Bio in Bayern boomt - auch dank des Lockdowns

12.2.2021, 06:00 Uhr

Hubert Heigl, Vorsitzender der Landesvereinigung für den ökologischen Landbau in Bayern (LVÖ), zeigt sich zuversichtlich angesichts der jüngsten Zahlen aus dem Freistaat. Die Anzahl der Mitglieder der ökologischen Anbauverbände Naturland, Bioland, Biokreis und Demeter stieg 2020 um knapp 2,5 Prozent auf aktuell insgesamt 7140 Betriebe. Die Fläche, die nach den Richtlinien der vier Verbände bewirtschaftet wird, wuchs um 4,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und liegt nun bei über 300.000 Hektar.

Wachstumschancen der Bio-Branche

"Bayern ist bereit für mehr Bio", freut sich Heigl im Vorfeld der BioFach, der Weltleitmesse für Bio-Lebensmittel, die heuer aufgrund der Corona-bedingten Auflagen nicht auf dem Nürnberger Messegelände, sondern ausschließlich online stattfinden wird. Ein zentrales Thema bei der vom 17. bis 19. Februar stattfindenden Veranstaltung werden die weiteren Wachstumschancen der Bio-Branche sein. Unter anderem soll laut dem neuen bayerischen Naturschutzgesetz bis zum Jahr 2030 fast ein Drittel der Felder und Wiesen im Freistaat ökologisch bewirtschaftet werden.

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Vor der Pandemie schien dieses Ziel kaum erreichbar zu sein. Wenn die Politik keine besseren Vermarktungs- und Verarbeitungsstrukturen schaffe, komme man zu diesem Zeitpunkt voraussichtlich nur bei einem Anteil von etwa 15 Prozent an, hatte Burkhard Schaer vom Marktforschungsunternehmen Ecozept vor zwei Jahren noch gewarnt. Damals hatte seine Firma im Auftrag der Grünen-Fraktion im Bayerischen Landtag eine Machbarkeitsstudie erstellt und war zu einem ziemlich ernüchternden Ergebnis gekommen.

Wer selber kocht, entscheidet sich öfter für Bio

Inzwischen hat sich die Lage jedoch deutlich verändert. "Wir stehen nicht, wir rennen", bilanziert der Geschäftsführer von Ecozept, die Kunden würden den Anbietern von Bio-Lebensmitteln "die Bude einrennen". Laut Hubert Heigl sind die Ausgaben für Bio-Lebensmittel 2020 in Deutschland um 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Vor allem weil während der Corona-Lockdowns zuhause mehr gekocht werde. "Und wer selber kocht, der entscheidet sich öfter für Bio", schlussfolgert der LVÖ-Vorsitzende.



Viele Vertreter der Öko-Branche sind auch optimistisch, dass dieser Trend zu hochwertigen Lebensmitteln aus ökologischer und oft auch regionaler Produktion kein Strohfeuer ist, das nach dem Ende der Corona-Pandemie schnell wieder erlischt. Das Bewusstsein für Nachhaltigkeit und eine gesunde Lebensweise sei merklich gestiegen - und gerade die junge Generation, die sich oft vegetarisch oder vegan ernährt, steht laut Heigl solchen Themen sehr aufgeschlossen gegenüber.

An einen langfristigen Bewusstseinswandel bei einem großen Teil der Bevölkerung glaubt auch Burkhard Schaer. Bisher klafften beim Einkaufs- und Essverhalten Anspruch und Wirklichkeit in unserem Verhalten oft auseinander, doch nun hätten viele Verbraucher gemerkt, "dass sich Bio gut anfühlt". "In der Corona-Krise sind Budgets verschoben worden", analysiert der Marktforschungs-Experte - statt in die Flugreise ans andere Ende der Welt hätten die Menschen das Geld oft in die Verschönerung der eigenen vier Wände und eben in hochwertige Lebensmittel investiert und gemerkt, dass auch das für innere Befriedigung sorgen kann.

Neues auf den Speisekarten von Kantinen und Mensen

Bis zum vom bayerischen Landesprogramm BioRegio 2030 vorgegebenen Ziel von 30 Prozent Biolandbau im Freistaat ist es dennoch noch ein weiter Weg. Aktuell wirtschaftet etwa jeder zehnte Bauer in Bayern ökologisch, der Bio-Anteil bei den landwirtschaftlichen Nutzflächen liegt bei zwölf Prozent. Wer es ernst meine mit Bio in Bayern, der müsse jetzt die richtigen Weichen stellen, fordert Heigl.

"Wir brauchen zum Beispiel entsprechende Mittel und Personal für Forschung und Beratung zum Ökolandbau, und die Kantinen und Mensen der öffentlichen Hand müssen Bio auf ihre Speisekarten setzen", erklärt der LVÖ-Funktionär. Außerdem müssten konventionell wirtschaftende Betriebe, die mit der Umstellung auf Ökolandbau liebäugeln, besser unterstützt werden. Um diesen Landwirten die schwierigen ersten Jahre nach der Umstellung zu erleichtern, wäre zum Beispiel eine Überarbeitung der Förderrichtlinien eine sinnvolle Option.

Wenn dann noch einige Lücken in den Wertschöpfungsketten geschlossen werden würden, ist nach Ansicht von Burkhard Schaer bei 30 Prozent Biolandbau noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht. Um einen noch größeren Anteil der Weltbevölkerung mit Bioprodukten ernähren zu können, muss laut Hubert Heigl aber auch die Verschwendung von Lebensmitteln drastisch reduziert werden - "dann ist durchaus noch mehr möglich".