Wirtschaft im Abschwung: Fränkischer Experte beruhigt

14.8.2019, 18:36 Uhr
Wirtschaft im Abschwung: Fränkischer Experte beruhigt

© Jens Büttner/zb/dpa

Es ist passiert: Die deutsche Wirtschaft ist geschrumpft. Nicht dramatisch, aber eben doch. Um 0,1 Prozent lag das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im zweiten Quartal saison- und kalenderbereinigt niedriger als noch in den ersten drei Monaten des Jahres, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Damit verdichten sich die Anzeichen, dass der ungewöhnlich lange Aufschwung seit der Finanzkrise von 2009 zu Ende geht.

Jürgen Lang, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der deutschen Industrie (BDI), zeigte sich von der Entwicklung nicht überrascht – und erwartet auch für die kommenden Monate wenig Besserung. Im Gegenteil: "Die konjunkturelle Lage droht noch schlimmer zu werden." Auch die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung urteilt: "Deutschlands Konjunktur steht auf der Kippe." Die Wahrscheinlichkeit einer Rezession sei gestiegen.

Fränkischer Chefvolkswirt warnt vor Panik

Wann genau eine Volkswirtschaft in die Rezession rutscht, dafür gibt es unterschiedliche Definitionen. Viele Ökonomen definieren eine solche Phase des wirtschaftlichen Abschwungs aber als erreicht, wenn das BIP in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen schrumpft. Die Bundesregierung erwartet aktuell für das Gesamtjahr ein Wachstum von 0,5 Prozent (2018: 1,5 Prozent).

Udo Raab, Chefvolkswirt der Industrie- und Handelskammer Nürnberg für Mittelfranken (IHK), warnt allerdings vor Panik oder Angstmacherei: "Insgesamt geht es der Wirtschaft nach wie vor gut und auch die Unternehmen bei uns in der Region bewerten Lage und Ausblick positiv." Sorgen seien zwar berechtigt und ja, es gebe auch Betriebe, die von Auftragsrückgängen berichteten oder bei denen Stellenabbau ein Thema sei. Doch das Bild sei differenzierter, nicht in allen Branchen trübe sich die Situation ein, betont Raab. Aus dem Bau oder bei den verbrauchernahen Dienstleistungen etwa gebe es keine Klagen.

Dort aber, wo der Erfolg am Export hinge, nähmen die Schwierigkeiten zu. Schuld daran sei vor allem die Unsicherheit durch die internationalen Handelskonflikte. "Alles, was dem Welthandel schadet, schadet uns", erklärt der IHK-Chefvolkswirt. Denn gerade die Industrie in der Region sei stark exportorientiert. "China und die USA beispielsweise sind für uns wichtige Handelspartner."

Auch Elmar Forster, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer für Mittelfranken, betont, dass von einem einheitlichen Abschwung keine Rede sein könne. "Im mittelfränkischen Handwerk herrscht keine Krisenstimmung. Dem Bau- und Ausbaugewerbe geht es gut", nennt er als Beispiel. Bei den Zulieferern der Autoindustrie dagegen gebe es erste Eintrübungen – speziell hier beobachte man die Entwicklung als Kammer sehr engmaschig.

Schwachpunkt Export

Tatsächlich ist es nach Auswertung des Statistischen Bundesamtes aktuell vor allem der schwächelnde deutsche Export, der das Wirtschaftswachstum bremst. Gegenüber dem Jahresanfang seien die Ausfuhren im zweiten Quartal stärker zurückgegangen als die Importe. Positive Impulse kämen dagegen von der Inlandsnachfrage: Sowohl die privaten Verbraucher als auch der Staat hätten ihre Konsumausgaben gesteigert.

Ein Risiko für die künftige wirtschaftliche Entwicklung sieht HWK-Hauptgeschäftsführer Forster beim Thema Unternehmensnachfolge: "In Mittelfranken alleine werden in den kommenden zehn Jahren rund 5000 Unternehmen einen Nachfolger suchen." Hier brauche es den Schulterschluss mit der Politik, das Unternehmertum wieder attraktiver zu machen. "Es muss gerade beim Nachwuchs die Lust auf Verantwortungsübernahme geweckt werden."

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