Der Whisky ist auch in Franken zuhause

11.8.2015, 08:13 Uhr

Deutschlands erste Whisky-Akademie findet man - in Fürth. Dahinter steckt Andreas Hertl, der 1986 erstmals mit der Spirituose Single Malt Whisky in Berührung kam und sein Wissen danach bei Schottlandreisen vertiefte. Seit 1996 bietet er Tastings, also Verkostungen, an, vor 15 Jahren eröffnete er sein Fachgeschäft. Das findet sich heute unweit vom Grünen Markt ebenso wie besagte Akademie. Mit seiner Leidenschaft für das „Wasser des Lebens“ (nichts anderes heißt Whisky in der ursprünglichen Übertragung) ist Hertl aber nicht allein. Es existieren drei weitere große Fachgeschäfte in der Region, außerdem der älteste Whiskyclub der Republik. Darüber hinaus wird im Fränkischen auch Whisky gebrannt.

Und mit der Messe „The Village“ ist in Nürnberg die größte deutsche Whiskyschau zu Hause. Kein Wunder, dass die Tourismuszentrale Nürnberg als „Hochburg der deutschen Whisky-Szene“ herausstellt.

Nach so vielen Superlativen stellt sich freilich die Frage, warum gerade die Franken dem schottischen Nationalgetränk so viel Enthusiasmus entgegenbringen. „So genau kann das keiner sagen“, sagt Hertl. Aber er ist überzeugt: „Ein Zufall ist das nicht.“ Denn: Neben der ähnlichen Mentalität, so Hertls Eindruck, haben natürlich die Städtepartnerschaften das Interesse beflügelt. „Wer einmal in Schottland war, kann dem Whisky gar nicht entkommen“, sagt er.

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Dem würde sicher auch Otto Steudel zustimmen. Seit 1992 betreibt er in der Nürnberger Südstadt sein Whiskygeschäft. Ihm schmeckte Whisky eigentlich nicht. Doch auf einer Schottlandreise wurde ihm ein Glenmorangie empfohlen – und seine Leidenschaft war geweckt. Mit viel Pioniergeist eröffnete er seinen Laden zu einer Zeit, als die Deutschen vorzugsweise Blends tranken, also Whiskys, die aus den Fässern mehrerer Brennereien mit dem Ziel verschnitten werden, möglichst gleich zu schmecken.

Kein Fass ist wie das andere

Erst im Laufe der Jahre wuchs die Gruppe derer, die das „Besondere“, den geschmacklichen Charakter der einzelnen Brennereien suchten und im Single Malt auch fanden. Diese Flaschen sind deutlich teurer als die gängigen Blends, was nicht zuletzt daran liegt, dass selbst ein einfacher Whisky sechs bis zwölf Jahre reifen sollte.

Doch schon diese Flaschen interessieren die Anhänger der schottischen Malts nur am Rande: Whisky ist nicht gleich Whisky. Abfüllungen einzelner Fässer, unverdünnt, ungefärbt und ungefiltert, danach sucht der Kenner. Kein Fass schmeckt wie das andere. Und hat man einmal eine ganz besondere Flasche getrunken, kann es leicht sein, dass kein Nachschub mehr vorhanden ist. In dieser Einzigartigkeit liegt das Geheimnis des Genusses.

Freilich teilt man solche einmaligen Gaumenkitzel gerne mit Gleichgesinnten. Und so fanden sich 1990 einige Freunde des Lebenswassers - wen wundert’s - in Nürnberg zusammen. Dieser älteste Whiskyclub Deutschlands trägt den nicht ganz bescheidenen Namen „The Most Venerable Order of the Highland Circle“. Im Zirkel trifft man sich zur Verkostung, unternimmt Reisen nach Schottland und frönt der britischen Lebensart.

In Franken wird aber nicht nur Whisky getrunken, er wird auch gebrannt. Freilich ist ein fränkischer Whisky etwas grundständig anderes als ein schottischer - schon, weil sich die Beschaffenheit der Brennblasen wesentlich unterscheidet. Die Form der Brennblase beeinflusst das Destillat und damit den Geschmack.

Am Fuße der Nürnberger Burg wird bei der Brauerei Altstadthof gebraut, gebrannt und gereift. So entsteht Deutschlands erster Bio-Single Malt Whisky. Braumeister Reinhard Engel und sein Sohn Max nutzen dasselbe Malz, das auch zur Herstellung des traditionellen Nürnberger Rotbiers verwendet wird.

Aus der eingebrauten „wash“, die dem Bier ähnlich ist, brennen sie den „Ayrer’s“, einen Whisky von ganz eigenem Charakter. Den bildet er zwar erst nach mindestens vierjähriger Reifung im Weißeichenfass voll aus, doch selbst der ungereifte Alkohol, der new make, ist geschmacklich schon so weit entwickelt, dass man ihn im Altstadthof ganz regulär als Flasche zum Kauf anbietet.

Über Geschmack lässt sich nicht streiten und so gibt es auch keinen „weltbesten Whisky“ - allerdings viele Geschmacks- und Qualitätsstufen. Während ein Whisky auf den Gaumen des einen Genießers ein Birnenaroma zaubert, dominiert für den anderen Zedernholz. Beeren, Schokolade, Salz (oder auch pfeffrige Schärfe) sind ebenfalls häufig genannte Eindrücke - aber auch Rauch und Phenol, eine „medizinische Note“ oder Seetang. Ebenso können Whiskys Fehlnoten nach verbranntem Gummi oder Moder enthalten, fast alles ist möglich.

Japanischer Sieger

Allein in Schottland gibt es knapp 100 aktive Brennereien mit etlichen Abfüllungen - wer wollte da den Überblick behalten? Jim Murrays jährlich erscheinende „Whisky Bible“ enthält abertausende Verkostungsnotizen - und sorgte unlängst in der Whiskyszene für einen handfesten Skandal, kürte der Engländer Murray doch einen japanischen Whiskey zum Sieger seiner persönlichen Rangliste.

Bücher und Verkostungsnotizen dienen aber bestenfalls der Orientierung: Es gilt, seinen eigenen Geschmack zu entdecken und fortzuentwickeln.

Übrigens: Profis verkosten Whisky nicht, sie „verriechen“ ihn. Es bleibt ihnen auch gar nichts anderes übrig: Zum einen betäubt der Alkohol nach ein paar Gläsern merklich die Geschmacksnerven, zum anderen wären sie nach einigen drams (ein „dram“ ist im Schottischen euphemistisch das „Schlückchen“, also etwa zwei Centiliter Whisky) schwer betrunken.