mir bereitet mein Job als Chefredakteur jeden Tag aufs Neue Freude. Oft liegt das an den interessanten Menschen, die ich kennenlernen darf. Vergangene Woche in Schwabach, als wir Chefredakteure den Lokalteil des Schwabacher Tagblatts gemacht haben, war das so und diese Woche ging es gleich so weiter. Der Montag begann mit einem Besuch unserer Türkei-Korrespondenten Susanne Güsten und Thomas Seibert. Und der Tag ging spannend weiter. Mehr dazu in diesem Newsletter.
Ein Leben in Erdogans "Hofstaat"
Mein Kollege Alexander Jungkunz unterhält sich auf unserer Terrasse im 6. Stock des Pressehauses mit unseren Gästen aus Istanbul, Susanne Güsten und Thomas Seibert. Foto: Michael Husarek
Es war ein spannender Mix aus Zeitgeschichte und dem Kampf um die Meinungs- und Pressefreiheit, den unsere beiden Türkei-Korrespondenten in unserer Redaktionskonferenz präsentierten. Seit vielen Jahren berichten Susanne Güsten und Thomas Seibert aus ihrem Istanbuler Büro für unsere Zeitung. Seibert brachte es vor kurzem zu einer gewissen Berühmtheit - war er doch einer von zwei deutschen Journalisten, denen vom türkischen Staat die Akkreditierung, also die Arbeitserlaubnis für Journalisten, nicht
verlängert worden ist. Für Seibert hieß dies: Zwangsausreise nach Deutschland. Dank der nachhaltigen Unterstützung deutscher Behörden und vor allem seitens der Politik konnte unser Mitarbeiter nach Istanbul zurückkehren.
Mich hat die Geschichte Seiberts sehr berührt, musste doch seine Partnerin, Susanne Güsten, lange um die Rückkehr bangen. Ihre gemeinsame Tochter, die in Istanbul aufgewachsen und zur Schule gegangen ist, schickten die beiden zwischenzeitlich nach Deutschland.
Am Ende, das ist das Schöne an diesem Hergang, siegte die Pressefreiheit über die Bestrebungen eines Regimes, Meinungsvielfalt einzudämmen.
Der Klimaretter
Spannende Runde in Markus Söders Nürnberger Dienstzimmer: Der Ministerpräsident empfing meine Kollege Georg Körfgen, Lorenz Bomhard, Alexander Jungkunz und mich im Heimatministerium. Mit dabei: Die Presseprecher der CSU, Martin Rehak und Rainer Riedel. Foto: Eduard Weigert
Markus Söder und das Klima: eine spannende Geschichte. Im Interview mit unserer Zeitung legte der 52-Jährige seine Pläne dar. Söder war sehr entspannt, gut eingearbeitet in klimapolitischen Fragestellungen und durch nichts aus der Ruhe zu bringen. Nicht einmal die Volten seiner eigenen Parteifreunde schafften das. Ich beobachte den Nürnberger seit vielen Jahren.
Seinen jüngsten Schwenk zum grünen Schwarzen nehme ich ihm ab - auch weil es wohl die einzige Chance ist, dauerhaft der Öko-Partei Paroli zu bieten. Übrigens gab es viele Reaktionen auf das Interview und die Kommentierung. Markus Söder polarisiert also weiter - ob er nun ein grüner Schwarzer oder ein konservativer Ökologe oder gar ein Bewahrer der Schöpfung sein mag.
Ein Leben ohne Wahlkampf
Interview im Dienstzimmer des Stadtoberhauptes: Mein Kollege Andreas Franke und ich im Gespräch mit OB Ulrich Maly. Foto: Michael Matejka
Ein Termin bei OB Ulrich Maly ist ein ständiger Kampf gegen den eigenen Heißhunger. Denn in Malys Amtszimmer ist (fast) immer ein Fenster offen, das den Duft des gegenüberliegenden Bratwursthäusles in den Raum lässt. Trotz meines Heißhungers auf Drei im Weggla galt die Konzentration einem hochspannenden Gesprächspartner. Was er künftig tun will, ließ der scheidende
OB weitgehend offen, nur nicht in ein Korsett pressen lassen, lautet sein Motto. Ich kann das gut nachvollziehen. Ebenso wie Malys Aussage, wonach er den Wahlkampf gerne aus der Ferne beobachtet.
