Tierschutz

Verzicht auf Rindertransporte? Zuchtverbände lehnten offenbar lukratives Angebot ab

22.6.2021, 06:50 Uhr
Michaela Kaniber, Landwirtschaftsministerin in der Bayerischen Staatsregierung

© Klaus-Dieter Schreiter Michaela Kaniber, Landwirtschaftsministerin in der Bayerischen Staatsregierung

Zehntausende deutsche Rinder werden jährlich in Drittländer transportiert. Teilweise direkt, teilweise über Zwischenstationen in anderen EU-Ländern. Nicht nur Tierschützer sehen dieses Transporte kritisch, auch Politiker - unter anderem der bayerische Umweltminister Thorsten Glauber und Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber - versuchen immer wieder, diese Praxis zu stoppen. Auch bundesweit wird immer wieder über ein Verbot diskutiert: Am kommenden Freitag werden die Rindertransporte wieder Thema im Bundesrat sein.

Bayern will nicht auf EU-weite Lösung warten

Bayern will jedoch nicht auf eine mögliche bundesweite oder EU-weite Lösung, die frühestens 2023 kommen wird, warten: Aktuell verhandelt das Landwirtschaftsministerium, an dessen Spitze Michaela Kaniber steht, mit den Rinderzuchtverbänden und hat ihnen bereits mehreren Branchenkennern zufolge acht Millionen Euro angeboten, wenn sie in den nächsten zwei Jahren auf diese Transporte verzichten. Die Rinderzuchtverbände sollen dieses Angebot jedoch abgelehnt haben.

Offiziell äußern wollte sich dazu nur Kai Braunmiller, Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft für Fleischhygiene und Tierschutz in Bayern: "Die bayerischen Zuchtverbände haben das Angebot von acht Millionen Euro der Ministerin Kaniber wohl abgelehnt", erklärt er und verweist dabei auf eine sichere Quelle. Das es das Angebot von acht Millionen Euro gab, dies wollten aber weder das Ministerium noch Verantwortliche der Rinderzuchtverbände bestätigen. "Derzeit laufen Gespräche unseres Hauses mit den Verbänden, wie ein Ausstieg aus den Exporten möglich sein könnte. Die Ergebnisse dieser Gespräche müssen abgewartet werden", erklärt Martin Hecht, stellvertretender Sprecher des Ministeriums.

Alternativen zum Export in Drittstaaten wären dem Ministerium zufolge beispielsweise eine verstärkte Vermarktung der Zuchtrinder innerhalb der EU oder die Vermarktung der weiblichen Tiere im Rahmen eines regionalen Qualitätsfleischprogramms für Mastfärsen. "Der Aufbau dieser Alternativen bräuchte aber eine gewisse Vorlaufzeit und geht nicht von heute auf morgen", erklärt Hecht.

Seit Jahren setzt sich bereits das bayerische Umweltministerium dafür ein, dass Transporte, die aus Sicht des Ministeriums tierschutzwidrig sind, in bestimmte Drittstaaten nicht mehr stattfinden dürfen. "Dazu wurde in Bayern bereits Anfang 2019 eine Liste mit inzwischen 18 Staaten erstellt, bei denen erhebliche Zweifel bestehen, dass europäische Tierschutzstandards durchgehend bis zum Zielort eingehalten werden", erklärt ein Sprecher des Umweltministerium und ergänzt: "Mehrere Gerichte bis hin zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof haben die zuständigen Vollzugsbehörden jedoch verpflichtet, zunächst verweigerte Tiertransporte abzufertigen beziehungsweise erforderliche Dokumente für Tiertransporte auszustellen."

Offiziell in Drittstaaten gingen 2020 laut Statistischem Bundesamt aus Bayern nur 585 Rinder, aus Deutschland waren es 42 441. Die inoffiziellen Zahlen, vor allem aus Bayern, sind jedoch weit höher. Denn seitdem sich das bayerische Umweltministerium, das für die Transporte zuständig ist, immer wieder quer gestellt hat, wurden zahlreiche bayerische Tiere erst in andere Bundesländer oder EU-Staaten gebracht und von dort dann weiter in Drittländer. Welche Anzahl indirekt über andere Bundesländer oder EU-Länder in Drittstaaten transportiert worden ist, dazu gibt es keine offiziellen Angaben.

EU-weite Regelungen

Geregelt sind die Transporte EU-weit. Die Europäische Kommission plant jedoch erst für 2023 eine Überprüfung der bestehenden Tierschutz- und Tierwohlgesetzgebung. Und auch wenn der Bundesrat am kommenden Freitag für ein Export-Verbot stimmt, wird sich zunächst in Deutschland nichts ändern. Denn dann ist wieder die Bundesregierung gefragt. Laut Camilla Linke, Leiterin der Pressestelle des Bundesrats, könnte - falls Bundesrat und Bundesregierung sich einig sind - eine entsprechende Verordnung frühestens ab 1. Oktober 2021 gelten.

Von den Verbänden wollten weder der Geschäftsführer des Rinderzuchtverbandes Franken noch Verantwortliche des Landesverbandes Bayerischer Rinderzüchter Stellung zu diesem Thema nehmen.

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