Gut akzentuiert und voller Eleganz

17.3.2017, 19:35 Uhr

Die "Egmont"- Ouvertüre gehört zum konzertanten Highlight-Repertoire Beethovens. Selten wird jedoch die komplette Schauspielmusik zu Goethes Trauerspiel aufgeführt, erfordert sie zum Orchester zusätzlich eine Sopranistin und einen Erzähler.

Bekannter Erzähler

Das Erlanger Publikum durfte nun eine gleichermaßen bewegende und hochkarätige Aufführung der "Egmont"-Schauspielmusik mit dem durch Hörfunk und Hörbücher bekannten Erzähler und Synchron-Sprecher Christian Brückner (die deutsche Stimme von beispielsweise Robert De Niro, Dennis Hopper und Donald Sutherland) sowie der franco-kanadischen Mezzosopranistin Julie Boulianne erleben.

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Dieser "Egmont" ist in allen Teilen vereinnahmend, beeindruckend. Das beginnt mit der dramatischen Ouvertüre, welche die Bamberger barsch, aber nie ruppig, gut akzentuiert und voller Eleganz unter dem figurativ-präzisen Dirigat von Bertrand de Billy eingangs spielen. Das bleibt auch in den Zwischenaktstücken so: Da wird dicht, einfühlsam und in zügiger Dramaturgie musiziert.

Das Geschehen, die Emotionen von Goethes "Egmont" bringt Sprecher Christian Brückner packend über die Bühne. Die Sprache lebt bei ihm. Das Spiel, die Psychologie der Charaktere, das Abwägen entwickeln sich – dank der großartigen, subtilen und stimmlich beweglichen Rezitation Brückners – großartig, ergreifend.

Da verschmelzen Sprecher und Zuhörer zur Einheit, wenn Brückner im melodramatischen Teil "Egmonts" vom "Süßen Schlaf" spricht: "Versinken wir und hören auf zu sein."

Zeitloses Gedankengut

Das zeigt – zusammen mit der Musik – auch musikalisch echten, typischen Beethoven, bringt die Epoche der "Aufklärung" hautnah. Es ist zeitloses, humanistisches Gedankengut, wenn Brückner dem Publikum weisend zuruft: "Schützt euer Liebstes!" Humanität vor Bürgerpflicht ist die Forderung, die Botschaft.

Dramatische Stimme

Die Sopranistin Julie Boulianne steht adäquat mit ihrer dunkel-timbrierten, dramatischen Stimme in der Rolle des Clärchen an Brückners Seite. Leidenschaftliche Affekte zeichnet sie im berühmten Lied "Freudvoll und leidvoll". Die "Siegessymphonie" am Schluss – trotz Suizid und Exekutionskommando im Trauerspiel – ereignet sich als triumphales, mitreißendes Fanal.

Dieses Zupackende, Mitreißende ist auch später in Maurice Ravels morbider "La Valse" mit grotesker Eleganz trotz imposanter Dynamik entwickelt. Das ist bizarr in den Klangfarben, heftig, schwungvoll, überwältigend in der fulminanten Entwicklung des Werks!

Farbenreiches Timbre

Schwieriger ist es, dem "Poème de l‘Amour et de la Mer" des französischen Komponisten Ernest Chausson, der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts lebte, zu folgen. Orchester und Solistin machen ihre Sache gut. Das Werk selbst changiert klanglich-kompositorisch zwischen Wagner und Debussy. Die Sängerin Julie Boulianne beeindruckt auch hier durch farbenreiches Timbre und die gute Tragfähigkeit ihrer Stimme. Die Emphase, mit der sie den poetischen Ausdruck des anspruchsvollen Werks verdeutlicht, ist einnehmend.

Das Orchester bewältigt seinen impressionistisch-weitschweifenden Part bestens, entführt in die raffinierte Kompositionswelt des unbekannten Franzosen. Reicher, anhaltender Applaus für alle Beteiligten.