50 Kilometer zu Fuß zurück

Wallfahrt nach Vierzehnheiligen: Zwei Tage Balsam für Seele

17.8.2022, 14:12 Uhr

Die Waischenfelder können nun auf 40 Jahre Wallfahrt zurückblicken. Koordinatorin Karin Söllner, Alfons Richter, Kilian Knörl und Michaela Richter sind ein Teil der Gruppe, die jährlich Aufgaben übernehmen, damit die zweitägige Vierzehnheiligenwallfahrt reibungslos klappt. © Rosi Thiem, NN

„Wir müssen jetzt schon planen, wer alles mitgehen möchte. Denn die Unterkünfte werden im Vorfeld gebucht und die Busplätze für die integrierte kleine Fahrstrecke auch“, erklärt die Koordinatorin Karin Söllner. „Schön wäre es, wenn schnellstmöglich die Anmeldungen eingehen würden. Wir haben bei uns in Waischenfeld neben der 900-Jahrfeier auch ein kleines Jubiläum. Vor 40 Jahren – also 1982 – wurde die jährliche Vierzehnheiligenwallfahrt neu belebt.“

Exakte Buchführung

Auch schon früher gab es Wallfahrten in Waischenfeld. „Die jetzigen 40 Jahre Wallfahrt sind Nachfolger von den Nachkriegswallfahrten“, erzählt Kilian Knörl, der akribisch genau das Wallfahrtsbuch führt. „Hier betete man damals um die Angehörigen, die noch vermisst waren oder sich in Kriegsgefangenschaft befanden, damit sie alle gut wieder heimkommen würden.“ Es steckten sehr viele Schicksale, Hoffnungen, Dank und Bitten in den Fußwallfahrten.

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„Es hat auch früher schon Wallfahrten gegeben, da war die Geistlichkeit dabei. In den 1960er-Jahren war ich zweimal dabei, da war die Straße nach Freienfels noch nicht geteert und wir liefen über grobe Schottersteine“, erinnert sich der heute 71-Jährige.

Turnschuhe und Schlafsack

In den Folgejahren schwand das Interesse an den regelmäßigen Wallfahrten, die schließlich einschliefen. Einen neuen Schwung – der kontinuierlich und erfolgreich bis jetzt anhält – erfuhr die Fußwallfahrt, als sich 1981 Bernhard Schwesinger, Johannes Löhr und Peter Hager trafen und Wallfahrtspläne schmiedeten. „Wir waren alle so 17 bis 18 Jahre alt und hatten uns in der Kneipe getroffen. Von früheren Erzählungen her wussten wir, dass es Wallfahrten von Waischenfeld aus nach Vierzehnheiligen gegeben hat. Wir hatten uns das in den Kopf gesetzt: Wir probieren den Weg durch“, erzählt Peter Hager.

Navi gab es noch nicht

Mit Turnschuhen und Schlafsack ging es los. Ohne Navi – das gab es damals noch nicht – aber mit viel Enthusiasmus und einem Ziel vor Augen, suchten die jungen Leute einen passenden Weg. Dieser Weg war der Startschuss 1982 für eine 40-jährige Pilgergeschichte, die bis heute mehr als nur eine Wallfahrt ist.

„Es ist eine gewachsene Wallfahrt. Viele Familien sind in jedem Jahr dabei. Das Jubiläum zeigt uns heuer, dass es keine Eintagsfliege war“, zeigt Karin Söllner auf. „Es laufen gute Gespräche untereinander. Jede und jeder ist willkommen. Junge und Alte, Nahe und Ferne, Fromme und Zweifelnde, Verängstigte und Sorgenvolle – alle Menschen guten Willens.“

Viele Kinder seien von klein auf dabei und bleiben auch dabei. Aus den Teenies von damals wurden stattliche Erwachsene, berichtet Michaela Richter, die sich, engagiert bei den Maltesern, um die Erste Hilfe auf dem Weg kümmert. Aber nicht nur Einheimische nehmen teil, sondern auch aus der umliegenden Gegend und extra angereiste Gäste aus Trier, Hamburg und Stuttgart. Mit dabei ist immer das dann frisch mit Blumen geschmückte Wallfahrtsbild aus dem Jahr 1887, das treu und tapfer mitgetragen wird.

