Junge Philharmonie Erlangen begeisterte

Klanglebendige Leichtigkeit

27.7.2021, 18:22 Uhr

Wolfgang Amadeus Mozarts geniale "Zauberflöten-Ouvertüre" bildet die adäquate, festliche Eröffnung mit großem Orchesterklang. Zur Papageno-Sphäre gesellt sich noch symphonische "Jupiter"-Attitüde in Hochglanz. Weitgehend präzise sind die kniffeligen Fugato-Einsätze zwischen den Orchesterstimmen koordiniert. Stolz kann die Junge Philharmonie auf ihre Holzbläser sein, die in Franz Schuberts unbeschwerter dritter Symphonie brillieren: Klarinette, Oboe und Flöte sorgen für hohes Klangniveau und fabelhafte Soloeinsätze (im "Allegretto"). Das "Con brio" des ersten Satzes nimmt Tristan Uth beim Wort mit glänzender, feuriger Umsetzung. Von tänze-rischer Fülle zeugt das Menuett. Mit markant-knapper Gestik hält Diri-gent Uth den italienisch anmuten-den, orchestral herausfordernden Finalspurt des "Presto vivace" zusammen. Das Erlanger Orchester dankt diesen dirigentischen Einsatz mit durchlässiger, klanglebendiger Leichtigkeit.

Vielleicht kommt dem Abschluss des Konzerts mit dem 2018 komponierten Stück "Raptus" von Enjott Schneider gerade in der derzeitigen Situation eine besondere, passende Rolle zu. Die Junge Philharmonie hat sich mit diesem Pflichtstück auch beim Wettbewerb für die Bundesebene des Deutschen Musikrats 2020 qualifiziert. Die endgültige Entscheidung des Wettbewerbs auf Bundesebene wird am 23. Oktober in der Ladeshalle ausgetragen. Das wird spannend, wenn auch leider ohne Publikum.

Verletzende Wutausbrüche

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Ludwig van Beethoven gebrauchte den Namen "Raptus" lebenslang, um selbstironisch seine verletzenden Wutausbrüche, seine Schroffheit, aber auch seine Introversion zu charakterisieren. Enjott Schneiders gut zehnminütige Komposition greift als ironische Klangcollage mit Dissonan-zen und harten formalen Kontras-ten Beethovens Ausbrüche auf. Die Drastik verschärft sich mit der gesprochenen "Raptus"-Skandierung und dessen leitmotivisch markanter Intervention. Die Junge Philharmonie unter dem energetisch aufgeladenen und gestisch deutlichem, präzisen Dirigat von Tristan Uth plakatiert hier eine furiose Klang-Groteske mit überdeutlichen, teils schwelgerischen Beethovenzitaten. Die musikbiografische Collage ist eruptiv in den dynamischen Ausbrüchen von Blech, Holz und Schlagwerk, euphorisch im heroischen Themenüberschwang, berührend-transzendent in den Streichern im "Dankgesang an die Gottheit". Das grüblerische Kanon-Zitat "Wir irren allesamt, nur jeder irret anders" ist in seiner aktuellen Aussagekraft kaum zu überbieten! Das alles gibt stürmischen, anhaltenden Beifall, Bravorufe und Anton Bruckners Motette "Locus iste" in der Orchesterfassung als ausgleichende Zugabe.

Danach nochmals langer, langer Beifall von einem begeisterten Publikum, das sich ein baldiges Wiederhören mit diesem fabelhaft-lebendigen Erlanger Orchester wünscht.