Wahlkampfveranstaltung

Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock in Bamberg: "Jedes Zehntelgrad zählt"

17.8.2021, 20:35 Uhr

Die grüne Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock trat auf dem Bamberger Maxplatz auf. © Felix Schwarz

Die Wolken verdichteten sich zu einem grauen Schleier, der sich über Bamberg legte. 200 Menschen, die sich vorher anmelden mussten, warteten mit Maske und 1,5 Meter Abstand in einem eingegrenzten Bereich auf die beiden angekündigten Rednerinnen: auf die Bundestagsabgeordnete Lisa Badum - und natürlich auf Annalena Baerbock, Co-Parteivorsitzende und Kanzlerkandidatin von Bündnis 90/Die Grünen. Insgesamt kamen etwa 500 Menschen auf den Maxplatz. So geht Bundestagswahlkampf in der Corona-Pandemie.

Umbau der Automobilindustrie als große Herausforderung

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Wie von den Grünen zu erwarten war, stellten die beiden Bundespolitikerinnen den Klimaschutz in den Mittelpunkt ihrer teils sehr emotionalen Reden. Badum, klimapolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, wies darauf hin, dass etwa 20.000 Arbeitsplätze in der Region Bamberg von der Automobilindustrie abhängen würden.

Die Bundestagsabgeordnete Lisa Badum auf dem Bamberger Maxplatz. © Felix Schwarz

"Wir dürfen die Beschäftigten und Unternehmen nicht alleine lassen", so Badum. Um die Branche klimaneutral zu gestalten, brauche es neben nachhaltigen Technologien Weiterqualifizierungsmaßnahmen. Die Mittel dafür soll der Bund durch einen Transformationsfonds zur Verfügung stellen.

Klimawandel schon jetzt spürbar

Was auf Deutschland zukommt, wenn sich der Klimawandel Bahn bricht, zeige sich bei der Hochwasserkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen. Der Klimawandel sei schon lange keine abstrakte Bedrohung mehr, sondern konkret spürbar. Deshalb sei es notwendig, Klimaschutz und Anpassungsmaßnahmen miteinander zu verbinden. Denn: "Jedes Zehntelgrad zählt, um unsere Freiheit zu bewahren", rief Badum der applaudierenden Menschenmenge zu.

Die Bundestagsabgeordnete Lisa Badum auf dem Bamberger Maxplatz. © Felix Schwarz

Bevor Baerbock auf den Klimaschutz zu sprechen kam, hielt sie ein leidenschaftliches Plädoyer für eine bessere Bildungs- und Familienpolitik. Die Corona-Pandemie hätte gezeigt, wie sehr die aktuelle Bundesregierung beim Thema Digitalisierung in den Schulen geschlafen hätte. Zudem sei es ihr ein Anliegen, deutlich mehr in Familien zu investieren. Mehr noch: "Wir brauchen eine Kindergrundsicherung, damit wir die Kinder aus der Armut herausholen", forderte die Kanzlerkandidatin. Die Finanzierung soll unter anderem durch höhere Steuern für Reiche sichergestellt werden.

Klimaschutz als allumfassendes Thema

Mut machen, Sorgen ernst nehmen und möglichst alle Menschen mitnehmen - das sei Baerbocks Ziel beim Klimaschutz. Daher sei es für sie wichtig, den klimaneutralen Umbau der Industrie voranzutreiben, die erneuerbaren Energien so schnell wie möglich auszubauen und mehr Investitionen in Wasserstoff in Gang zu bringen. Und: Die nächste Bundesregierung müsse sicherstellen, dass alle Ministerien sich an den Klimaschutzzielen orientieren. Darüber hinaus machte sie sich für einen Nationalpark Steigerwald stark und setzte sich dafür ein, finanzielle Förderungen in der Landwirtschaft nicht nur von der Fläche abhängig zu machen.

Um direkt vor dem Podium einen Platz zu ergattern, mussten sich Interessierte vorher anmelden. © Felix Schwarz

Auch zum Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr, den 2001 der damalige grüne Außenminister Joschka Fischer eingeleitet hatte, bezog Baerbock Stellung: "Die Ortskräfte hätten viel früher zurückgeholt werden müssen", betonte die 40-Jährige. Nachdem die extremistische Taliban die Führung des Landes übernommen hatte, müsse die EU ein Kontigent für Flüchtlinge bereitstellen. "Es geht um Leben und Tod", so Baerbock.