Nur wenig ist passiert in Erlangen-Büchenbach

16.12.2017, 06:00 Uhr

Obwohl in dem Gebäude auch soziale Einrichtungen untergebracht werden sollen, befürchten manche Anwohner, dass durch die Nachverdichtung zusätzliche soziale Probleme geschaffen werden. "Wir wollen Sie informieren, wir wollen aber auch von Ihnen etwas erfahren", sagte OB Florian Janik zu Beginn der Veranstaltung. Büchenbach Nord sei ein sehr gelungener Stadtteil. "Wir haben das Viertel unter die Lupe genommen." Man habe gefragt: Was ist gut? Wo besteht Handlungsbedarf? Dabei habe man Themen vorgefunden, "die uns auch stadtweit beschäftigen" – insbesondere der Ausbau von Kitas und die Wohnungsnot. "Wir wollen Büchenbach Nord noch lebenswerter machen", sagte Janik. Denn "man kann auch etwas Tolles noch ein bisschen besser machen." Und, so fügte er noch an, "es gibt auch etwas, das ist nicht ganz so toll, das wissen Sie alle, und auch da wollen wir etwas machen."

Was sich unter der Lupe abzeichnet, darüber gaben im Anschluss die Chefs von Sozialamt, Jugendamt und Amt für Soziokultur sowie der Erlanger Polizeichef einen Überblick,. Nach jedem Vortrag hatten jeweils drei Zuhörer Gelegenheit, Fragen zu stellen – eine Vorgabe, die dazu führte, dass Moderator Michael Greißel zahlreiche Wortmeldungen nicht berücksichtigte. Er verwies darauf, dass die Zuhörer im Anschluss in Vier-Augen-Gesprächen noch Fragen loswerden könnten. Sozialamtsleiterin Maria Werner eröffnete die Runde der Vorträge. Sie erklärte zunächst, dass Büchenbach Nord einen hohen Anteil von Senioren habe – fast 30 Prozent aller Einwohner seien 60 Jahre oder älter. Das Quartier brauche deshalb, so wie andere Stadtteile, eine Anlaufstelle für Senioren.

Der Anteil der Bürger mit Migrationshintergrund liege bei fast 50 Prozent. Beabsichtigt sei, mittelfristig eine Anlaufstelle für die Asyl- und Migrationsberatung einzurichten "Die Zahl der Menschen, die auf Leistungen zum Lebensunterhaltung angewiesen sind, liegt in Büchenbach Nord bei 13 Prozent", so Werner weiter, deshalb befürworte ihr Amt, einen Sozialdienst für Erwachsene zu etablieren. "Wo stehen wir im Vergleich zum gesamten Stadtgebiet?", wollte eine Frau wissen. Die Antwort: Den 13 Prozent von Bürgern, die in Büchenbach Nord Sozialleistungen beziehen, stehen in der Gesamtstadt fünf bis sechs Prozent gegenüber. Für weitere Zahlen verwies Werner auf den Sozialbericht.

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Jugendamtsleiter Reinhard Rottmann gab einen Überblick über künftige Kitas und familienpädagogische Einrichtungen. So wird die Joseph-Stiftung in der Donato-Polli-Straße eine Kita bauen, die Stadt am Holzweg Spiel- und Lernstuben und die Gewobau eine familienpädagogische Einrichtung. Außerdem werde ab Januar ein Streetworker im Quartier den Dienst aufnehmen.

Kritik von Seiten der Bürger gab es im Hinblick auf das Jugendhaus West – "bei uns wird randaliert, beschmiert, die haben zu wenig Personal, zu wenig Angebot" — , außerdem wurde gebeten, Grillplätze einzurichten, damit nicht länger wie bisher am Dummetsweiher unkontrolliert an "wilden" Feuerstellen gezündelt und Unrat hinterlassen wird.

Zwei Einrichtungen des Amtes für Soziokultur stellte dessen Chef Stefan Beck vor: den Abenteuerspielplatz Taubenschlag und den Bürgertreff Die Scheune. Letzterer bedürfe dringend einer Vergrößerung und Aufwertung, so ein Zuhörer.

Weniger Straftaten

Über die Sicherheitslage gab der Erlanger Polizeichef Peter Kreisel einen Überblick. Die sei objektiv gesehen nicht so schlecht wie sie subjektiv wahrgenommen werde. Denn seit Jahren sei die Anzahl der Straftaten in dem Quartier rückläufig. Im Verhältnis zur Bevölkerung gebe es weniger Straftaten als in anderen Vierteln. Dass ein subjektives Gefühl der Unsicherheit durchaus nicht nur das Resultat von Straftaten sein muss, sondern bereits beim aggressiven Umgangston beginnt — und gar nicht in die Polizeistatistik eingeht, weil dies vielleicht auch aus Angst nicht zur Anzeige gebracht wird — , verdeutlichte indes die Wortmeldung eines Gewobau-Mieters. Er schilderte, wie ihm von einem anderen Mieter Gewalt angedroht wurde. "Wenn Sie beeinträchtigt werden, dann setzen wir Sie um", sicherte Gewobau-Chef Gernot Küchler dem Mann daraufhin zu.

Schließlich erläuterte Küchler das geplante Bauprojekt an der Odenwaldallee, Architekt Tim Gräßel lieferte dazu weitere Daten. Neben 90 Wohnungen für Senioren und Leute mit mittlerem Einkommen werden im künftigen Gebäudekomplex auch soziale Einrichtungen untergebracht. Im Hinblick auf Letztere bemüht sich die Stadt um die Aufnahme in das Bund-Länder-Städtebauförderprogramm "Soziale Stadt".

Kritik kam an dieser Stelle aus dem Publikum. Das Programm "Soziale Stadt" werde so verkauft, als gehe es um "Unser Dorf soll schöner werden", dabei werde es in Stadtteilen mit hohem Armutsrisiko eingesetzt. In den letzten 30 Jahren sei in Büchenbach Nord viel zu wenig getan worden, um soziale Probleme in den Griff zu kriegen. Das Quartier sei bereits jetzt der größte soziale Brennpunkt in Erlangen, und dennoch wolle man weitere Sozialwohnungen hier ansiedeln.

Warum also gerade hier? OB Janik ging auf diese Frage in seinem Schlusswort ein. Die Gewobau baue im Bestand, für andere Gebiete gewinne die Stadt Partner für den geförderten Wohnungsbau. Und: "Wir würden gern auch in anderen Stadtteilen aktiv werden", erklärte Janik. Zum Beispiel im Röthelheimpark. Doch dort sei alles zugebaut. "Vor meiner Wahl wurde dem geförderten Wohnungsbau nicht die nötige Priorität eingeräumt", sagte der OB. "Ich kann Ihnen garantieren, dass wir überall dort, wo wir neues Baurecht schaffen, die Brauträger verpflichten, auch sozialen Wohnungsbau zu machen, weil wir nur so gute Nachbarschaften bekommen."