Das Ende des Pfeifens

29.5.2012, 11:00 Uhr

Als Elektrotechniker hat sich Michael Brendecke darauf spezialisiert, Kleingärten und Wochenendhäuschen mit Solarstromanlagen auszustatten. Ab und zu aber gehört es auch zu seinem Job, einen Elektroherd anzuschließen. „Ein Gasherd wär’ gscheiter“, denkt er sich dann schon mal.

Der 51-Jährige sitzt in seiner kleinen Ein-Mann-Wohnung plaudernd im Wohnzimmersessel, als ein schriller Pfeifton aus der Küche dringt. Der Wasserkessel. Brendecke springt auf, eilt mit drei, vier langen Schritten hinüber und dreht den Schalter am Herd auf null. Schlagartig herrscht Ruhe. Während er Filterkaffee aufbrüht, sinniert der Mann über das Pfeifen und sein abruptes Ende. Es veranschauliche, wie unmittelbar die Energie beim Gasherd verfügbar ist: Mit dem Entzünden der Flamme ist die Hitze da, mit dem Abstellen ist sie weg. Ganz anders beim E-Herd mit seiner Auf- und Nachheizphase: „Da hätte der Kessel noch ewig gepfiffen.“

Auch wenn sich seine Kochkünste im Wesentlichen auf Kaffee, Steak, Nudelgerichte und Spiegeleier beschränken: Brendecke schwört auf seinen Herd. Denn während Erdgas als Primärenergie direkt an Ort und Stelle, also in seiner Küche verbrannt wird, wurde beim E-Herd schon jede Menge Energie verpulvert, bevor die Kochplatte überhaupt eingeschaltet wird.

Wieder im Wohnzimmer referiert Brendecke über die enormen Umwandlungsverluste bei der Herstellung elektrischen Stroms in Wärmekraftwerken. „Bis zu zwei Drittel der Energie werden da als Abwärme förmlich weggeworfen. Sichtbar ist das an den großen weißen Dampfwolken über den Kühltürmen von Atom-, aber auch von Öl-, Gas- und Kohlekraftwerken.“ Hinzu kämen beachtliche Netzverluste beim Transport des Stroms über viele Kilometer lange Leitungen. „Man kann das zum Teil förmlich hören — am Knistern, wenn man unter einer Hochspannungsleitung steht.“

Gipfel der Verschwendung aber sei, dass Spitzenlastkraftwerke wie Franken I in Gebersdorf ausschließlich dazu da sind, mehr und mehr Strom herbeizuschaffen, wenn etwa am ersten Weihnachtsfeiertag mittags in Abertausenden Bratröhren Gänse schmoren. „Diese Kraftwerke werden dann mal schnell für zwei Stunden hochgefahren und danach wieder abgeschaltet. Die üblichen 50 bis 70 Prozent Energieverluste dürften dabei noch weit übertroffen werden.“

An dieser Stelle erscheint Brendecke eine Klarstellung nötig: „Ich habe nicht grundsätzlich etwas gegen Strom“, versichert er. „Wenn der einen Rasenmäher antreibt, ist das völlig okay. Wenn aber aus Strom Wärme erzeugt wird, bedeutet das immer hohe Energieverluste.“ Der „reinste Irrsinn“ etwa seien elektrische Durchlauferhitzer zur Warmwasserbereitung: „Die haben eine Leistung von 24 Kilowatt, mehr als ein Baukran.“

Weil sein Gasherd Wasser „ganz fix“ von null auf hundert bringt, spart sich Brendecke einen elektrischen Wasserkocher, der in vielen Küchen Standard ist und „grundsätzlich effektiver arbeitet als der E-Herd“. Dem Fürther ist es lieber so. Denn dadurch steht in seiner Mini-Küche „nicht noch ein Trumm rum“.

Als Mann vom Fach weiß Brendecke, dass die meisten Häuser in Fürth einen Erdgasanschluss haben. Zu prüfen sei allerdings gerade bei den älteren Mehrparteienhäusern, wo die Leitungen verlaufen und ob es sinnvoll ist, sie zu nutzen. Seine kleine Werkstatt im Hinterhof heizt Brendecke jedenfalls mit Propangas aus Elf-Kilo-Flaschen, die er im Baumarkt kauft. Und seiner inzwischen 86-jährigen Mutter hat er schon vor Jahren einen gasbeheizten Wäschetrockner empfohlen, als sich die gehbehinderte alte Dame zunehmend schwertat, ihre Wäsche auf dem Dachboden aufzuhängen.

Gas-Trockner sind zwar selten in Deutschland und teurer als die üblichen Geräte. „Dafür trocknen sie aber auch viel schneller“, versichert Brendecke. Ob sich die paar Hundert Euro extra bei der Anschaffung inzwischen amortisiert haben, müsste er allerdings erst noch ausrechnen.

Tina Kienzl, Umweltexpertin der Verbraucherzentrale Bayern, zum Thema Kochen und Backen:

Der Anteil von Kochen und Backen am Energieverbrauch im Haushalt beträgt um die acht Prozent. Wichtig sind passende Deckel für Töpfe und Pfannen. Kochen ohne Deckel führt zu einem Energieverlust von rund 75 Prozent. Und das Kochgeschirr sollte zur Größe der Herdplatte passen. Ein Topf mit 15 Zentimetern Durchmesser auf einer Herdplatte mit 18 Zentimetern Durchmesser verschwendet etwa 30 Prozent Strom.

Wer mit möglichst wenig Flüssigkeit kocht, spart Energie für das Erhitzen. Aber auch beim Backen gibt es Einsparmöglichkeiten: Aufs Vorheizen des Backofens zu verzichten, spart bis zu 20 Prozent Energie. Am effizientesten ist die Umluft-Funktion. Durch die bessere Wärmeverteilung reichen niedrigere Temperaturen aus, und es können mehrere Ebenen zeitgleich genutzt werden. Ratsam ist es auch, die Backofentür so selten wie nur möglich zu öffnen, da jedes Mal bis zu 20 Prozent der Wärme verloren gehen.

Bei einer Neuanschaffung gut zu wissen: Gasherde sind sparsamer als Elektroherde, denn bei der Wärmeerzeugung geht weniger Energie verloren. Da Gasherde meist in der kleinsten Stufe noch sehr heiß sind, sind kleinstufige Einstellmöglichkeiten wichtig. Bei den Elektroherden sind die Glaskeramik-Herde mit Induktionskochzonen am sparsamsten. Hier wird die Wärme erst direkt im Topfboden durch magnetische Wechselfelder erzeugt, man benötigt jedoch spezielle Töpfe.