Siemens schickt Energiesparte an die Börse

23.9.2020, 14:16 Uhr
Eine Windenergieanlage von Siemens steht auf einem Feld in Brandenburg: Der Konzern schickt sein Energiegeschäft in die Eigenständigkeit. 

© Patrick Pleul, dpa Eine Windenergieanlage von Siemens steht auf einem Feld in Brandenburg: Der Konzern schickt sein Energiegeschäft in die Eigenständigkeit. 

Das Unternehmen mit gut 90.000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von zuletzt 29 Milliarden Euro wird vor allem auf Basis einer Überzeugung in die Eigenständigkeit geschickt: Jeder für sich selbst klappt besser. Siemens Energy soll seinen Weg durch die anstehenden Herausforderungen alleine gehen – ohne den Schutz, aber auch ohne den Ballast des Konzerns.

Das Energiegeschäft hat eine lange Tradition bei Siemens, doch im Konzernverbund gab es ein zentrales Problem: Es ist mit seinen langfristigen Wartungsverträgen und riesigen Auftragsbeständen zwar robust gegen kurzfristige Schwankungen, doch weniger margenträchtig als etwa das Industriegeschäft. Zum Abschied hat Energy noch einmal eine solide Finanzierung mitbekommen. Künftig kann und muss sich der neue Energy-Chef Christian Bruch das Geld selbst am Kapitalmarkt holen, wenn auch wegen eines etwas schlechteren Ratings zu voraussichtlich etwas ungünstigeren Konditionen als Siemens.

Aufspaltung birgt Risiken

Die Aufspaltung könnte Risiken mit sich bringen: So warnte der scheidende Siemens-Chef Joe Kaeser auf der außerordentlichen Hauptversammlung zur Abspaltung, dass bestimmte Einspar- und Größeneffekte verloren gehen. Ferner ist Energy in einem sich stark wandelnden Markt unterwegs, der zudem auch politischen Schwankungen unterliegt.

Ein Champion im Energiegeschäft mit Breite und Tiefe – so sieht man bei Siemens das neue Unternehmen. Doch diese Breite ist auch Herausforderung, denn der neue Konzern hat zwar mit der gut zwei Drittel schweren Beteiligung an Siemens Gamesa ein starkes Windenergiegeschäft und ist auch in der wichtig bleibenden Stromübertragung tätig, doch gleichzeitig liefert und wartet er Turbinen und andere Technik für Gas- und vor allem Kohlekraftwerke.

Es geht also um einen Markt, der über die Jahrzehnte schrumpfen und wegbrechen wird. Kaeser, der Energy als Aufsichtsratschef weiter begleitet, hat dem Vorstand bereits aufgegeben, einen Plan zum Ausstieg aus der Kohle zu entwickeln – verantwortungsvoller als Aktivisten dies forderten und "konsequenter, als Zögerlinge dies für notwendig halten". Am Ende dürfte der Plan von beiden Seiten Kritik bekommen.

Gewerkschaft sieht "versteckte Drohungen"

Die hat sich Bruch schon mit seinen Plänen für Kosteneinsparungen bei Energy eingehandelt. Er will unter anderem die Vereinbarung zur Standortsicherung nicht übernehmen und Standorte abbauen. Das soll Produktionsketten vereinfachen. Die Gewerkschaft reagierte alles andere als begeistert und sprach von "versteckten Drohungen" auf der Zielgeraden zur Abspaltung.

Ganz trennen wird sich Siemens übrigens nicht: Gut 35 Prozent an Energy behält der Konzern zunächst selbst, knapp 10 Prozent gehen an den Pensionsfonds des Konzerns. Beide Positionen werden über die Zeit schrumpfen, Siemens will aber Ankeraktionär mit einem Anteil von rund 25 Prozent bleiben.

Angesichts seiner Größe könnte Siemens Energy in absehbarer Zeit neben der alten Mutter Siemens Teil des Aktienindex Dax werden. Weil das auch für die andere große Siemens-Abspaltung Healthineers gilt, könnten Ende des kommenden Jahres drei Unternehmen mit dem Namen Siemens in der obersten Liga der Deutschen Börse spielen.

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