So anstrengend ist der Bademeister-Job in Erlangen

1.8.2018, 11:00 Uhr

Muss immer alles im Blick haben: Bademeister Joseph Dutzel. © Berny Meyer

Schon nach einer halben Stunde rinnt der Schweiß über den Rücken, bildet sich ein nasser Film auf der Haut, an den Armen, im Gesicht. Auf dem Kopf einen Strohhut, auf der Nase eine polarisierende Sonnenbrille. Das blaue T-Shirt bekommt erste Flecken. Joseph Dutzel hält das nicht auf. Er geht weiter durch das Bad, schnell, viel zu schnell für Temperaturen weit über 30 Grad. Doch Joseph Dutzel wird gebraucht, besonders an einem Tag wie diesen, am wohl heißesten Tag des Jahres.

Der 51-Jährige übernimmt von 13.45 Uhr an die Schichtleitung im Freibad West. Es ist Dienstag. Die Sonne sticht vom Himmel. An den Kassen bilden sich fortlaufend Schlangen. Immer mehr Erlanger strömen in ihr neues Schwimmbad. Joseph Dutzel sieht das alles noch gelassen, er kennt das Freibad West viel voller. Fünfmal pro Woche ist er im Dienst, aufgeteilt in Früh- oder Spätschicht.

Die Hitzewoche hat er bislang durchgearbeitet. "Mittwoch und Donnerstag hätte ich eigentlich frei", sagt Dutzel, "doch wenn es so heiß bleibt, werde ich eine Zwischenschicht einlegen." Vier weitere Bademeister sind an diesem Dienstagmittag im Einsatz. Insgesamt gibt es in den Erlanger Bädern zehn feste Fachangestellte für Bäderbetriebe, also festangestellte Bademeister. Dazu kommen Studenten, die ihren Rettungsschein haben. Im Hochsommer könnte man denken, diese Männer und Frauen haben den geilsten Job der Welt, schließlich sind sie jeden Tag im Freibad, wie früher, als Kind in den Schulferien. Doch so wie damals ist es natürlich nicht.

Werbung
Werbung

"In meiner Freizeit gehe ich nie ins Freibad. Alle, die hier Gäste sind, können sich abkühlen, gehen schwimmen. Als Bademeister im Freibad zu sein, ist etwas ganz Anderes. "Sie können sich ja mal eine halbe Stunde hierher stellen. Dann wissen Sie, wie viel Spaß das macht", sagt Dutzel und läuft weiter, immer schnell, nicht hektisch, eher geschäftig. Dabei wirkt der Erlanger zufrieden. Trotz Hitze. Trotz Lärm. Trotz Freibad-Geruch, dieser Mischung aus Chlor, abgestandenem Wasser, Pommes, Schweiß und Sonnencreme.

Alle kreischen, alle planschen. Der Lärm hört nie auf

"Es ist extrem anstrengend", sagt Dutzel. Seine Vorbereitung auf den Arbeitstag in der Spätschicht fängt deshalb schon am Vormittag an. "Ich beginne mit Trinken, nehme eine Calcium-Magnesium-Tablette, esse relativ viel Obst. Wir schauen einfach, dass wir uns im Vorfeld gut auftanken." Auch Eincremen gehört dazu. Kaum ist Dutzel im Bad angekommen, macht sich der Schichtleiter auf seine Runde. Schnelle Schritte an den azurblauen Becken vorbei, an Halbstarken in Badehosen und Mädchen in bunten Bikinis.

Alle kreischen, alle planschen. Der Lärm hört nie auf. Manchmal brabbelt ein Kollege durchs Walky Talky. Das Auge verliert sich währenddessen in so viel Durcheinander aus blauem Wasser, grauem Beton und nackter Haut. Dem geübten Bademeister geht das natürlich anders. Dutzel erkennt im Gewusel ein Kind, das mit pinken Schwimmflügeln ins Sportbecken springt. Dann sieht er den dazugehörigen Vater. Gesichter merkt sich der Aufseher schnell und erkennt sie auch wieder.

"Als Erstes scannen wir den Beckenrand. Dann schaue ich ein wenig im Zickzack, springe aber auch zu den Situationen wie mit dem Kleinkind. Im Laufe der Jahre bekommt man ein Auge dafür, wie viele Leute wohin schwimmen." So sieht der Bademeister quasi nebenbei, wohin das Mädchen mit den pinken Schwimmflügeln gestrampelt ist — obwohl rundherum zahlreiche andere Kinder und Jugendliche planschen.

"Bei uns sind die Augen immer aufs Becken gerichtet"

"Bei uns im Beruf sind die Augen immer aufs Becken gerichtet." Auch als erfahrener Bademeister ist Dutzel immer noch stets "angespannt", doch das "hält uns wachsam. Man muss sich bewusst sein: Ich bekomme keine Benachrichtigung, wenn jemand untergeht. Ertrinken ist in der Regel lautlos." Passiert ist das dem Erlanger noch nicht, "doch wir hatten schon Reanimationen".

Während einer Schicht läuft Dutzel bis zu 20 Kilometer. Deshalb trägt der Bademeister wasserfeste Turnschuhe, keine Badelatschen. An heißen Tagen trinkt er vier bis fünf Liter, "sonst fällt man um." Gerade die jungen Kollegen unterschätzen das, aber auch viele Badegäste. "Dadurch, dass wir sehr gute Aufsichten haben, die Gefahrensituationen im Regelfall vorher schon abgreifen, passiert zum Glück relativ wenig", sagt Dutzel. Besonders passen die Mitarbeiter auf Kinder auf, "auch weil die Eltern nicht Obacht geben". Ist ein Kleinkind ohne Begleitperson unterwegs, schreiten die Aufseher sofort ein.

