Nach zehn Jahren: Erlanger Arcaden werden modernisiert

23.8.2017, 06:00 Uhr

Einst verfügte Erlangen über so viele Kaufhäuser wie Finger an einer Hand – erinnert sei an längst verblichene Namen wie Heka, Horten, Hertie und Quelle –, doch um die Jahrtausendwende hatte das Warenhaus-Sterben längst eingesetzt. Damals neue Großprojekte wie die Ikea in Fürth, das Mercado in Nürnberg oder der Globus-Markt in Forchheim begannen, die im Bundesvergleich dominierende Kaufkraft aus Erlangen (Platz 6 in Deutschland) abzusaugen.

Diese Lücke erkannte das Essener Shoppingcenter-Unternehmen "mfi" und reichte im Februar 2001 die ersten Pläne für die "Erlangen Arcaden" ein – vorgesehen zu dieser Zeit samt einem ebenfalls geplanten Sparkassen-Neubau, mit 30.000 Quadratmeter Nutzfläche zwischen Güterhallen- und Hochstraße.

Diese Größe erweckte breiten Widerspruch, vor allem in der alteingesessenen Geschäftswelt, so dass bei einer Bürgerinformation im Dezember 2002 der Investor einlenkte und ankündigte, sich auf die heutige Größenordnung auf dem ehemaligen Postgelände zu beschränken. Zwar fand diese "stadtverträgliche Lösung" viele Befürworter bei Politik und Gesellschaft, doch die Gegner ließen nicht locker, so dass das von der damaligen Stadtratsmehrheit CSU/FDP favorisierte Modell am Tag der Europawahl 13. Juni 2004 einem Bürgerentscheid unterzogen wurde. 

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Das Einzelhandelsprojekt erntete dabei mit 60 zu 40 Prozent Zustimmung. Damit war das Tauziehen allerdings noch nicht beendet. Eine Initiative "Stadtverträgliche Arcaden", die Unterschriften in fünfstelliger Zahl gesammelt hatte, sorgte für einen neuerlichen Bürgerentscheid im September 2005, bei dem zwei Größenvarianten zur Wahl gestellt wurden. 53,5 Prozent der Abstimmenden sprachen sich für die weitergehende aus. Beim Ja zur kleineren hätte die mfi das Projekt beerdigt.

Das Erlanger Architekturbüro KJS von Prof. Hubert Kress erhielt unter fünf Bewerbern den Zuschlag für seinen – von ihm sogenannten – "Spannungsbogen" mit einem 300 Meter langen, dreigeschossigen "Boulevard". Kress versprach durch das lichtdurchflutete Bauwerk, die elegant geschwungene Form, die sensibel gestalteten Fassaden und die durchscheinende, leuchtende Außenhaut "ein Optimum an Form und Funktion".

Arcarden schaffen Arbeitsplätze

Am 18. September 2007 wurde der neue Konsumtempel eröffnet. Die Kostenbilanz: 100 Millionen Euro Investitionen durch die mfi, weitere 50 durch die 100 Mieter. Es entstanden rund 1000 neue Arbeitsplätze.

Zwei Jahre später präsentierte die Gesellschaft für Konsumforschung eine Untersuchung über die Auswirkungen der Arcaden auf die gesamte Innenstadt, bei der die Jahre 2001, 2007 und 2009 Berücksichtigung fanden. Das Fazit der GfK: "Ein fantastisches Ergebnis – es geht nicht besser." Der Standort sei gut überregional erreichbar, die Arcaden wirtschafteten nicht auf Kosten der Innenstadt, sondern es komme zur gegenseitigen Verstärkung. Auch dort würden 55 Prozent der Arcaden-Kunden einkaufen, gerade für ein jüngeres Publikum sei das Angebot attraktiv.

Kunden von außerhalb

2011 wurden täglich 28.000 Kunden in den Arcaden gezählt, 55 Prozent davon kamen aus umliegenden Kommunen wie Herzogenaurach, Neunkirchen, Forchheim, Fürth und sogar Bamberg. Die 660 Stellplätze im Parkhaus waren speziell an den Wochenenden voll ausgelastet. Die Erlanger Beratungsgesellschaft "Markt und Standort" teilte 2013 mit, dass es seit der Arcaden-Eröffnung über 100 Neu- und Umgestaltungsinvestitionen von Geschäften in der Innenstadt gegeben habe. 67 Prozent der Arcaden-Kunden (zwölf Prozent mehr als 2009) würden nicht ausschließlich in der Shoppingmeile einkaufen, 60 Prozent kämen von außerhalb. Sie nutzten auch die ausgeweiteten Öffnungszeiten – statt früher 18 war jetzt 20 Uhr die Normalität.

Nach einer weiteren Veröffentlichung 2014 hatte sich der tägliche Besucherstrom auf 32.000 gesteigert, der den Arcaden-Geschäften einen Jahresumsatz von insgesamt 96,3 Millionen Euro bescherte.

Modernisierung innen und außen

Im Jubiläumsjahr 2017 und fortlaufend 2018 wird das Erlanger Shopping-Center mit Investitionen von rund zehn Millionen Euro umfassend von innen und außen modernisiert. Jean-Marie Tritant, Vorstand bei der Unibail-Rodamco Group mit der Tochter mfi, schwärmt von einer "außerordentlichen Erfolgsgeschichte", die in den nächsten Monaten zementiert werden soll – flankiert von einem neuerlichen GfK-Gutachten aus dem Jahr 2015.

Dieses sieht in der "Revitalisierung" einen "positiven Beitrag zur Attraktivierung und weiteren Belebung der Erlanger Innenstadt mit verträglichen Auswirkungen". Der überwiegende kleinteilige und in großen Teilen inhabergeführte Einzelhandel der Altstadt sei nicht betroffen.

Design im fränkischen Stil

Gestalterisches Leitmotiv des neuen Konzepts ist der "urbane Stil Frankens". Neue Materialien und ein Design im fränkischen Stil sollen Gemütlichkeit schaffen, moderne Elemente für eine großstädtische Atmosphäre sorgen. Wichtige Ankermieter wie dm und Saturn haben ihre Verträge langfristig verlängert, zahlreiche bestehende Mieter modernisieren derzeit ihre Shops.

Zuletzt gab es mit dem britischen Mode-Label Superdry, dem trendigen Müsli-Store "MyMuesli" und dem Denim-Label "Pepe Jeans" spannende Neuheiten. Weitere Shopkonzepte sollen folgen, darunter etwa die niederländische Modemarke "G-Star". Eine "Kids-Area" im Untergeschoss, großzügige Sitzbereiche, eine neue Beschilderung, ein neu gestalteter Vorplatz und gastronomischer Außenterrassenbereich sind weitere Inhalte der "Repositionierung".

Die mfi-Mutter Unibail-Rodamco Germany, die die Arcaden betreibt, hat ihren Sitz in Düsseldorf und engagiert sich aktuell bei 25 Shopping-Centers. Eigentümer der Arcaden ist das Investmentunternehmen TH Real Estate mit einem verwalteten Immobilienvermögen in Deutschland in Höhe von 2,7 Milliarden Euro.