Jenseits der Zeit verschwinden Menschen

9.4.2013, 18:08 Uhr

Seltsames passiert da an den keltischen Kultstätten Frankens. Auf der Ehrenbürg mit ihrer Keltensiedlung, an der Burgruine Neideck, am Keltenwall bei Burggaillenreuth, dem Staffelberg oder in der abgelegenen Esperhöhle bei Leutzdorf. Nächtliche Besucher, fantastische Amulette, Verfolgungsjagden mit Nebelwesen und Visionen toter Menschen sorgen für Gänsehaut. Nur der Druidenhain bei Wohlmannsgesees fehlt. „Mit dem habe ich noch einen literarischen Exkurs vor. Ein gemeinsames Buchprojekt mit meinem Mann Stephan“, sagt die Autorin.

Im Mittelpunkt des ersten Elvancor-Teils, der jetzt im Goldmann-Verlag erschienen ist, und dem im Herbst der zweite Teil und Abschluss folgen wird, steht Lena. Das junge Mädchen lebt in Leutzdorf. Vom Gericht zu Sozialstunden im fiktiven Altenheim St. Elisabeth in Gößweinstein verurteilt, lernt sie dort Amelia Winter kennen. Die alte Dame erzählt Unglaubliches von ihrem Geliebten Maredd, von einem fernen Land jenseits der Zeit und zeigt Lena verschlüsselte Bilder, die angeblich den Weg zu einem sagenhaften Schatz weisen sollen.

Gemeinsam mit Amelias Enkel Ragnar beginnt Lena eine Schatzsuche. „Er kommt nicht ohne Grund aus Island, denn dort sind die Mythen noch lebendig.“ Wer Aileen P. Roberts bisheriges Ouevre kennt, wird vieles wiedererkennen. Ausführliche Schilderungen des Reitens, eine Geschichte um Freundschaft und Vertrauen oder das keltische Element, das die Autorin bewusst als Gegenentwurf zur christlichen Botschaft verstanden wissen möchte. „Mit deren Himmel-und-Hölle-Konzept konnte ich nie etwas anfangen“, sagt sie.

Eine ganze Menge skurriler Gestalten, wie aus dem Leben gegriffen, bevölkern die literarische Welt zwischen den Buchdeckeln. Eine Hippie-Oma mit schamanischem Einschlag, ein lautstarker „General“, ein erbschleichender Onkel oder eine kotzbrockige Reitlehrerin.

Für ihr neues Buch hat Aileen P. Roberts viel vor Ort recherchiert. „Das war natürlich einfacher als bei meinen schottischen Werken. Ich bin ja Perfektionistin, und da musste jede Treppenstufe auf der Neideck stimmen, jeder Stein in der Esperhöhle und jeder Weg, den meine Protagonisten im Wald gehen“, erklärt sie.

Insofern fiel der Schriftstellerin die Beschreibung der „realen“ Welt schwerer als die der vollkommen fiktiven Elvancors. Eigentlich hat Roberts mit „Elvancor“ nämlich gar keinen richtigen Fantasy-Roman geschrieben, denn die jenseitige Welt kommt nur in wenigen Sätzen zur Sprache.

Vielmehr hat die Sozialpädagogin das Mystery-Genre bedient, sich sprachlich und inhaltlich von ihren bisherigen Büchern auf eine höhere literarische Ebene hin emanzipiert.

Für ihre Stammleser sicherlich eine Überraschung, wenn auch eine äußerst positive. Dabei begleitet Roberts ihre Figuren mit viel Humor und Situationskomik, feinem Gespür für dialogisches Erzählen und dem scharfen Auge für das Detail durch die rund 450 Seiten. Für einen Fantasy-Roman eine kurze Strecke.

Doch Teil zwei „Elvancor. Das Reich der Schatten“ wird deutlich umfangreicher. „Da habe ich meiner Fantasie völlig freien Lauf gelassen“, verspricht Roberts. Bis zuletzt zweifelt der Leser, ob es Elvancor wirklich gibt. Ob Lena dorthin gelangen kann, und was die geheimnisvollen Nebelwesen der Rodhakan im Schilde führen, der Herbst bringt die Auflösung. Derweil ersinnt Roberts ihre nächste Fantasy-Trilogie: „Leider bleibt mir mit meiner zweijährigen Tochter Mara wenig Zeit zum Schreiben. Ideen habe ich ohne Ende.“

Roberts liest am Donnerstag, 18. April, auf der Bücherinsel in Frauenaurach und am Freitag, 26. April, ist sie zu Gast im Café Lebenslust in Fürth beim literarischen Afternoon Tea.