Plötzlich rennt er los, ein Mädchen braucht Hilfe am Sprungturm

Einmal rennt Dutzel los, diesmal rennt er wirklich, Richtung Sprungturm. Eine Fünfjährige traut sich nicht, vom Zehn-Meter-Brett zu springen, aber auch nicht, die Leiter wieder herunterzuklettern. Noch ehe der Bademeister seinem Kollegen zu Hilfe kommen konnte, ist das Mädchen vom Fünfer gesprungen. Nichts passiert. Nur Joseph Dutzel schwitzt ein wenig mehr. "Es soll ja schnell gehen. Umso länger das mit dem Mädchen dauert, umso länger ist der Kollege am Sprungturm nur damit beschäftigt und hat seine Augen nicht am Becken."

Wirklich kühler ist es nur im Bademeister-Häuschen zwischen Sport- und Erlebnisbecken. Wasser und Apfelschorle stehen dort bereit, am Nachmittag gibt es Wassermelone und Ananas. Auch an Sonnencreme mangelt es nicht. Sechs Bademeister sind es in der Hochphase, einer kümmert sich nur um den Sprungturm, andere laufen um die Becken herum und passen auf, dass niemand etwas Dummes macht. Der Schichtleiter ist die "mobile Reserve", wenn es Notfälle gibt oder die Mitarbeiter in die Pause gehen.

Tägliche Pflicht, damit auch alle bedenkenlos planschen können: Joseph Dutzel nimmt Wasserproben.

Davor macht er einen Rundgang, auch über die Liegewiesen. "Ich schaue, wo unsere bekannten Jugendlichen liegen", sagt Dutzel. Er will gleich wissen, wo Probleme entstehen könnten, am besten noch bevor sie entstehen. "Man zeigt sich, damit die Jungs wissen, dass sie unter Beobachtung sind." Immer wieder bleibt der Bademeister stehen, um Müll aufzuheben. "Auch das gehört dazu." Bücken, schnell weiterlaufen, herumschauen. Immer wieder. In der prallen Sonne bei gefühlten 45 Grad.

Zur Aufgabe der Schichtleiter gehört auch die Kontrolle der Pumpen. Dazu geht es neben dem Nichtschwimmerbecken ein paar Meter unter die Erde. Es ist immer noch warm, doch zumindest nicht mehr so hell Dutzel legt Hut und Brille auf einem schwarzen Rohr ab. Die Maschinen surren und ersetzen das Kindergeschrei. "Wir hören das schon, ob die Pumpen rund laufen." Etwa zweimal täglich tauschen die Mitarbeiter die Haar- und Fasernfänger aus, einen halben Meter große Siebe, die alles auffangen, was die Gäste so im Wasser lassen. Dutzel muss sie säubern und langt am Ende einfach mit bloßen Händen hinein.

Schon geht es weiter, flotten Schrittes, in den nächsten Keller. Diesmal der große, der an die restlichen Becken angeschlossen ist. Hier ist es zumindest kühler, wenn auch nicht leiser. Auch dort summen riesige Pumpen, mehr als 80 sind es im gesamten Freibad West. Dutzel kontrolliert die wichtigsten, dann überprüft er die 13 Chlor-Flaschen. Auf dem Rückweg trifft er kurz den Leiter der Frühschicht, der nun Feierabend macht.

Der Bademeister hat hier auch selbst Schwimmen gelernt

Er hat um 6 Uhr angefangen, die Becken gesäubert und die Anlagen kontrolliert. "Wir schauen am Morgen auch, ob wir Nachtbader hatten", sagt Dutzel. Das komme öfter vor. "Denen fällt ein, dass sie eine Bank oder Stühle ins Becken werfen müssen." Nach Stürmen sehen sich die Bademeister die Bäume an, ob Äste abgebrochen sind. Wenn nicht viel los ist, pflegen die Mitarbeiter die Grünanlagen. "An heißen Tagen kommen die ersten Badegäste um 6.30 Uhr." Dann beginnt auch schon Aufsicht, dazu nehmen die Angestellten Wasserproben.

Seit 35 Jahren ist Joseph Dutzel schon Bademeister in Erlangen. "Ich bin eine Nebenstraße vom Freibad West entfernt aufgewachsen." Als Kind kannte er "jedes Loch im Zaun", der Nachbarsjunge war der Sohn des ehemaligen Bademeisters. "Ich habe hier schwimmen gelernt", sagt Dutzel. Deshalb genießt er den Job auch, obwohl er anstrengend ist.

"Man muss lärmresistent sein, eine gute Fitness mitbringen, braucht gute Nerven, und wenn ich mit Kindern, Jugendlichen oder Menschen nichts zu tun haben will, dann bin ich hier falsch." Auf den Feierabend am heißesten Tag des Jahres freut sich Dutzel trotzdem. "Wenn wir fertig sind, hüpfe ich mal rein, zum Abkühlen." Das wird gegen 22 Uhr sein. Dann ist Ruhe im Schwimmbad.

Den Live-Blog zur Hitze-Woche finden Sie hier.

Fehlt eine Bademöglichkeit? Dann schicken Sie uns einfach eine E-Mail an redaktion@nordbayern.de und wir ergänzen die Karte!