Schwaches Weihnachtsgeschäft droht: Auch Nürnbergs Innenstadt fehlen Kunden

27.11.2020, 17:22 Uhr
Die Kunden kaufen gezielt ein - und lassen sich seltener zu Spontankäufen verleiten.

© Julian Stratenschulte/dpa Die Kunden kaufen gezielt ein - und lassen sich seltener zu Spontankäufen verleiten.

„Die Verbraucher werden auch in Coronazeiten zu Weihnachten Geschenke kaufen. Unter den Bedingungen des Teil-Lockdowns erledigen sie ihre Einkäufe in vielen Branchen aber voraussichtlich oft lieber online“, resümiert Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland.

Die Verlängerung des Lockdown light in den Dezember hinein treffe den Innenstadthandel deshalb massiv. Genth rechnet auch gleich vor, wie sehr: Bereits in den ersten drei Wochen seien die Umsätze hier um durchschnittlich 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gesunken. Im Bekleidungshandel war es sogar ein Minus von 40 Prozent, wie der HDE mitteilt. „Viele Innenstadthändler stehen vor der Insolvenz“, warnt Genth und fordert, den Handel in die Nothilfen der Bundesregierung aufzunehmen.

Die Umsatzrückgänge gelten laut Uwe Werner auch für Nürnberg. Obwohl sich die meisten Kunden ans Maskentragen gewöhnt hätten, so der Bezirksgeschäftsführer Mittelfranken des Handelsverbandes Bayern, sei der Mund-Nase-Schutz gerade beim Kleiderkauf hinderlich: „Damit etwas in der Umkleidekabine anzuprobieren, ist einfach unkommod.“

Dass jetzt auch noch für Geschäfte mit mehr als 800 Quadratmeter Verkaufsfläche strengere Vorgaben bei der zulässigen Höchstzahl an Kunden gelten, ist für den Einzelhandel ein weiterer Schlag ins Kontor – wobei sich, wie Werner betont, „die Sinnhaftigkeit dieser Entscheidung nicht erschließt“: Der Einzelhandel habe sichere Hygienekonzepte. Laut HDE-Chef Genth könnte die neue Regelung sogar kontraproduktiv sein, „wenn sich Warteschlangen vor den Geschäften und in den Innenstädten bilden“.

Kaum Inspirationskäufe

Warteschlangen will auch Werner nicht ausschließen, „sollte das Weihnachtsgeschäft anspringen“. Momentan sei Letzteres das jedoch noch nicht erkennbar. Auf ausgiebige Einkaufsbummel per pedes haben derzeit nur wenige Verbraucher wirklich Lust. Das zeigt auch der aktuelle „Corona Consumer Check“ des Marktforschungsinstituts IFH Köln: Stationäre Geschäfte werden demnach weniger besucht, die Verweildauer in Innenstädten sinkt. „Konsumentinnen und Konsumenten suchen Geschäfte meist mit einem gezielten Kaufvorhaben auf; Stöbern und Inspirationskäufe finden weniger statt“, so ein Fazit der Onlinebefragung des IFH.

Gestöbert und gekauft wird dagegen umso mehr per Internet: Der Onlinehandel, bereits lange vor der Pandemie der Wachstumstreiber schlechthin im Einzelhandel, ist ein echter Corona-Profiteur. Für die Monate Januar bis September weist das Statistische Bundesamt für den Internet- und Versandhandel ein nominales Umsatzplus von 21,5 Prozent aus. Beim Posten „Einzelhandel in Verkaufsräumen“ steht ein magerer Umsatzzuwachs von 2,3 Prozent – und sogar noch von dem können nicht wenige nur träumen.

Ob der heutige „Black Friday“ – eine Erklärung für den Namen des Schnäppchenjäger-Tages: An diesem Tag haben die Händler die Chance, aus roten Zahlen schwarze zu machen – dem Handel insgesamt den ersehnten Schub gibt? Rolf Bürkl hat da so seine Zweifel. „In vielen Branchen herrscht ja inzwischen quasi Black Year“, merkt er mit Blick auf die permanenten Rabattschlachten an.

Apropos Schub: Die Hoffnung, der private Konsum – er umfasst auch die Ausgaben der Verbraucher für Miete, Reisen und Dienstleistungen – könne heuer um real rund ein Prozent zulegen, hat Bürkl bereits mit dem ersten Lockdown in Frühjahr begraben. Mit einer neuen Prognose hielt er sich lange zurück. Inzwischen geht er von einem realen Rückgang von gut fünf Prozent aus. Gestiegen ist dagegen die Sparquote.