Bohren, bis das Zimmer kommt

4.3.2015, 10:00 Uhr

Endlich kann man das Platzkonzert im Radio zu Ende hören, beim Sudoku auf „mittelschwer“ wechseln und im Garderobenschrank auf „beige“. Oder man geht gleich in den Untergrund. Karl-Heinz Kleine (68) und seine fünf Freunde buddeln sich seit der Verrentung und zur großen Erleichterung ihrer Gattinnen durch Wuppertals Tiefen. Vor zwei Jahren begannen Kalle & Co. wie doll zu hämmern und zu bohren, denn sie haben ein Ziel vor Augen: das Bernsteinzimmer, eine Art Parkhotel-Festsaal des ersten Preußenkönigs Friedrich I.

Seit dem Verschwinden des Zimmers 1944 schießen die Spekulationen ins Kraut, wo es abgeblieben ist. So viel weiß man: In Schloss Königsberg, heute Kaliningrad, wurde es verpackt in 28 Kisten, aber der DHL-Bote scheint noch immer umherzuirren. Oder war in Wuppertal, wie Kleines Rentnercrew felsenfest glaubt. Apropos felsenfest: Fünfmal pro Woche gräbt sich das Sextett durch die 170 Bunker und Stollen unter der Stadt. Dummerweise benötigt ein Bauunternehmer, der Kleine seine Kernbohrmaschine lieh, das Ding nun selbst. Kleine fleht um eine neue Bohrer-Leihgabe und verspricht dem Leihgeber, sobald das Zimmer aufgetaucht ist, einen Anteil zu zahlen. Geschätzter Wert des Zimmers: 250 Millionen Euro. Schade, dass in Fürth jetzt gerade jeder Bohrer im Einsatz ist.