Dienstwagen verlieren an Bedeutung

Siemens, N-Ergie, Puma: Unternehmen nehmen Abschied vom Verbrenner

8.7.2021, 05:55 Uhr
Gerade für die junge Generation spielt der Dienstwagen für die Attraktivität des Arbeitgebers eine weniger wichtige Rolle. 

© imago stock&people via www.imago-images.de, NZ Gerade für die junge Generation spielt der Dienstwagen für die Attraktivität des Arbeitgebers eine weniger wichtige Rolle. 

Bis heute gilt das Auto in weiten Teilen der Bevölkerung als Statussymbol. Vor allem wenn die Premium-Limousine vom Unternehmen gestellt wird. Denn über den Besitzer des Fahrzeugs weiß man spätestens dann: Er oder sie hat eine leitende Position inne. Und doch scheint sich die Zeit des klassischen PS-starken Prestigeobjekts - zumindest was den Verbrenner angeht - langsam dem Ende zuzuneigen, zeigt ein Blick auf die Parkplätze der Unternehmen in der Region.

Wie das Flottenmodell der Zukunft aussehen könnte, hat jüngst Siemens vorgestellt: Das Unternehmen will die bisher klassischen dreijährigen Leasingverträge abschaffen und dafür auf einjährige Mobilitätsprogramme setzten, bei denen die Mitarbeiter per App das Automodell wechseln oder gar ganz darauf zu verzichten können. Die Kosten der Leasingverträge seien an den CO2-Ausstoß des jeweiligen Fahrzeugs gekoppelt, so ein Sprecher.

Die Pilotphase des Projektes läuft bereits; auch die Erlanger Tochtergesellschaft Siemens Healthineers nimmt teil. Wann das neue Modell die alten Verträge ganz verdrängt, steht aber noch nicht fest. Dafür ist man an anderer Stelle konkreter: Bis 2030 soll, so der Sprecher, die weltweite Autoflotte auf 100 Prozent Elektromobilität umgestellt werden. Das gelte für die rund 1500 Dienstwagen sowie die rund 45.000 Wagen für Servicekräfte und Vielfahrer.

Mehr Elektrofahrzeuge in der Region

In puncto Elektroautos ist Siemens mit seinem Vorhaben aber längst nicht mehr allein: So setzt in der Region die N-Ergie bei den klassischen Dienstwagen zwar noch auf langjährige Leasingmodelle, die Mitarbeiter seien aber dazu angehalten, elektrisch angetriebene Modelle auszuwählen, so Sprecher Michael Enderlein. Elektro- und Hybrid-Fahrzeuge seien dabei als Dienstwagen mittlerweile die Regel. Hinzu komme eine Car-Sharing Flotte, die allen Mitarbeitern für Dienstfahren zur Verfügung stehe, sowie weitere Einsatzfahrzeuge. Insgesamt habe man rund 140 Elektro- und Hybridfahrzeuge.

Auch bei Puma in Herzogenaurach ist man dabei, auf eine nachhaltigere Flotte umzustellen: "Wir haben uns 2020 als Teil unserer 10For25-Nachhaltigkeitsstrategie das Ziel gesetzt, unsere Fahrzeugflotte komplett auf reine Elektrofahrzeuge umzustellen, nicht nur in Deutschland, sondern weltweit." Zudem arbeite man an verschiedenen Mobilitätskonzepten wie Carsharing. Und auch bei MAN ist man bereits im Umstellungsprozess: Mit Beginn des Jahres habe man die Dienstwagenregelung geändert und das Fahrzeugangebot damit um Elektro-und Hypridautos erweitert, schreibt eine Sprecherin auf Nachfrage. "Insgesamt soll die Dienstwagenflotte damit einen wesentlichen Beitrag zur MAN-Nachhaltigkeitsstrategie leisten."

Die Umstellung auf E-Autos lohnt sich aber nicht nur für die eigene Umweltbilanz der Konzerne: Vielmehr sind Dienstwagen und gewerblich zugelassene Fahrzeuge laut einer jüngsten Studie der Organisation Transport & Environment (T&E) für rund drei Viertel der CO2-Emissionen von Neuwagen in Deutschland verantwortlich. In keinem anderen europäischen Land seien sie damit so klimaschädlich wie hier, so das Ergebnis. Dementsprechend viel könnten Unternehmen also auch zur bundesweiten Umweltbilanz beitragen: Würde es sich bei allen bis 2030 neu gewerblich zugelassenen Autos um E-Autos handeln, so könnten die Pkw-Emissionen laut Studie um fast ein Drittel verringert werden.

Experte: Automobilindustrie muss umdenken

Die Pandemie hat den Wandel im Bereich Dienstwagen zudem verstärkt: "Vielen Konzernen hat das die Augen geöffnet: Mitarbeiter arbeiten verstärkt von Zuhause aus und nehmen an Konferenzen digital teil, anstatt lange Wege auf sich zu nehmen. Da spielen natürlich auch Dienstwagen eine immer geringere Rolle", erklärt Professor Stefan Bratzel, Direktor des Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach.

Gleichzeitig wandle sich auch die Gesellschaft, "und in dem Zuge macht der Dienstwagen einen kulturellen Wandel durch, in dem er als Statussymbol an Bedeutung verliert", so Bratzel. Für die Zukunft müssten Unternehmen die Mobilität ihrer Mitarbeiter vielmehr neu denken: "Es braucht flexiblere Modelle, vor allem Sharing-Angebote für Autos wie auch für Fahrräder, mit denen Mitarbeiter im Sommer das Rad und im Winter den Wagen nutzen können."

Doch was heißt die Umstellung für die Industrie, die mit gewerblichen Fahrzeugen großen Umsatz macht? "Für die Automobilindustrie ist das ein einschneidender Wandel. Sie müssen sich in Zukunft neu aufstellen, flexible Modelle anbieten mit Abos für Autos und beispielsweise auch Fahrräder. Die Zeiten, in denen sie nur Hardware anbieten konnten, die sind bald vorbei."

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