Wissenschaftsminister Heubisch im NZ-Interview

13.12.2011, 18:24 Uhr
Wissenschaftsminister Heubisch im NZ-Interview

© Bernd Böhner

Nürnberger Zeitung: Herr Minister, der sogenannte Bildungsstreik hat die Studenten heuer kaum interessiert. Worauf führen Sie das zurück?

Wolfgang Heubisch: Ich glaube, dass die Studenten inzwischen mit dem Bologna-Prozess viel besser umgehen können. Es gab ja auch eine schriftlich fixierte Übereinkunft zwischen den Studierenden und den Hochschulen, um Erleichterungen zu schaffen. Und viele kennen das Studium inzwischen gar nicht mehr anders. Außerdem überlegen sich die Studierenden ganz genau, was sie wirklich wollen: Und dazu gehört offensichtlich nicht die verfasste Studierendenschaft.

NZ: Der Protest gegen die Studiengebühren ist aber noch nicht ganz abgeflaut...

Heubisch: Ja, aber andererseits sagen mir auch viele Studenten, sie bemerken eine deutliche Verbesserung gegenüber der Zeit vor der Einführung der Beiträge.

NZ: Die Opposition versucht inzwischen auf mehreren Wegen, die Gebühren zu Fall zu bringen. Wie sind deren Erfolgsaussichten?

Heubisch: Ich konstatiere: Die Piratenpartei will die Gebühren per Volksbegehren abschaffen. Die haben aber eine Formulierung gewählt, die verfassungsrechtlich unzulässig erscheint, weil sie in Etat-Belange eingreift. Die SPD hat nur eine Petition gestartet, die ÖDP eine Popularklage, die Freien Wähler wollen auch ein Volksbegehren. Fehlen nur noch die Grünen. Die machen gar nichts...

NZ: ...kommt ja vielleicht noch...

Heubisch: Dann sind sie aber spät dran! Ich warte jetzt, was bei all dem herauskommt. Aber: Erst neulich wurde doch in Ihrer Zeitung über eine Veranstaltung berichtet, bei der sich herausstellte, dass das kein großes Thema mehr ist. Wir sollten aber auch über nachgelagerte Studiengebühren nachdenken. Mit dem bayerischen Studienbeitragsdarlehen sind wir hier auf einem guten Weg. Wenn man erst hinterher zahlen muss, macht es nämlich überhaupt keinen Unterschied mehr, ob man Kind eines Fließbandarbeiters oder eines Fabrikdirektors ist.

Wissenschaftsminister Heubisch im NZ-Interview

NZ: Immer wieder stehen die hohen Rücklagen in der Kritik, die die Hochschulen aus den Studiengebühren gebildet haben – zuletzt 61 Millionen Euro. Wie wird dieser Berg abgetragen?

Heubisch: Die Studiengebühren werden inzwischen vollständig ausgegeben. Und die Reste, die aus den Jahren 2007 und 2008 stammen, werden jetzt abgebaut, wobei zehn Prozent als Puffer zurückgehalten werden können.

NZ: Gibt es Überlegungen, die gesetzliche Obergrenze von 500 Euro abzusenken?

Heubisch: Nein, das wäre auch ein schlechtes Signal an die Hochschulen. Die sind da sehr sensibel. Wir haben ja eine Bandbreite, innerhalb derer die Hochschulen das individuell festlegen können, und dabei bleibt es.

NZ: Manche Beobachter sagen, nach der Landtagswahl 2013 sind die Studiengebühren passé – egal, wer die Wahl gewinnt...

Heubisch: Das glaube ich nicht. Wenn wir die bürgerliche Koalition fortsetzen, dann bleiben die Studienbeiträge – vielleicht mit einer noch stärkeren Betonung der Nachgelagertheit.

NZ: Und wenn CSU und FDP nicht mehr in der Regierung vertreten sind?

Heubisch: Dann werden SPD und Grüne sicher die Studiengebühren abschaffen. Dann ist aber vermutlich auch sofort Schluss mit dem ausgeglichenen Haushalt.

NZ: Apropos Haushalt: Im Nachtragshaushalt 2012 ist eine Million Euro für den Wettbewerb um den Titel „Technische Hochschule“ eingestellt. Warum so wenig?

Heubisch: Das ist ja nur der Anfang. Wir haben eine Anregung des Wissenschaftsrates zur Ausdifferenzierung der Hochschulen aufgenommen. Das kann aber nur über Wettbewerb funktionieren. Als erste Möglichkeit ist jetzt bei den Hochschulen für angewandte Wissenschaften die „Technische Hochschule“ vorgesehen. Die Gesetzesänderungen dafür werden in der ersten Hälfte des kommenden Jahres umgesetzt.

NZ: In welche anderen Richtungen werden sich die Hochschulen auch noch entwickeln können?

Heubisch: Zum Beispiel mit einem Schwerpunkt in den Wirtschaftswissenschaften mit dem starken Bereich Wirtschaftsrecht – für diejenigen, die nicht Richter oder Rechtsanwalt werden wollen. Und auch im Bereich Sozial- und Geisteswissenschaften wird es Möglichkeiten geben, auch wenn letztere bei den Hochschulen für angewandte Wissenschaften bisher keine große Rolle spielen.

NZ: Wie wird das Procedere sein?

Heubisch: Es gibt einen offenen Wettbewerb: Wir benennen die Kriterien, anhand derer sich die Hochschulen bewerben können. Die werden nicht starr fixiert sein, sondern Freiräume lassen. Und ich bin sicher, dass spannende Konzepte kommen. Letztendlich entscheidet dann ein Expertengremium, wer zum Zug kommt. Die Nürnberger Ohm-Hochschule wird sich sicher bewerben, aber wohl auch einige andere. Anfang 2013 könnte die erste Runde schon abgeschlossen sein.

NZ: Nürnberg macht sich Hoffnung auf ein Helmholtz-Institut. Wie sind die Aussichten?

Heubisch: Wir wollen eine nahtlose Anschlussfinanzierung für den Energie-Campus Nürnberg nach den ersten fünf Jahren. Aber die Helmholtz-Gemeinschaft entscheidet, wo sie ein Institut gründet. Ich wünsche mir, dass das nach Nürnberg kommt, deswegen führen wir Gespräche, welche Voraussetzungen notwendig sind und wie wir unterstützen können.
 

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