EM-Ticket für Rollstuhl-Basketballer Lukas Gloßner

16.5.2021, 08:16 Uhr

Mit voller Konzentration: Lukas Gloßner (am Ball) im Bundesligaspiel seiner Münchner „Leguane“ gegen die BG Baskets Hamburg. © Foto: Christian Kolb

Inzwischen ist Lukas Gloßner 21 Jahre alt. Er studiert im vierten Semester "Digital Business" in Ingolstadt und spielt Rollstuhl-Basketball. Hier hat es der frühere Hand- und Fußballer nicht nur in die Bundesliga, sondern auch in die Nachwuchs-Nationalmannschaft geschafft. Und für die deutsche Auswahl darf er in wenigen Wochen auch ein ganz besonderes Turnier bestreiten: Lukas wurde für die U22-Europameisterschaft vom 13. bis 18. Juni in Italien nominiert.

"Das war schon cool"

Auf dieses Ereignis hat er schon lange hingearbeitet, denn ursprünglich war die EM im Sommer 2020 geplant gewesen. Wegen der Corona-Pandemie wurde das Sportereignis zunächst auf Januar 2021 und dann nochmals auf Juni 2021 verschoben. Nach dem jüngsten Sichtungslehrgang hat Nationaltrainer Peter Richarz Lukas Gloßner zusammen mit elf weiteren Spielern jetzt offiziell ins Team für die Euro berufen. "Das war schon cool, als ich erfahren habe, dass ich sicher dabei bin", sagt der junge Bergener.

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Lukas Gloßner spielt für die RBB Iguanas München in der Rollstuhl-Basketball-Bundesliga. Zwei seiner Teamkollegen wurden ebenso nominiert wie Spieler aus Hannover, Hamburg und Köln sowie vom BBC Münsterland. Bis zum EM-Turnier in Lignano Sabbiadoro sind an den kommenden Wochenenden noch mehrere Lehrgangsmaßnahmen geplant. Einmal darf Gloßner auch bei einer Sichtung des A-Nationalteams sein Können zeigen. Auch hier steht für ihn die Tür offen.

Aktuell will er sich aber vor allem auf die U22-EM konzentrieren. Hier warten in der Dreier-Gruppe B die Teams aus Spanien und Polen als deutsche Gegner. In der Vierer-Gruppe A treten Gastgeber Italien, Frankreich, Israel und die Türkei an.

Nächstes Ziel: WM 2022

Deutschlands Nationalcoach Richarz hofft mit seinen Jungs um die Medaillen mitspielen zu können. Minimalziel ist es, unter die ersten Fünf zu kommen, die sich für die U23-Weltmeisterschaft im Jahr 2022 in China qualifizieren. "Da alle Mannschaften eine verkürzte Vorbereitung haben werden, ist es wichtig, sich über die Vorrundenspiele den erforderlichen Rhythmus zu holen", sagt Richarz.

Nationalspieler aus Bergen bei Weißenburg: Lukas Gloßner (21). © Foto: Privat

In der Zeit vor Corona hat Lukas Gloßner für zwei Vereine gleichzeitig gespielt: für die Ingolstadt Westpark Wheelis sowie die bereits genannten "Leguane" München. In Ingolstadt muss seit über einem Jahr der Trainings- und Spielbetrieb (mit kurzer Ausnahme im Sommer 2020) ruhen, in München hingegen laufen die Aktivitäten weiter. Die Teams der Rollstuhl-Basketball-Bundesliga werden den Profis gleichgestellt. Trotz Pandemie weiter trainieren (dreimal die Woche) und spielen zu dürfen, hat Lukas in den vergangenen Monaten als großes Privileg empfunden.

Die Münchner hatten zwar auf die Hinrunde verzichtet, in der Rückrunde hatte Lukas dann jedoch acht Spiele und reichlich Einsatzzeit. Dabei profitierte er auch davon, dass eine Leistungsträgerin seines Teams, die die gleiche Position/Klassifizierung hat, nicht spielte. So konnte er reichlich Erfahrung sammeln und sich in allen Bereichen verbessern. "Das war ein wichtiges Jahr für mich, ich konnte einen großen Sprung machen", stellt Lukas Gloßner fest. "Und je besser man wird, desto mehr Spaß macht es." Dass die Münchner am Tabellenende standen, hatte keine Folgen, denn der Abstieg wurde angesichts der besonderen Umstände schon vor Saisonbeginn ausgesetzt.

Training mit Exoskelett

Der 21-Jährige hat eine Wohnung in Ingolstadt, war zuletzt aber vermehrt daheim in Bergen. Das hatte einen speziellen Hintergrund, denn seit Mitte April ist er dreimal die Woche in der Physiotherapie in Roth. Die dortigen Termine für Übungen mit dem sogenannten Exoskelett lassen sich mit Unterstützung der Familie leichter realisieren.

Mithilfe des Exoskeletts besteht für ihn die Chance, irgendwann vielleicht wieder – zumindest ein Stück weit – selbstständig gehen zu können. "Bislang habe ich ganz gute Fortschritte gemacht, es ist aber noch ein weiter Weg", sagt Lukas Gloßner und verweist nicht zuletzt auf die diversen Genehmigungs-Hürden, die auf gerichtlichem Weg genommen werden müssen.

Auch unter diesem Aspekt versucht Lukas, sich gar nicht erst auf diese Möglichkeit zu versteifen, sondern vielmehr das Beste aus der aktuellen Situation zu machen. Für ihn gehört der Rollstuhl inzwischen fest dazu. "Das ist mein Leben, da brauche ich nicht zu hadern", sagt der künftige EM-Teilnehmer. Und insofern ist es für ihn auch "nichts Besonderes mehr", wenn sich der Tag seines Unfalls jetzt am 17. Mai 2021 zum fünften Mal jährt. Der Tag, der alles verändert hat.