Entsetzen in Neuendettelsau: Attentäter lebten im Partnerort

14.1.2015, 06:00 Uhr

Nach dem Tod des Vaters wurden sie zu Halbwaisen und konnten von der kranken Mutter nicht mehr betreut werden. © AFP

So schön ist die Gegend mit dem Stausee, einem Campingplatz und den Mischwäldern rundherum, dass sich im Sommer die Einwohnerzahl des Ortes locker mal verdoppelt. Sogar den Titel „eines der schönsten Dörfer Frankreichs“ hatte der Ort im südlichen Limousin.

Und mitten im historischen Zentrum liegt das Jugendheim Centre des Monédières der Stifung Pompidou. Dort lebten sechs Jahre lang die Brüder Cherif und Said Kouachi, die späteren Attentäter von Paris. Nach dem Tod des Vaters wurden sie zu Halbwaisen und konnten von der kranken Mutter nicht mehr betreut werden. „Sie waren gut integriert, haben eine Ausbildung gemacht, sind nie negativ aufgefallen und haben ein ganz normales Leben geführt“, sagt der mittelfränkische Bezirkstagspräsident Richard Bartsch im NZ-Gespräch. Der CSU-Sozialpolitiker war einmal in Treignac zu Gast, denn das Limousin ist Partnerregion des Bezirks Mittelfranken. Bartsch war erschüttert, als er via Facebook erfuhr, „dass ausgerechnet aus der lieblichen, für ihre arbeitsamen Menschen bekannten Ecke“ nun die Gewalttäter kamen.

Jugendsozialarbeit ist und bleibt wichtig

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Auch die professionellste Jugendsozialarbeit könne nicht in jedem Fall vor einer späteren Kriminalisierung schützen, sagt Bartsch. „Auch bei uns ist jeder Mitarbeiter im Jugendamt tief betroffen, wenn sein früherer Schützling eine Straftat begeht.“ Trotzdem sei es enorm wichtig, dass auch der Bezirk Mittelfranken weiter viel Geld für Jugendsozialarbeit in die Hand nimmt, damit junge Menschen nicht ins radikale Milieu abgleiten.

Der Vorsitzende des Freundeskreises Treignac aus Neuendettelsau, Klaus Klenner, war ebenfalls erschüttert über die Nachrichten aus der Partnerstadt. „Ich hab mir gedacht, oh weh, die armen Treignacer.“ Aus Solidarität hätten er und auch der Neuendettelsauer Bürgermeister Gerhard Korn sofort Solidaritätsschreiben übermittelt. Die nächste Bürgerreise – diesmal mit Begleitung der Kantorei der Laurentiuskirche – ist an Himmelfahrt geplant und werde auch so stattfinden, versichert Klenner.