Erlanger Sicherheitswacht hat Weihnachtsmärkte im Blick

15.12.2017, 06:00 Uhr

Das Gedränge nimmt stetig zu. Leute stehen dicht beisammen, trinken Glühwein und sind guter Dinge. Die beiden Männer streifen durch die Reihen und überblicken aufmerksam die Szenerie. Einer spricht höflich eine junge Frau an. Ihr Rucksack steht an der Seite offen. Fast schon eine Einladung. Gelegenheit macht schließlich Diebe. Die Frau bedankt sich. Und weiter geht’s. Aus den Buden tönt dem Duo ein freundliches "Hallo" entgegen. Man kennt sich. Noch ein kurzer Händedruck mit den Security-Leuten. Dann peilen sie die nächste Station ihrer abendlichen Tour an. Dabei wirken ihre nachtblauen Jacken wie Dienstausweise auf denen in leuchtenden Lettern zu lesen steht: "Sicherheitswacht". Und genau das ist ihr Job.

Richard Wüst (66) und Remzi Güneysu (61) sind von Anfang an dabei. Sie laufen nicht immer zusammen. Aber immer im Namen der Sicherheit. Auf die haben sie ein waches Auge. Schon über 20 Jahre lang. Seit 1994 sind Sicherheitswächter in bayerischen Städten unterwegs. Allein ihre Präsenz soll das "subjektive Sicherheitsgefühl" der Bürger stärken. Erlangen war schon früh mit von der Partie. "Angefangen haben wir 1995 mit zwölf Leuten", sagt Polizeihauptkommissar Jürgen Kaiser. Heute sind es insgesamt elf, davon vier Frauen und vier mit ausländischen Wurzeln – "eine gute Mischung". Und Kaiser hat sie alle unter seinen Fittichen.

Die Wächter teilen sich ein kleines Büro im Erlanger Polizeigebäude. Dort werden Dienstpläne geschmiedet und jene Örtlichkeiten festgelegt, wo nach dem Rechten geschaut werden muss. Dabei fließen immer wieder Bürgerbeschwerden mit ein, die der Polizei zu Ohren gekommen sind. Fünf bis 25 Stunden in der Woche, je nachdem wie viel Zeit man aufbringen kann, werden diese Örtlichkeiten "bestreift". Der Bahnhofsbereich gehört dazu, die Arcaden, bestimmte Spielplätze, das Rathaus-Areal und natürlich die Weihnachtsmärkte. Doch bevor man das offiziell und ehrenamtlich darf, muss ein bisschen gepaukt werden. 40 Stunden umfasst die Ausbildung, die zentral im Polizeipräsidium Mittelfranken in Nürnberg absolviert werden muss. Zweimal jährlich folgen noch ein paar Unterrichtsstunden auf der Erlanger Dienststelle.

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Hilfe per roten Knopf

Selbst die Sicherheit ist nirgends sicher. Auch ihre Wächter nicht. Sollte sich eine Situation tatsächlich mal hochschaukeln und brenzlig werden, dann gibt es das Funkgerät, das die Wächter zur Hand haben. Ein Druck auf den roten Knopf und in der Einsatzzentrale schrillt der Alarm. Kurz darauf ist eine Streife zur Stelle. Von solchen Situationen können die beiden allerdings kaum erzählen. "Ein Großteil der Arbeit besteht darin, dass wir angesprochen werden und Auskunft geben", sagt Richard Wüst. Ansonsten vermitteln sie den Leuten eher "ein gutes Gefühl", verhindern womöglich allein durch ihre Präsenz einen Diebstahl oder andere kriminelle Aktionen, was natürlich faktisch nicht nachzuweisen ist, sie erteilen betrügerischen Bettlern, die eine Behinderung vortäuschen, Platzverweise. Die rote Karte gibt’s auch für trinkende Jugendliche im Schlossgarten oder am Bohlenplatz. Sie fungieren zuweilen auch als Zeugen und sind schlicht das "verlängerte Auge und Ohr für die Polizei", so Jürgen Kaiser.

Es passiert eher selten, aber: "Beschimpfungen gibt’s auch noch", sagt Remzi Güneysu. "Doch wir sind Bürger wie alle anderen auch. Aber wir schauen nicht weg." Und wenn sie mit geschärften Wächterauge hinschauen und Bürger ansprechen, dann in einem doch entspannten und vernünftigen Ton, oft auch "humorvoll". Deeskalation heißt das Zauberwort. So kommt recht selten eine Situation zustande, die man gefährlich nennen könnte. Denn: "Es kommt sehr darauf an, wie man auf die Leute zugeht", weiß Richard Wüst. Dabei erinnert er sich an einen Radfahrer von kräftiger Statur, der nach seinen eigenen Regeln durch die Gegend kurvte. Andere würden es rücksichtslos nennen. Wüst holte ihn quasi vom Rad. Und das Gespräch, das sich darauf entspann, hat ziemlich "kritisch angefangen, aber sehr freundlich aufgehört", sagt Wüst. Und so enden letztlich 99 Prozent der Fälle.

In der Anfangszeit oftmals noch als Hilfssheriffs oder Bürgerwehr argwöhnisch beäugt, werden die Streifengänger heute zweifelsohne akzeptiert. "Ah, die Sicherheitswacht! Dann kann ja heut nichts mehr passieren", bemerkt freudig ein älteres Paar im Vorbeigehen. Und das ist kein Einzelfall mehr. Nicht in diesen Zeiten. "Man ist froh, dass die Polizei und die Sicherheitswacht da sind", sagt Polizist Jürgen Kaiser. Dazu fällt ihm gleich der letzte Erlanger "Berg" ein.

Dort haben "viele Leute zu uns gesagt – Klasse, dass ihr da seid". Kaiser ist seit über 30 Jahren Polizist in Erlangen. Aber das "ist noch niemals zuvor passiert".

Gesucht werden derzeit Bürger mit "Verantwortungsbereitschaft". Für die Sicherheitswacht können sich derzeit Frauen und Männer zwischen 18 und 62 Jahren bewerben, die "eine abgeschlossene Schul- oder Berufsausbildung nachweisen können, Zuverlässigkeit und Verantwortungsbereitschaft beweisen und einen guten Leumund besitzen, soweit sie bereit sind, für diese Aufgabe im Durchschnitt mindestens fünf Stunden monatlich zur Verfügung zu stehen.

Eine Pauschale von acht Euro pro Stunde soll den persönlichen Aufwand ausgleichen. Interessenten können sich bis 31. Januar 2018 schriftlich unter "PI Erlangen-Stadt, Schornbaumstraße 11, 91052 Erlangen" bewerben. Daraufhin wird ihnen ein Fragebogen zugeschickt.

Aus den Bewerbern werden schließlich vier Leute ausgesucht, da man in Erlangen die Sicherheitswacht auf 15 Leute aufstocken möchte, so Polizeihauptkommissar Jürgen Kaiser.

Die Sicherheitswächter sind im Jahr 2015 insgesamt 1400 Stunden "Streife" gelaufen. Im letzten Jahr waren es nurmehr 1100 Stunden. Und 2017 werden es unterm Strich etwa 1000 Stunden sein.