Vertragsabschluss per Telefon? Verbraucherschützer rät zur Vorsicht

17.1.2020, 10:45 Uhr
Bei ungewollten Anrufen von Callcenter-Mitarbeitern kann die Lösung Experten zufolge auch sein, einfach aufzulegen.

© Foto: Patrick Pleul, dpa Bei ungewollten Anrufen von Callcenter-Mitarbeitern kann die Lösung Experten zufolge auch sein, einfach aufzulegen.

Sie ist eloquent, ein kritischer Geist außerdem. Und so fragte Christina Guyre auch mehrfach nach, warum ihr denn die Deutsche Telekom bitte etwas schenken sollte? Der freundliche Herr am Telefon aber beharrte darauf: Sie sei eine langjährige, treue Kundin, daher gebe es das sogenannte Magenta TV, eine Art erweiterte Mediathek, für sie gratis. Na gut, erwiderte sie nach einiger Zeit – und legte auf. Schließlich würde ihr ja sicher noch ein Vertrag zugeschickt, den könne sie dann prüfen und im Zweifel widerrufen.

"Ich fühle mich für dumm verkauft"

Statt eines Vertrags kam jedoch ein Monteur. Der nicht nur Kabel durch Wände legen wollte, sondern sie obendrein auch noch darauf aufmerksam machte, dass sie sehr wohl einen monatlichen Aufpreis zu zahlen habe. Fünf Euro zwar nur. Aber um die Summe, das betont die 74-Jährige gegenüber unserer Redaktion, gehe es ihr in diesem Fall nicht:
"Ich fühle mich für dumm verkauft, schließlich habe ich explizit und mehrfach nach etwaigen Mehrkosten gefragt."

Der Fall zeigt, dass nicht nur unerlaubte Telefonwerbung trotz leicht rückläufiger Beschwerdezahlen (57.648 im Jahr 2019 gegenüber 62.000 im Jahr 2018) noch immer "ein massives Problem" ist, wie die Bundesnetzagentur bilanziert. Auch eine Kontaktaufnahme, in die der Kunde eingewilligt hat, wird immer wieder zum Problem, so Oliver Müller von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.

Grundsätzlich, so der Experte für Telekommunikation, müsse der Anbieter beweisen, dass der mündliche Vertrag auch wirklich zustande gekommen ist. Sprich: Dass sich die zwei Vertragspartner darüber einig sind, welche Leistungen für welche Gegenleistung zu erbringen sind.

Kunde in der Zwickmühle

Aus Sicht von Christine Guyre war das in ihrem Fall aber eben nicht gegeben – beziehungsweise falsch dargelegt worden. Doch auf Nachfrage bei der Telekom habe man ihr erklärt, dass der Vertrag nicht nur gültig sei, sondern auch ein Jahr laufe und die Widerrufsfrist bereits verstrichen sei. Was also tun? Nicht zahlen und so Mahnungen und Streitereien riskieren?

Verbraucherschützer Müller kennt diese Zwickmühle. Denn trotz besagter Beweispflicht könne der Anbieter den Kunden mit Rechnungen in Bedrängnis bringen. Allerdings, so betont Müller, beginne die 14-tägige Widerrufsfrist erst, wenn der Kunde über diese belehrt worden sei. Am Telefon sei das eher ungewöhnlich, schließlich handle es sich um einen längeren Text, das hätte der Kundin auffallen müssen. Und schriftlich, so sagt sie, habe sie nichts erhalten.

Gute Nerven vorausgesetzt, könnte Christine Guyre bei der Telekom einen etwaigen Audio-Mitschnitt verlangen, der ihre Version dann gegebenenfalls belegt. Weigere sich das Unternehmen, könne sie sich an die Verbraucherzentralen wenden und aufgrund des sogenannten datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruches Beschwerde beim Bundesbeauftragten für Datenschutz einlegen. Oder eben einen Anwalt beauftragen.

"Im Zweifel einfach auflegen"

Grundsätzlich rät Müller, sich am besten gar nicht auf ein Verkaufsgespräch einzulassen. Die Mitarbeiter vieler Call-Center seien speziell geschult, auch in psychologischer Gesprächsführung. Wer einmal an der falschen Stelle "Ja" sage, habe schnell einen bindenden Vertrag am Hals, selbst wenn er den nicht gewollt habe. "Auch wenn es manchen unhöflich erscheint, kann es im Zweifel besser sein, einfach aufzulegen", fasst der Experte zusammen. Wer sich in ein Gespräch verwickeln ließ und sich danach unsicher ist, solle am besten gleich vorsorglich einen Widerruf samt gegebenenfalls fristloser Kündigung per Einschreiben schicken, Vordrucke gebe es etwa bei den Verbraucherzentralen, rät Müller.

Fader Nachgeschmack

Die Telekom äußert sich auf Nachfrage nicht zu ihren Geschäftsmethoden via Telefon-Akquise. Allerdings beharrt sie darauf, dass die Kundin "telefonisch der Buchung des neuen Produkts zugestimmt hat. Der Anruf wurde datenschutzrechtlich konform und mit Einwilligung von Frau Guyre mitgeschnitten und liegt uns vor. Zudem sind ihr die entsprechenden Vertragsunterlagen postalisch zugestellt worden." Guyre verneint das. Und erhält in der Mitte des Tages
dennoch eine gute Nachricht: Die Telekom bucht sie überraschend auf ihren alten Vertrag zurück.

"Das ist großartig", sagt die 74-Jährige. Allerdings bleibe ein sehr fader Nachgeschmack: "Dass der Verbraucher es ohne Schützenhilfe der Presse nicht schafft, gegen Unternehmen vorzugehen, finde ich mehr als bedenklich."

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