwa bei Stefan Weingarten, Geschäftsführer des gleichnamigen PC-Serviceunternehmens in Erlangen. Aus Gründen des Infektionsschutzes macht es seiner Meinung nach wenig Sinn, in Privatwohnungen zu gehen, anstatt defekte Geräte in den Geschäftsräumen zur Reparatur anzunehmen. "Grundsätzlich gehen wir natürlich gerne zu unseren Kunden. In der Werkstatt haben wir aber mehr Möglichkeiten, um das Infektionsrisiko für Kunden und Mitarbeiter zu minimieren", so Weingarten.

Andere Regeln für Fahrrad- und Kfz-Werkstätten

Rückendeckung erhält der IT-Unternehmer vom Erlanger Landtagsabgeordneten Matthias Fischbach (FDP), der sich mit einem Schreiben an den bayerischen Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger gewandt hat. Fischbach treibt vor allem die Frage um, weshalb Fahrrad- und Kfz-Werkstätten weiterhin für eine stationäre Dienstleistung geöffnet haben dürfen, während es den IT-Dienstleistern nach derselben Verordnung (§ 12 Abs. 1 11. BayIfSMV) untersagt ist. "In allen Fällen stellen die zu reparierenden Gegenstände dringend notwendige 'Transportmittel' dar. Für Computer gilt dies in der derzeitigen Lage, in der physischer durch virtuellen Transport ersetzt werden soll, wohl sogar deutlich stärker als etwa für Fahrräder im Winter", heißt es in seinem Schreiben an Minister Aiwanger.

Natürlich wird für die Reparatur von Autos in den meisten Fällen eine Werkstatt mit entsprechender Ausrüstung benötigt. Allerdings steht im Fall der Computerreparatur der Infektionsschutz im Vordergrund und ob es sinnvoll ist, dass sich Techniker über längere Zeit in den Wohnungen der Kunden aufhalten. "Es ist ja nicht so, dass man in die Wohnung reingeht und das Problem in fünf Minuten gelöst wird", schildert der FDP-Politiker unserer Redaktion und fügt noch hinzu: "In den Wohnungen könnten zudem noch weitere Personen sein, wodurch das Einhalten von Hygieneregeln erschwert und eine verstärkte Aerosolausbreitung begünstigt wird."


Kommentar: Deutschland kann Digitalisierung nur bedingt


Auch IT-Dienstleister Weingarten sieht das ähnlich: "Wenn vor der Arbeit an einem Gerät eine Datensicherung durchgeführt wird, macht es wenig Sinn, wenn der Techniker zwei Stunden daneben sitzt und solange Däumchen dreht, bis der Ladebalken voll ist." Hinzu kämen Defekte, bei denen die Geräte über einen gewissen Zeitraum beobachtet werden müssen. Da mache es mehr Sinn, dies in der Werkstatt zu tun, sagt Weingarten.

Fragezeichen bleiben

Die Nachfrage unserer Redaktion beim bayerischen Wirtschaftsministerium, ob das Schreiben des Abgeordneten Fischbach bereits bearbeitet wurde und ob Änderungen der BayIfSMV besprochen werden, konnten von der Pressestelle aktuell nicht beantwortet werden. Neue Erkenntnisse könnte jedoch die Tagung des Ministerrats am morgigen Mittwoch bringen, hieß es.

IT-Dienstleister sind nicht die einzigen, die von der Regelung betroffen sind. So berichtet Weingarten von einem ihm bekannten Versicherungsunternehmer, dem es ähnlich ergeht. Laut Ausarbeitung des Gesundheitsministeriums dürfen auch Versicherungsvermittler keine Kunden in ihrem Büro empfangen, allerdings direkt zum Kunden in die Wohnung kommen, sofern die Anliegen nicht telefonisch oder online bearbeitet werden können.


Wer hat den Computer wirklich erfunden?


Weder Matthias Fischbach noch Stefan Weingarten sind prinzipiell gegen Hausbesuche beim Kunden. Schließlich gäbe es durchaus Fälle, die eine Anwesenheit des Technikers vor Ort erfordern, etwa, wenn das lokale Netzwerk oder das WLAN betroffen ist. In diesm Fall und bis es Änderungen in der Infektionsschutzverordnung gibt, werden die Servicetechniker von Stefan Weingarten weiterhin mit FFP2-Masken und Handschuhen zum Kunden in die Wohnung gehen, um die für den Alltag unverzichtbaren Geräte zu reparieren.

Verwandte Themen