Wenn es beim Bäcker nur Ware vom Vortag gibt

18.6.2019, 05:54 Uhr
In vielen Bäckerei-Filialen sind die Regale bei Ladenschluss fast immer voll.

© Friso Gentsch, NN In vielen Bäckerei-Filialen sind die Regale bei Ladenschluss fast immer voll.

Mehrere Bäckereien und auch Handelsketten sprechen offiziell davon, dass keine oder wenn, nur geringe Mengen auf dem Müll landen. Was übrig ist, werde an die Tafel und an Bauern abgegeben oder in Biogasanlagen verwertet.

Ein Brancheninsider geht jedoch davon aus, dass in Großbäckereien etwa zehn Prozent der Ware weggeworfen werde. 15 bis 20 Prozent sogenannter Retouren würden bereits im Vorfeld einkalkuliert. Ein Grund dafür: Bäckereien, die in Handelsketten verkaufen, müssen häufig garantieren, dass am Abend noch ausreichende Mengen vorhanden sind.

Doch auch in den Filialen großer Bäckerei-Ketten sind am Abend die Regale noch voll. "Der Verbraucher ist es gewöhnt, kurz vor Ladenschluss ein Mindestmaß an Auswahl zu haben", sagt Tobias Ballbach, Sprecher der Erlanger Großbäckerei "Der Beck", der im Raum Nürnberg viele Filialen gehören. Was übrig ist, bekommen zunächst die Tafel oder Bauern.

Außerdem gibt es in Erlangen seit einiger Zeit eine Test-Filiale, in der nur Ware vom Vortag zum halben Preis verkauft wird. "Hier haben wir uns aber etwas mehr Kunden gewünscht", gibt Ballbach zu. Der Rest lande in Biogasanlagen. Mengen nennt Ballbach nicht. An Mitarbeiter wird am Abend nichts verteilt. "Sie dürfen aber während der Arbeitszeit so viel essen, wie sie wollen", sagt Ballbach.

Auch bei der Neumarkter Bäckerei-Kette Feihl dürfen Mitarbeiter keine Reste mit nach Hause nehmen. "Wir haben es probiert, dann haben einige am Vormittag Lebensmittel für die ganze Familie zurückgelegt", erzählt Geschäftsführer Andreas Feihl.

Auch von dem Konzept, dass kurz vor Landeschluss die Preise fallen – wie es vor allem in kleineren Betrieben am Land praktiziert wird – hält Feihl wenig: "Unsere Ware ist um 17.05 Uhr noch genauso frisch wie um 17 Uhr", sagt er. Kollegen hätten zudem berichtet, dass zwischen 16 und 17 Uhr wenige Kunden da waren und dafür viele ab 17 Uhr.


Lebensmittel aus dem Müll fischen: Ein Ansbacher erzählt vom Containern


Weggeworfen werde bei Feihl dennoch kaum etwas. Der Betrieb gebe einen Teil der Backwaren an die Tafel ab. Doch die Tafeln wären überlaufen, wie auch von "Der Beck" zu hören ist, und deshalb gibt Feihl einen Großteil der Retouren einem Bauern, der die Lebensmittel an Schweine verfüttert.

Ein ganz anderes Konzept verfolgt Klaus Deinzer, der eine Holzofenbäckerei in Sankt Helena, einem kleinen Ort in der Gemeinde Simmelsdorf im Kreis Nürnberger Land betreibt. Er backt vor allem auf Bestellung und verkauft Reserve-Mengen in seinem kleinen Geschäft. "Kunden haben durchaus Verständnis, wenn sie kurz vor Ladenschluss kommen und ich nichts mehr habe, dann frag ich, ob ich für morgen was aufschreiben darf", erklärt der Bäcker. Lebensmittelreste hat er dadurch kaum. Auch der Neumarkter Bäcker Feihl bestätigt, dass viele Kunden mittlerweile entspannt reagieren, wenn am Abend nicht mehr alles vorhanden sei. Vor zehn Jahren sei dies anders gewesen.

Obst und Gemüse abwiegen

Auch Discounter und Supermärkte achten immer mehr darauf, dass wenig im Müll landet. "Mittlerweile verkaufen Rewe und Penny im Jahresdurchschnitt bis zu 99 Prozent ihrer Lebensmittel", teilt die Rewe-Group mit. Diese Zahl bezieht sich jedoch auf das gesamte Sortiment, nicht auf verderbliche Lebensmittel wie Obst oder Milchprodukte.

Andere Handelsketten wie Norma oder Aldi nennen keine Zahlen, dafür aber Strategien im Kampf gegen Lebensmittelverschwendung: Bei Norma werden zum Beispiel in der Regel drei Tage vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums die Preise reduziert. Aldi Süd hat Obst und Gemüse als Wiegeware im Angebot. "So haben Kunden die Möglichkeit, die Menge zu kaufen, die sie auch brauchen", teilt der Discounter mit.

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