Bürokratische Hürden in Senioren-WG

12.6.2015, 11:00 Uhr

Jeder möchte im Alter so lange wie möglich in seinem Zuhause leben. Wenn das jedoch nicht mehr geht, kann eine ambulant betreute Wohngemeinschaft eine Alternative zum klassischen Alten- und Pflegeheim sein. Besonders Gemeinden, die für den Bau einer großen Einrichtung zu klein sind, haben so die Möglichkeit, ihren Bürgern einen Alterswohnsitz am Heimatort zu bieten. Die beiden Wilhermsdorfer Senioren-WGs mit jeweils elf Bewohnern eröffneten Anfang 2012 im Erdgeschoss und ersten Stock eines von der Diakonie getragenen Gebäudes in der Ortsmitte. Es gibt einen Allgemeinarzt im Haus, Physiotherapie und Fußpflege sind nur ein paar Schritte entfernt und das Zusammenleben klappt wunderbar.

Ideale Bedingungen würde man meinen, wenn es da nicht die vielen bürokratischen Hürden gäbe. Hauskoordinatorin Herta Gräf kann ein Lied davon singen und freute sich, bei Martina Stamm-Fibich und Harry Scheuenstuhl ein offenes Ohr für ihre Sorgen zu finden.

Bis vor kurzem stand im Gästezimmer der Wohngemeinschaft noch ein Laptop, mit dem sie die Dienstpläne koordinierte, Bestellungen erledigte und auf dem die wichtigsten Informationen gespeichert waren. Hier führte sie ab und zu auch Gespräche mit den Angehörigen und Betreuern.

Werbung
Werbung

Beides darf es nach Aussage der Betreuungsstelle und Fachstelle für Pflege- und Behinderteneinrichtungen – Qualitätsentwicklung und Aufsicht (FQA) nicht mehr geben. Da es sich bei ambulant betreuten Wohngemeinschaften um privates Wohnen mit ambulanter Versorgung handelt, dürfen Dienstleistungsanbieter darin keine eigenen Räume haben. Das Gästezimmer dürfte bei Bedarf lediglich die Nachtwache nutzen.

Aus diesem Grund muss Herta Gräf jetzt in ein 500 Meter entferntes Büro ausweichen und ist dann nicht im Haus verfügbar. „Aber ich will doch für die Leute da sein, wenn sie mich brauchen“, erklärt sie frustriert. „Dabei erledigen wir sämtliche Abrechnungen und Verwaltungsarbeiten selbstverständlich in einem externen Büro der Diakonie“, bekräftigt Ute Seefried, die Pflegedienstleiterin der Diakonie Neustadt/Aisch.

Sie weist auf eine weitere Einschränkung hin: Da es sich um zwei eigenständige Wohngemeinschaften handelt, müsste auch jede ihre eigene Nachtwache erhalten. Bisher war immer eine Nachtwache für beide da. „Das hat hervorragend geklappt, zumal jederzeit der 24-Stunden-Notruf der Diakonie bereitsteht. In einem Heim ist dagegen häufig eine Nachtwache für 70 Leute zuständig. Diese Diskrepanz kann ich nicht nachvollziehen.“ Dem pflichten die anderen Teilnehmer bei. Bezirksrat Roland Reichenberg (SPD) ergänzt, dass es diese Probleme bei Wohngemeinschaften in einem Haus in Markt Erlbach nicht gebe: „Hier scheint der Ermessensspielraum unterschiedlich genutzt zu werden.“

Ein weiterer Knackpunkt ist die Größe der Zimmer. Das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege empfiehlt 22 Quadratmeter, und diese Größe haben die Zimmer in Wilhermsdorf auch, das Sozialamt zahlt aber nur für 20 Quadratmeter. MdB Stamm-Fibich meinte dazu: „Ich kann nicht verstehen, dass man sich hier wegen zwei Quadratmetern streitet. “