Waren es 1982 noch 45 Teilnehmer und 1983 dann 50 Wallfahrer, so können die Organisatoren inzwischen nun jährlich mit um die 150 Fußwallfahrern rechnen. Michaela und Alfons Richter von den Maltesern sorgen für die Erste Hilfe und sichern mit Manfred Huppmann die Wallfahrt ab.

„Heimwärts haben wir immer mehr Blasen“, weiß Michaela Richter. Jeder hat seine Aufgabe. „Bernhard Schwesinger bereitet die inhaltliche Aufstellung vor und ist immer am Puls der Zeit. Seine ausgesuchten Themen bewegen die Leute“, schätzt Karin Söllner.

Rund 700 Namen

Kilian Knörl, der das Wallfahrtsbuch von Bernhard Schwesinger übernommen hat, führt es seit 1995. „Hier wird alles aufgeführt, wer wann dabei war, ob einfacher Weg oder hin und zurück“, erzählt Kilian Knörl. So um die 700 einzelne Namen von Teilnehmern stehen in seinem Buch. Geehrt werden dann jährlich, wer sieben, 14, 25 oder 40-mal hin und zurück dabei war. Wer nur halbe Strecken mitläuft, der muss halt dann länger warten, bis eine ganze Strecke zusammenkommt, denn auch halbe Wege werden kumuliert. Da herrscht Ordnung in dem Buch.

„Manche Teilnehmer wollen auch wissen, wie oft sie schon dabei waren und freuen sich, wenn das Wallfahrtskonto steigt“, lächelt er. Genau wird auch Statistik geführt, wann man wo an welchem Ort ist, Zeiterfahrungen der letzten Jahre fließen dann immer in die nächste Wallfahrt mit ein.

2020 wurde coronabedingt ausgesetzt, aber bereits 2021 fand unter strengen Hygienevorschriften eine Wallfahrt statt.
Kilian Knörl erinnert sich an das Ende der 1980er-Jahre, an denen es oft bei Wallfahrten regnete und die Fußreisenden nass wurden, sodass sich bei den Jacken in den Gastwirtschaften Pfützen bildeten.

Samstag geht es immer 38 Kilometer zu Fuß und ein Teil wird mit dem Bus gefahren. Sonntags geht es die 50 Kilometer zu Fuß ganz zurück. „Es wird nicht nur gebetet, sondern es gibt Zeiten für Impulse, zum Meditieren, zum Spaß und zum Reden. Es ist für alle etwas dabei“, sagt Karin Söllner.
„Es ist streckenweise auch mal eine halbe Stunde ganz ruhig, sodass man in dieser angenehmen Stille nur die Schritte am Schotter hört.“

Mittendrin spielt die Wallfahrtskapelle unter der Leitung von Peter Hager. „Der harte Kern ist hier immer dabei. Ich weiß vorher nicht, wer kommt und mitspielt. Aber am Samstag früh sind sie alle wieder da“, schätzt er seine treuen musikalischen Begleiter. In der Regel sind es jährlich 15 unentgeltliche Musiker, die feierlich mit ausziehen, musikalisch mitgehen und am Sonntag wieder mit in die Stadtkapelle feierlich einziehen.

Ganz besondere Highlights sind neben dem Einzug in Vierzehnheiligen und den Glockenempfängen der einzelnen Ortschaften am Wegesrand der feierliche Einzug der Rückkehrer durch die mit Kerzenlicht erhellte Fischergasse am Sonntag und die Waldrast bei Krögelstein. „Das ist am Sonntag um 15 Uhr noch einmal ein Motivationsschub“, grinsen die Verantwortlichen vom Wallfahrtskomitee.

„Bei der Waldrast gibt es dann immer Heckel Bier, Kaffee und Kuchen. Leni und Baptist Knörl organisieren immer die Kuchenspenden, die man in Heroldsberg auch abgeben kann“, berichten sie dankbar.

Alfons Richter, der als „Stiller Geist“ mit wachem Auge und Funkgerät am Wallfahrtsende dabei ist und Kilian Knörl meinen zum Schluss: „Die zwei Tage sind Balsam für die Seele.“