Autohändler krankenhausreif geprügelt - Zwei Jahre Haft

3.8.2020, 14:18 Uhr

Die Liebschaft seiner Lebensgefährtin mit einem anderen Mann brachte einen 34-Jährigen ins Gefängnis.  © dpa

Geahnt hat es Viesturs E. (Name geändert) schon länger. Nun sieht er es mit eigenen Augen. Seine Lebensgefährtin hat einen Anderen. Noch dazu einen, der ihr Vater sein könnte. Dabei geben sich die beiden keine Mühe, das Stelldichein zu verheimlichen. Im leeren Autohaus geht es zur Sache. Von außen hat man des Abends durch die verglaste Fassade und Dank der Beleuchtung beste Sicht auf das nicht jugendfreie Geschehen. Schon ist der Chef des Ladens nackt. Seine Gespielin freilich hat ihre Klamotten an – noch. "Ich habe ein bisschen den Verstand verloren," sagt der Angeklagte, der seit drei Jahren in Deutschland lebt.

Dann stürmt Viesturs E. ins Gebäude. Er nutzt das Überraschungsmoment, schubst seine Lebensgefährtin zur Seite und und schlägt seinen Nebenbuhler nieder. Doch bei einem wuchtigen Fausthieb bleibt es nicht. Eine ganze Reihe von Treffern verwandelt das Gesicht des Autohändlers in eine breiige Masse. Die später von der Polizei aufgenommenen Fotos erschreckten nicht nur Richter Michael Herbst und seine Schöffen. Auch der Vertreter der Nebenklage zeigte sich erschüttert. "Er sah darauf aus wie tot." Rechtsanwalt Norbert Schreck aus Erlangen forderte für seinen Mandanten denn auch 20.000 Euro Schmerzensgeld, bekam im Urteil aber nur die Hälfte zugesprochen. Der Gewaltausbruch mit deutlich mehr als zehn Schlägen ist so heftig, dass sich Viesturs E. selbst an den Handknöcheln verletzt.

Gezielt in Unterleib getreten

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Die Gewalt endet auch nicht, als der Besitzer des Autohauses wehrlos am Boden liegt. Mit dem Fuß tritt Viesturs E. gezielt in die Genitalien. "Komm, Du brauchst Hilfe, sonst stirbst Du," sagt der 34-Jährige, der offensichtlich plötzlich vor sich selbst erschrickt. Kurzerhand ruft er den Rettungsdienst, obwohl das der Autoverkäufer verhindern möchte. Schließlich liegt er nicht nur im eigenen Blut, er hat auch noch immer keinen Fetzen Kleidung am Leib. Also zieht Viesturs E. ihm notdürftig Unterhose, Hose und Socken an.

Als die Frau aus Nigeria ihren Lebensgefährten endlich zur Besinnung gebracht hat, da hat der seinem Gegenüber bereits das Nasenbein zertrümmert, den Brustkorb heftig geprellt, eine Kopfplatzwunde zugefügt, die Oberlippe aufgeschlagen, den Kiefer demoliert und einen Zahn abgebrochen. "Eine lebensbedrohliche Behandlung", sagte Staatsanwältin Annette Mahr beim Prozess und konnte sich dabei auf ein rechtsmedizinisches Gutachten der Universität Erlangen-Nürnberg berufen. Sie forderte zweieinhalb Jahre Gefängnis.

Erinnerung gelöscht

Von all dem wusste das Opfer im Zeugenstand nichts mehr. Seine knapp zwei Promille Alkohol im Blut und die massiven Schläge auf den Kopf hatten die Erinnerung gänzlich ausgelöscht. Nur die Vorgeschichte wusste er noch zu erzählen. Wie er die Frau gefragt hatte, ob sie nicht seinen Haushalt besorgen wolle. Wie sich aus dem Putzen eine Sexaffäre ergeben habe. Wie er der dreifachen Mutter im Gegenzug immer wieder einen 50 Euro-Schein zugesteckt hätte. Einmal lieh er ihr sogar 300 Euro für die Verlängerung ihrer Aufenthaltsgenehmigung.

Die junge Frau hatte den arbeitslosen, und wohl auch gegen sie gewalttätigen Viesturs E. gegen den berechnenden, aber wohlhabenden Geschäftsmann eingetauscht. Immer wieder kam sie zum "Kundendienst" in das Autohaus, meistens nachts.

Eine Bewährungsstrafe, wie vom Verteidiger Ralf Kämmer angestrebt, kam nicht zustande. Der Rechtsanwalt hatte pragmatisch argumentiert. Wenn sein Mandant auf freien Fuß käme, dann könne er wieder arbeiten. Das erhöhe die Chancen, dass das Opfer der gefährlichen Körperverletzung sein fünfstelliges Schmerzensgeld bekäme. Freilich wird es damit nicht getan sein. Denn der Geschädigte klagt, dass er nicht mehr richtig durch die Nase atmen kann, er immer wieder Kopfweh bekommt, dass er auf dem linken Auge deutlich schlechter sehe als vor der Attacke.

Dass es dennoch "nur" zwei Jahre wurden, lag auch an der siebenmonatigen Untersuchungshaft in der JVA Bamberg, dem Geständnis des Angeklagten und nur einer kleinen Vorstrafe wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr. Am Ende redete Richter Herbst Viesturs E. ins Gewissen: "Sie müssen hinter Gitter, damit Sie in sich gehen."