Uniformierte Kleidung im Job gefällt nicht jedem

24.3.2010, 00:00 Uhr
Uniformierte Kleidung im Job gefällt nicht jedem

© Mark Johnston

Bei der Berichterstattung über die jüngsten Tarifauseinandersetzungen machten die streikbereiten Lufthansa-Piloten mal wieder eine gute Figur: Die militärisch anmutenden Uniformen der Flugkapitäne und ihres Hilfspersonals sollen Sicherheit, Ordnung und lebensrettende Autorität ausstrahlen - nicht nur bei der Lufthansa, sondern auch bei Air Berlin und allen anderen Fluglinien.

Historische Wurzeln reichen bis ins Mittelalter zurück

»Corporate Fashion vermittelt Respekt und gibt dem Gast oder Kunden das Gefühl, einen ‚richtigen‘ Ansprechpartner zu haben», sagt die Nürnberger Stilberaterin Friederike von der Marwitz. Nach ihrer Einschätzung sind neben Piloten und Stewardessen vor allem Empfangspersonal, Hotel- und Restaurantangestellte, aber auch Mitarbeiter bei Messen und Kongressen für die einheitliche Berufskleidung gut geeignet.

Die historischen Wurzeln von Unternehmensuniformen und Firmenmode reichen bis ins Mittelalter zurück, als Gilden und Zünfte das einheitliche Auftreten ihrer Mitglieder forderten. Bei etlichen Staatsbediensteten sind Uniformen schon seit Jahrzehnten gang und gäbe. So müssen Richter Roben tragen: an Amtsgerichten schwarze, an manchen Verwaltungsgerichten blaue, am Bundesverfassungsgericht scharlachrote.

An einer Uniform ist fast jeder Mensch erkennbar

Und während sich die Verantwortlichen in den Bundesländern regelmäßig über Schnitt und Farben von Polizeiuniformen streiten, gibt es an der Notwendigkeit des einheitlichen Auftritts keine Zweifel. An der Uniform kann jeder Mensch nun mal sofort erkennen, mit welcher Amtsperson er es zu tun hat.

Seit Jahrzehnten versuchen private Unternehmen, den amtlichen Uniformgedanken mit seiner hohen Verlässlichkeit auf das Image ihres Geschäfts zu übertragen. So trugen bei der Fast-Food-Kette McDonald’s schon die Mitarbeiter der ersten Deutschlandfiliale vor rund 40 Jahren die gleiche Kluft. Vor allem im Dienstleistungsbereich kleiden mehr und mehr Unternehmen ihre Beschäftigten in den Betriebsfarben ein. So erkennt man Zusteller des United Parcel Service gleich an ihren braunen Uniformen, Verkäufer bei Ikea geben sich farblich ganz schwedisch, und selbst bei Tankstellen wie Shell sind die Beschäftigten seit einigen Jahren wieder an ihrer Schutzkleidung im Firmendesign zu erkennen.

»Versprechen einer gleichbleibenden Qualität»

Damit geben Unternehmen in all ihren Filialen und mit allen Beschäftigten das »Versprechen einer gleichbleibenden Qualität», sagt die Anthropologin Regina Henkel, die zum Thema Corporate Fashion im vergangenen Jahr ein Buch veröffentlicht hat.

Aber Corporate Fashion, so Stilberaterin von der Marwitz, »sorgt nicht nur für eine starken Auftritt nach außen und für effektive Werbung in der Öffentlichkeit, sondern fördert darüber hinaus das Zusammengehörigkeitsgefühl der Mitarbeiter und die interne Motivation». Dabei kann Corporate Fashion vieles sein, von einfach bedruckten Hemden oder Pullovern aus dem Großhandel bis zu aufwendig entworfenen und speziell für einzelne Unternehmen gestylten Monturen.

Drohende Einschränkung der Selbstständigkeit und Persönlichkeit

Bei den einheitlich gekleideten Mitarbeitern kommt der Zwang zur tägliche Uniformierung aber nicht immer gut an. »Uniformierte Menschen fallen auf und müssen sich in der Öffentlichkeit immer beobachtet fühlen. Wer eine Uniform trägt, ist im Dienst, egal, wo er sich aufhält», sagt Regina Henkel. Und von der Marwitz mahnt: »Ein zu strenger Dresscode schränkt die Selbstständigkeit und Persönlichkeit der Mitarbeiter ein – und damit auch ihre Kreativität».

Doch es gibt auch die Beschäftigten, die beim morgendlichen Gang zum Kleiderschrank recht froh sind, dass ihnen die mühsame Auswahl des passenden persönlichen Outfits erspart wird.

Keine Chance für Angeber und soziales Absetzen

Etikette-Beraterin Friederike von der Marwitz weist zudem auf die Vorteile der in Deutschland nach wie vor umstrittenen Einheitskleidung an Schulen hin: »Angeberei und soziales Absetzen werden hierdurch vermieden. Kinder und Jugendliche können sich auf das Wesentliche konzentrieren, nämlich aufs Lernen, auf Werte und Mitmenschlichkeit.»

Für so manchen Anzugträger und manch ein Modepüppchen in Unternehmen könnte Corporate Fashion folglich nicht nur eine spürbare finanzielle Entlastung bedeuten, sondern vielleicht sogar eine wertvolle Erfahrung sein.