Ferne ist ein gutes Stichwort: Wenn Sie diesen Newsletter lesen, bin ich (hoffentlich) gut an der Ostsee angekommen. Die nächsten Wochen verbringe ich in Wustrow an der Küste Mecklenburg-Vorpommerns, genauer: im Fischland.
Ich melde mich wieder im September, bis dahin werden meine Kollegen Alexander Jungkunz und Armin Jelenik Sie über Aktuelles aus der Redaktion informieren. Ans Herzen lege ich Ihnen noch zwei Dinge: Das Porträt meines Kollegen Alexander Pfähler und einen Ausflug nach
Schwabach. Dort läuft bis 16. August noch die Kunstbiennale Ortung 11, die einen Besuch wert ist.
Ihr Michael Husarek
Porträt: Alexander Pfaehler
Alexander Pfaehler (alep) Sportredakteur Fürther Nachrichten und NN Herzogenaurach.
Der Beruf hat mich gesucht, nicht ich ihn. Das fängt schon mit meiner frühesten Erinnerung an das Medium Zeitung an. Ich lag auf dem Wohnzimmerteppich und hatte die damals knochentrockene FAZ vor mir. Ganz groß im Sportteil: Ein Bild des weinenden Stefan Effenberg, der gerade mit dem FC Bayern im Pokal der Landesmeister gegen Roter Stern Belgrad ausgeschieden war. Durch ein Eigentor in letzter Minute. Er lag auf dem Rasen und hatte die Hände vors Gesicht geschlagen. Ich war sieben, das Foto beeindruckte
mich, aber ich verstand es nicht. Also fragte ich meinen Vater: „Ist der Mann da tot?“ Er runzelte die Stirn: „Nein, das ist nur ein Fußballer.“
Nur Fußball – in meiner Familie interessierte sich nur meine Oma für Sport. Aber mich hatte es mit diesem Bild gepackt: Dieser Fußball schien etwas sehr Dramatisches zu sein. Also überredete ich meinen Vater, mich in einem Verein anzumelden (die Karriere verlief wenig erfolgreich, schreiben konnte ich besser als kicken) und mir Panini-Alben zu kaufen. Ich fing an, die aufregenden „Heute im Stadion“-Reportagen im Radio zu hören und verschlang jede Sportzeitschrift, die ich in die Finger bekam.
Bis ich 2013 mein Volontariat bei den „Nürnberger Nachrichten“ begann, gab es immer wieder lange Phasen, in denen mich Sport gar nicht mehr interessiert hat. Ich war genervt, wie gerade der Fußball in unserer Gesellschaft überhöht wird – und wieviel Eitelkeit und Kommerz es in diesem Geschäft gibt. Aber der Sport hat mich doch immer wieder zurückgewonnen.
Auch im Beruf war es so: Als ich anfing, wollte ich Filmkritiker werden, später Politikredakteur. Doch dank mancher wohlmeinender Kollegen, die mich immer wieder in diese Richtung geschubst haben, landete ich am Ende wieder im Sport. Bereut habe ich das bislang nie. Es ist ein anstrengender, aber oft sehr erfüllender Job. Wenn man über das Fürther Kleeblatt schreibt - aber auch über den SC Herzogenaurach-Nord in der A-Klasse. Und noch heute finde ich: Die wirklich wichtigen Artikel stehen meistens
im Politik- und Wirtschaftsteil. Die spannendsten und menschlichsten nicht selten im Sportteil. Das Foto von damals hat nicht gelogen.