Unbequeme Denkmale erinnern an Pogrom und Asyl

4.9.2013, 17:27 Uhr

Wer eine virtuelle Zeitreise in die vergangenen Jahrhunderte unternimmt, stellt rasch fest, dass religiöse Stätten nicht nur seelische und geistige Zufluchtsorte darstellten, sondern oft ganz reale. Bereits in der Antike entwickelte sich das so genannte Heiligtumasyl: Floh jemand in einen Tempel, unterstand er dem Schutz der jeweiligen Gottheit und war vor Verfolgern (vorerst) sicher. Wurde gegen dieses Gebot verstoßen, drohten nicht nur göttlicher Zorn, sondern auch weltliche Strafen.

Im Mittelalter waren die Sitten rau und das Leben weit weniger sicher als heute. Der Nürnberger Reichswald bot Räubern ein gutes Versteck und die Handelsstraßen zur Ostsee oder nach Regensburg lukrative Beute.

Hinzu kamen häufige Kriege inklusive marodierender Truppen, welche gerade die Landbevölkerung gerne plünderten und misshandelten. Viele Gotteshäuser wie in Effeltrich oder Kraftshof wurden als richtige Wehrkirchen gebaut, um hinter dicken Mauern und verriegelten Toren Schutz zu bieten.

Auch die Matthäuskirche in Heroldsberg hatte zusätzlich zu den Gottesdiensten diese Schutzfunktion. Bis heute konnten Historiker nicht herausfinden, wann das erste Gotteshaus in Heroldsberg gebaut wurde. Der Ort gehörte zunächst zum Sprengel von Neunkirchen am Sand, das vor 1007 gegründet wurde, bevor sich Heroldsberg zu einer eigenen Pfarrei entwickelte.

Mit Wehrgängen, Vorratskellern, Unterkunftsräumen und Wachtürmen war die Kirche fast wie eine Burg konzipiert. Von der mächtigen Anlage sind heute nur noch Stützmauern erhalten.

Die Reformation prägte auch die Heroldsberger Kirchengeschichte. Ursprünglich hieß St. Matthäus nämlich St. Margaretha und erhielt erst 1525 ihren jetzigen Namen. Nach der Reformation war Heroldsberg für viele Jahrhunderte fast ausschließlich evangelisch.

Die wenigen Katholiken wurden von Kirchröttenbach und ab 1923 von der Nürnberger Martinsgemeinde betreut. 1935 war ihre Zahl auf 200 angewachsen, weshalb eine eigene Kirche errichtet wurde. Erzbischof Jakobus von Hauck weihte sie der heiligen Margaretha und gab dem Bau damit jenen Namen, den lange Zeit die heute evangelische Matthäuskirche getragen hatte.

Geschichte der Verfolgung

Kaum ein Volk der Weltgeschichte war Diskriminierungen und Verfolgungen so ausgesetzt wie die Juden. Der Antisemitismus reicht weit ins Mittelalter zurück und fand in den Massenermordungen der Nazidiktatur seinen schlimmen Höhepunkt.

In Ermreuth entstand die erste Synagoge 1738. Der größere Neubau von 1822 wurde bereits nach zwei Jahren wieder geschlossen. Das Landgericht in Gräfenberg und die Regierung in Bayreuth bemängelten, dass in Ermreuth kein eigener Rabbiner existierte.

Zahlreiche Schreiben waren nötig, bis ein Kompromiss gefunden wurde: Die Ermreuther Juden beteiligten sich am jährlichen Gehalt des Distrikt-Rabbiners in Hagenbach und durften 1825 endlich wieder in die neue Synagoge.

Das benachbarte Schwarzhaupthaus stammt aus dem Jahr 1840. In ihm befand sich einst ein kleiner Laden für Stoffe und Nähzubehör. Ein wesentlich größeres „Kaufhaus“ mit breiterem Sortiment betrieb die Familie in Forth.

Sowohl die Synagoge als auch das Schwarzhaupthaus wurden in der Reichspogromnacht am 9. November 1938 verwüstet. Alma, Adolf und Max Schwarzhaupt wanderten schließlich unter schwierigen Bedingungen in die USA aus, wo sie vor den Nationalsozialisten sicher waren.

Nach mehrjähriger Sanierung wurde die Synagoge 1994 wieder geweiht und dient seitdem als Begegnungsstätte und Museum für jüdische Kultur und Geschichte. Das Schwarzhaupthaus, das vom Verfall bedroht war, hat nun der Erlanger Musiker und Pädagoge Herrmann Stengel gekauft. Er will es innerhalb der nächsten zehn Jahre renovieren, was ihm bereits mit einem weiteren jüdischen Wohnhaus in der Nähe gut gelungen ist.

Das alte Schulhaus in Neunkirchen am Brand wurde im 18. Jahrhundert errichtet. Der Sandsteinbau besteht aus zwei Geschossen und trägt ein Walmdach. An der Südseite befindet sich ein Wappenstein der Künsberger.

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Behutsam saniert

Im 19. Jahrhundert wurde ein Anbau aus verputztem Ziegelstein angefügt. Nach historischem Vorbild wird das Gebäude, in dem die Neunkirchener einst schreiben, lesen und rechnen lernten, momentan saniert.

Am 8. September können die Denkmäler zu folgenden Zeiten besichtigt werden: die Heroldsberger Matthäuskirche um 13, 14, 15, 16 und 17 Uhr (jeweils mit Führung) sowie eine Nachtführung auf den Turm um 22 Uhr, das Schwarzhaupthaus von 10 bis 17 Uhr, die Ermreuther Synagoge von 14 bis 20 Uhr und das alte Schulhaus in Neunkirchen von 11 bis 16 Uhr.

Im Landkreis Erlangen-Höchstadt sind überdies einige Denkmäler in Lonnerstadt zu besichtigen: von 11 bis 17 Uhr das alte Brunnenhaus (von 1743) am Marktplatz, die evangelisch-lutherische Pfarrkirche (ab 14. Jahrhundert) ebenfalls von 11 bis 17 Uhr, die Mühle in der Mühlgasse 39 (erbaut 1695) von 13 bis 17 Uhr.