7-jährige Sarah aus Neunkirchen braucht dringend Hilfe

21.4.2017, 08:00 Uhr

Auch beim zweiten Blick kann man nicht sofort feststellen, dass dieses Mädchen einen Schwerbehindertenausweis mit einem anerkannten Grad der Behinderung von 70 und dem Markenzeichen "H" besitzt. Was Sarah dringend benötigt, darin sind sich alle direkt Beteiligten einig, ist eine Schulbegleitung. Das Problem, warum das behinderte Mädchen diese zusätzliche Hilfe nicht erhält, liegt am Umzug der Eltern vom mittelfränkischen Heroldsberg ins acht Kilometer entfernte oberfränkische Neunkirchen am Brand.

Die siebenjährige Sarah hatte und hat es in ihrem bisherigen Leben nicht leicht, sie ist die Älteste von mittlerweile drei Geschwistern, war ein Wunschkind und kam leider viel zu früh auf die Welt. Von diesem Zeitpunkt an bekamen auch die Eltern viele Sorgen, denn Sarah fehlt ein kleines Stück vom neunten Chromosom; die Ärzte bezeichnen es als "Deletion 9p-24".

Eine Welt bricht zusammen

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Für die Eltern brach eine Welt zusammen, als sie mit der ärztlichen Prognose konfrontiert wurden, dass ihre Tochter vermutlich nie laufen und sprechen und nie ein selbstständiges Leben werde führen könne. Von diesem Zeitpunkt an schöpften die Eltern alle Möglichkeiten aus, um Sarah zu helfen. Schon im Alter von zehn Monaten begannen die Förderungen, es folgten wöchentliche Krankengymnastik-, Ergotherapie-, Logopädie- und Heilpädagogikstunden. Um ihr emotionales Gleichgewicht zu stärken war sie auch in psychotherapeutischer Behandlung. Dass Sarah Hilfe benötigt, belegen zahlreiche ärztliche Atteste vom Universitätsklinikum in Erlangen bis hin zum Kinderarzt.

Selbst das Ministerium für Familie und Soziales stellte Sarah einen Schwerbehindertenausweis mit einem anerkannten Grad der Behinderung von 70 und dem Kennzeichen "H" aus. H für Hilflos bedeutet: "Menschen mit Behinderung, die ständig auf fremde Hilfe angewiesen sind."

Fatale Entscheidung

Dann kam eine Entscheidung der Familie, mit deren Auswirkung sie nicht im Geringsten gerechnet hat. Aus räumlichen Gründen zog Familie K. vom mittelfränkischen Heroldsberg ins oberfränkische Neunkirchen am Brand. Mit diesem Umzug war für Sarah nicht mehr der Bezirk Mittelfranken – sondern der Bezirk Oberfranken zuständig. Als erstes wurden Sarahs Förderstunden im Musikkindergarten Bubenreuth gekürzt und die Eltern sollten entscheiden, in welchem Bereich ihr Kind weniger gefördert werden soll.

Eine weitere schwere Entscheidung war die Wahl der Schule. Die Grundschule Neunkirchen riet ab, sie in ihrem Hause einzuschulen und genehmigte per Bescheid einen Gastschulantrag für Bubenreuth. Nachdem in Bubenreuth eine enge Kooperation zwischen Musikkindergarten und Grundschule besteht und Sarah eine Bindung zu den anderen Kindern bereits aufgebaut hatte, fiel die Wahl auf diese Schule. Die Kindergartenleiterin Christiane Bayer schreibt in ihrem Abschlussbericht: ". . . im Hinblick auf die Entwicklungsschritte, die Sarah noch zu leisten hat, halten wir es für absolut notwendig für einen gelingenden Start in der Grundschule einen Schulbegleiter zur Seite zu stellen".

Unterstützung vom Bürgermeister

Auch die Rektorin der Grundschule Bubenreuth Martina Zippelius-Wimmer und ihre Klasslehrerin Julia Eger begründen in einer ausführlichen Stellungnahme die Notwendigkeit eines Schulbegleiters. Die Schule stellt sich seit neun Jahren der Aufgabe der Inklusion sehr erfolgreich und hat mittlerweile viele Erfahrungen in der inklusiven Beschulung beeinträchtigter Kinder mit und ohne Schulbegleitung gesammelt.

Ob mit oder ohne Schulbegleiter – Sarah wird weiterhin die Grundschule Bubenreuth besuchen dürfen, aber ohne einen Schulbegleiter an der Seite wird sie vermutlich weit unter ihren Möglichkeiten bleiben zu lernen, was sie für ein selbstbestimmtes Leben benötigt.

Auch Bubenreuths Bürgermeister Norbert Stumpf wandte sich mit Unterstützung seines Neunkirchner Kollegen Heinz Richter über das Landratsamt Forchheim an die Regierung und den Bezirk Oberfranken. Die zahlreichen Telefonate und ein umfangreicher Schriftverkehr haben, so der Bubenreuther Bürgermeister, keine positive Entscheidung gebracht.

Ablehnung trotz Widerspruch

Alle Hinweise halfen nicht, der Bezirk Oberfranken lehnte mit einem mehrseitigen Schreiben eine Schulbegleitung trotz Widerspruchs ab. Und das, obwohl auch das Regierungsschreiben feststellt: "Demzufolge liegt bei der Leistungsberechtigten ein sonderpädagogischer Förderbedarf im Bereich Lernen mit Auswirkung auf die sozial-emotionale Entwicklung vor." Alles was sich die Eltern für ihre Tochter wünschen, ist eine Chance auf ein eigenständig bestimmtes Leben, heilbar ist ihre Erkrankung nicht.