Tierischer Genuss: Nürnberger Eisdiele serviert Insekten-Eis

17.7.2019, 12:10 Uhr

Ob Schäufele-Eis, Radler-Sorbet oder eben Insekten-Eiscreme: Inhaber Michael Medrea ist für seine ausgefallenen Kreationen bekannt. © Ralf Rödel

Da liegen sie, die Heuschrecken, angerichtet auf dem cremigen Salz-Karamelleis in der Vitrine von "Eis im Glück". Und sind nicht sofort als Insekten erkennbar. Man muss schon genauer hinschauen. Michael Medrea, Inhaber der Eisdielen am Fenitzer Platz, in der Bucher Straße und in der Sulzbacher Straße, steht hinter der Theke und grinst breit. "Probieren?"

Mein erstes Mal habe ich schon hinter mir. Im vergangenen Jahre hat mich Richi Karatay, Chef der "Australian Bar" am Obstmarkt,  überredet und mir in Olivenöl gebratene Heuschrecken kredenzt. So schlecht war das nicht, dieses "Essen der Zukunft", wie Mehlwürmer und Co gerne von Forschern genannt werden. Hübsch proteinreich und in der Aufzucht sehr umweltfreundlich sind sie auch, da quasi kein CO2 ausgestoßen und der Wasserbedarf durch die Nahrung abgedeckt wird.  Wenn da halt nicht dieser Ekel vor dem Krabbeltier wäre...

Nussiges Topping

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Sie sind in Sachen Eiscreme nicht offen für tierische Experimente? Keine Sorge, "Eis im Glück" hat natürlich auch weniger exotische Sorten wie Ingwer-Basilikum im Angebot. © Ralf Rödel

Michael Medrea formt eine Kugel, lässt sie in den Becher gleiten und garniert das Ganze noch mit ein paar Heuschrecken. "Ich finde, sie schmecken wie Nüsse", sagt seine Frau Katrin Hirschmann. Gefriergetrocknet kamen die Insekten  im "Eis im Glück" an. "Dann haben wir sie karamellisiert und unter das Salz-Karamell-Eis gemischt", erklärt Medrea.

Okay, Augen zu und durch, denn das Auge isst ja bekanntlich mit. Ich tue es. Das Eis schmeckt lecker salzig-süß, dann habe ich einen Mehlwurm zwischen den Zähnen. Wenn man es nicht weiß, dann schmeckt der richtig gut, tatsächlich nussig, allerdings nicht so knackig wie eine Nuss. Und dann wage ich es todesmutig und versuche eine karamellisierte Heuschrecke. Und kneife die Augen noch fester zu. "Du isst eine Nuss. Eine Nuss", sage ich mir als Mantra vor. Aber da hilft alles nichts. Ich kann sie einfach nicht vergessen, diese Heuschrecke mit ihren Beinchen und Fühlern. Karamellisiert hin oder her. Sorry!

Er weiß, dass er polarisiert, aber unabhängig von der Meinung der Gäste hat Michael Medrea Spaß am Experimentieren. © Ralf Rödel


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Der Eis-Produzent ist für seine Expermiente bekannt. Schäufeles-Eis hat er zum Beispiel kreiert. Oder "Radler-Sorbet", das gerade in der Vitrine wartet.  "Ist etwas für Bier-Fans", sagt Medrea. Er weiß, dass er polarisiert. "Es hat mich einfach gereizt, ein Inseketen-Eis auszuprobieren. Denn Heuschrecken sind ja gerade angesagt. Das könnte schon das Essen der Zukunft sein!"

Nach Schätzungen der Welternährungsorganisation FAO ernähren sich weltweit über zwei Millionen Menschen von den kleinen Tierchen. Es gibt mehr als 1400 essbare Arten. Und vor allem Grillen zeichnen sich durch ihren hohen Proteingehalt mit bis zu 70 Prozent aus, eine perfekte Nahrungsquelle.

Es krabbelt in der Haute Cuisine

In der Spitzen-Küche ist das Getier bereits angekommen. René Redzepi servierte in seinem Zwei-Sterne-Restaurant "Noma 2.0." in Kopenhagen mit Rosenöl überzogene Ameisen und Grashüpfer, gewürzt mit schwarzem Knoblauch. Und findet, dass Insekten "nahrhaft, köstlich und eine großartige Ressource" seien. Auch Felix Schneider, Küchenchef des Heroldsberger Zwei-Sterne-Restaurants "Sosein" ist nicht abgeneigt - allerdings mit einer Einschränkung: "Bislang ist es verboten, in Deutschland Insekten zu züchten, wir dürfen sie nur importieren." Würde sich dies ändern, könnten auch im "Sosein" einmal frisch gezüchtete Heuschrecken auf den Teller kommen. "Ameisen schmecken grandios zum Beispiel nach Koriander oder Zitrusfrüchten."

Michael Medrea erwartet durchaus auch negative Rückmeldungen auf sein "Insekten-Eis". Doch für den einen oder anderen werden die karamellisierten Mehlwürmer durchaus Grund für eine "Challange" unter Freunden sein. Der Eis-Produzent hat auch schon weitere Ideen: "Ein Topping aus Mehlwürmern oder schokolierten Heuschrecken könnte ich mir gut vorstellen." Denn so würde das Getier auch länger knackig bleiben, als untergemischt im Eis. Übrigens: Die Sorten Buttermilch-Cassis oder Ingwer-Basilikum schmecken köstlich erfrischend - ganz ohne Insekten.