So profitiert die Fränkische Schweiz vom Kletter-Boom

16.8.2019, 05:48 Uhr
Steilhänge in verschiedenen Schwierigkeitsgraden warten in der Fränkischen Schweiz auf die Kletterer.

© Brigitte Grüner Steilhänge in verschiedenen Schwierigkeitsgraden warten in der Fränkischen Schweiz auf die Kletterer.

Der frühere Erste Bürgermeister von Obertrubach hat es einmal sehr griffig formuliert: "Unser Öl ist der Tourismus", sagte Willi Müller damals vor acht Jahren. Ganz so euphorisch will es sein Nachfolger Markus Grüner nicht ausdrücken, doch auch er meint: "Das kann man schon so stehen lassen."

Und tatsächlich: Obertrubach lebt in erster Linie vom Freizeitsport. Insbesondere für die Kletterer ist der Ort eine Art Mekka. Der Fels "Eldorado" mit seiner überhängenden Wand zieht selbst Profi-Sportler aus der ganzen Welt an.

Die Bedeutung der Freizeiturlauber als Wirtschaftsfaktor lässt sich auch in Zahlen ablesen. Die gesamte Sportwirtschaft setzt pro Jahr rund 56 Milliarden Euro um. Das sind 2,2 Prozent der gesamtwirtschaftlichen Leistung in Deutschland – und damit mehr, als die chemische Industrie beisteuert. Rund ein Viertel der Ausgaben entfallen dabei auf Outdoor-Sportarten wie Laufen, Kanufahren, Wandern, Bergsteigen oder eben Klettern.


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Die Fränkische Schweiz hat da jede Menge zu bieten. In Obertrubach lässt sich das gut ablesen. Rund 60.000 Übernachtungen pro Jahr sind für einen Ort mit gerade einmal 2185 Einwohnern (Stand Ende 2018) überaus beachtlich – auch wenn es Anfang der 90er Jahre schon einmal mehr als 80.000 waren. Wie viele der heutigen Besucher Kletterer sind, lässt sich so genau nicht sagen. Bürgermeister Grüner schätzt den Anteil auf "etwa ein Fünftel". Umgerechnet auf die Bevölkerung steht Obertrubach damit an der Spitze der gesamten Region.

Zudem sind viele Freizeitsportler von heute offenbar gewillt, mehr Geld auszugeben als früher. "Der Kletterer hat sich weiterentwickelt", sagt Bürgermeister Grüner. Früher hätten viele noch gezeltet. Die Jungen von damals seien aber nicht nur älter, sondern auch bequemer geworden – und übernachten nun lieber in einem Gasthaus. Der örtlichen Gastronomie jedenfalls tut das sehr gut.

Und Obertrubach hat ordentlich in die Infrastruktur investiert. Das 2011 eröffnete "Kletter-Informationszentrum Fränkische Schweiz" dient als Anlaufstelle für die gesamte Region. Die Fränkische Schweiz sei eines "der am besten erschlossensten Klettergebiete in Europa und besitzt mit 12.000 Kletterrouten auf 800 Felsen im Themenbereich Klettern ein klares Alleinstellungsmerkmal", heißt es in einer 2017 erstellten Studie.

In der Untersuchung der Forchheimer Beratungsfirma Cima werden selbstverständlich die drei Klettergärten in Pottenstein, Betzenstein und Veilbronn ebenso aufgeführt wie die Boulder- und Kletterhallen in Betzenstein und in Forchheim. Gleichzeitig wird allerdings eine "unzureichende touristische Vermarktung" bemängelt.

Ja, da sei schon ein bisschen was dran, räumt auch Reinhard Löwisch von der Tourismuszentrale Fränkische Schweiz ein. "Ansatzpunkte sind da, aber insgesamt ist es zu wenig, das stimmt", sagt er. Einerseits sei der Klettertourismus "in gewisser Hinsicht ein Selbstläufer". Andererseits ist das mit der Kooperation untereinander gar nicht so einfach. "Das Problem ist, dass es kein richtig geschlossenes Klettergebiet ist, sondern verteilt." Obertrubach und Egloffstein etwa arbeiten zusammen – beide Orte liegen nebeneinander im Trubachtal. Im Zeitalter der weltweiten Netze werden die anderen das aber vielleicht auch noch hinkriegen.

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