Nach vermeintlich "fairem Angebot"
Warnstreiks vom Tisch? So geht es in der bayerischen Metall- und Elektrobranche weiter
28.10.2024, 11:21 UhrDie Friedenspflicht läuft ab – und unmittelbar danach soll der Streik beginnen: Die IG Metall mobilisiert ihre Mitglieder und ruft am Dienstag, 29. Oktonber, zu Warnstreiks auf. Das gab Bezirksleiterin Barbara Resch in Stuttgart bekannt. Bislang konnte in den ersten beiden Verhandlungsrunden keine Einigung zwischen den Tarifparteien erzielt werden, die dritte Runde findet am 30. Oktober in München statt.
Arbeitgeber unterbreiten "faires Angebot"
Der Verband der Bayerischen Metall- und Elektro-Industrie e. V. (vbm) habe "ein gutes und faires Angebot vorgelegt", heißt es in dessen Pressemitteilung. Dieses sieht vor, dass die Tabellen zum 1. Juli 2025 um 1,7 Prozent und zum 1. Juli 2026 um weitere 1,9 Prozent steigen sollen. Das Gesamtpaket des neuen Tarifvertrags soll auf Wunsch der Gewerkschaft eine dauerhafte automatische Differenzierung und deren Ausweitung sowie die einmalige überproportionale Erhöhung der Ausbildungsvergütungen und der tariflichen Anpassung der Freistellungszeit beinhalten. Das teilte der Verband der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie (vbm) am Montag mit.
Zudem kritisiert der Verband in seiner Pressemitteilung die Pläne der IG Metall, einen Warnstreik auszurufen. "Streiks schaden dem stark exportorientierten M+E-Standort Bayern in der schwierigen wirtschaftlichen Situation, den Unternehmen und damit letztlich den Beschäftigten", kommentiert vbm-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt und ergänzt: "Wir haben noch innerhalb der Friedenspflicht ein tragfähiges Angebot vorgelegt, stehen kurz vor der dritten Verhandlung und dort ist es jetzt an der IG Metall, auf unser Angebot einzugehen. Die IG Metall setzt mit ihren Warnstreiks auf Eskalation in den Betrieben, das ist zum jetzigen Zeitpunkt völlig unangebracht."
Außerdem betonte Brossardt abermals den Standpunkt und die Argumente seines Verbandes: "Die Einschnitte bei den Unternehmen werden immer größer, der Jobabbau nimmt weiter Fahrt auf. Hohe Entgeltsteigerungen würden vielen Unternehmen die Luft zum Atmen nehmen. Denn die Personalkosten sind mit durchschnittlich rund 35 Prozent an den Gesamtkosten ein entscheidender Standortfaktor. Da tut aktuell jedes Prozent nach oben richtig weh." Die IG Metall indes habe die Auswirkungen von Entgelterhöhungen auf die Wettbewerbsfähigkeit nicht im Blick. So liege etwa die Produktivität in den ersten sieben Monaten dieses Jahres gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum bei minus 6,3 Prozent. Auch Produktion, Auftragseingänge und -bestände würden laut Brossardt kontinuierlich sinken. Entsprechend forderte der vbm-Hauptgeschäftsführer: "Wir brauchen einen für alle Seiten tragfähigen Abschluss und das am besten gestern."
IG Metall verkündet Details zum Warnstreikauftakt
Unmittelbar nach Ende der Friedenspflicht am 28. Oktober um Mitternacht startet die IG Metall Bayern in die Warnstreiks. Konkret ruft die IG Metall in 14 Betrieben die Nachtschichten zu "0-Uhr-Aktionen" auf. Das teilte die Gewerkschaft in eine Presseinformation mit. Insgesamt soll es am Dienstag in 21 Betrieben zu Warnstreiks kommen. In Mittelfranken ist Aerumtec in Weißenburg betroffen, dort soll ab 11 Uhr in der Treuchtlinger Straße 20 eine Kundgebung stattfinden. Zu den weiteren Betrieben zählt unter anderem Bosch Rexroth AG in Lohr, Robert Bosch in Bamberg oder SKF in Schweinfurt.
Die IG Metall Regensburg kündigte zudem an: "Wir werden mit maximaler Drehzahl in die Warnstreikphase starten", erklärt Rico Irmischer, 1. Bevollmächtigte der Regensburger Gewerkschaft und führt fort: "Mit Ablauf der Friedenspflicht wird die Nachtschicht bei BMW Regensburg und Rhenus das Werk vollständig lahmlegen. Diesen Knall wird die Verhandlungsführung des Arbeitgeberverbands hören, sehen und spüren." Es wird eine vierstellige Anzahl an Streikenden bei BMW Regensburg und Rhenus erwartet. Im Laufe des 29. Oktobers sollen dann Beschäftigte bei BMW in Wackersdorf und Schnellecke sowie Benteler in Schwandorf nachziehen.
Zudem plant die IG Metall den ersten bayernweiten Azubi-Warnstreik: Am Dienstag werden Tausende Auszubildende aus ganz Bayern in Ingolstadt erwartet, wo eine Demonstration am Audi-Werk sowie eine Kundgebung angedacht sind. ". Neben sieben Prozent mehr Entgelt fordert die IG Metall eine Anhebung der Auszubildenden-Vergütungen um 170 Euro, weil Auszubildende unter den gestiegenen Kosten besonders leiden", heißt es in der Pressemitteilung.
"Aus den Regensburger Betrieben werden sich am 29. Oktober fünf Busse mit 250 Auszubildenden auf den Weg nach Ingolstadt machen, um sich am Azubi-Warnstreik zu beteiligen" kündigt Olga Redda, 2. Bevollmächtigte der IG Metall Regensburg an. "Im weiteren Verlauf der Woche werden wir weitere Regensburger Betriebe in den Warnstreik einbeziehen und die Beschäftigten zu Warnstreiks aufrufen. Wir stehen nach wie vor für einen schnellen Tarifabschluss. Deshalb erzeugen wir auch schnellstmöglich den maximalen Druck, den der vbm offenbar braucht, um sich zu bewegen."
Die IG Metall reagiert mit den Warnstreiks auf das vbm-Angebot, das eine stufenweise Gehaltserhöhung um 1,7 und 1,9 Prozent bis 1. Juli 2026 vorsieht. IG Metall-Bezirksleiter und Verhandlungsführer Horst Ott sagt: "Das ist zu wenig, zu spät, und die Laufzeit ist zu lang. Nach diesem enttäuschenden Angebot starten wir jetzt unsere Warnstreiks, um die Verhandlungen in Bewegung zu bringen. Die Beschäftigten erwarten von ihren Arbeitgebern, dass ihre finanziellen Sorgen ernst genommen werden. Das werden sie bei den Warnstreiks unmissverständlich demonstrieren."
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