Katharinenspital: War es ein Unfall oder sogar Mord?

24.5.2017, 06:00 Uhr

Es ist ein mittelalterlicher Kriminalfall, der da auf dem Tisch der Anthropologin Bettina Jungklaus (Berlin) gelandet war. Die Wissenschaftlerin hatte 18 vollständige Skelette untersucht, die unter dem Katharinenspital zum Vorschein gekommen waren. "Sie lagen in nur 60 Zentimeter Tiefe dicht an dicht" und stammten aus dem 14. bis 18. Jahrhundert.

"Es handelte sich hauptsächlich um ältere Frauen, wohl wohlhabende Witwen, die sich für ihren Lebensabend als Pfründnerinnen in die Pflegeeinrichtung eingekauft hatten. Kinderskelette jedenfalls fanden wir erwartungsgemäß nicht." Bei einem der wenigen männlichen Toten zeigten sich aber Spuren einer Gewalttat.

Es handelte sich um einen jungen Mann zwischen 20 und 25 Jahren, dem durch eine Hiebverletzung auf fünf Zentimeter Länge der Schädel gespalten worden war. "Wohl von einem Schwert oder einer Axt, vielleicht im Kampf", mutmaßte Jungklaus. Jedenfalls ist der Verwundete nicht an dem sehenswerten Loch im Kopf gestorben, denn die knöcherne Schädeldecke begann sich bereits wieder zu schließen. Ob es sich dabei um einen Unfall oder einen Angriff gehandelt hat, der die Schädeldecke eingedrückt hatte, lässt sich ohne weitere schriftliche Quellen wohl nicht mehr aufklären.

Werbung
Werbung

Immerhin scheint es den Insassen des Katharinenspitals, das keine medizinische Einrichtung zur Heilung Kranker war, trotz ihres privilegierten Status nicht besonders gut gegangen zu sein. Etliche litten unter schweren Degenerationen der Wirbelsäule, an chronischen Nebenhöhlenentzündungen und einem geschwächten Immunsystem. "Es war eine feuchtkalte Umgebung, die nur schlecht geheizt zu sein schien."

Einen Überblick über die immer noch laufenden Ausgrabungen auf der Baustelle des Katharinenspitals gab Johanna Aas vom "ReVE Büro für Archäologie" in Bamberg. "Wir sind vier Meter tief in den Erdboden vorgedrungen und konnten dabei nicht nur bis in die Anfänge des Bürgerspitals vorstoßen." Das Gelände, das immer wieder neu überbaut wurde, verbirgt viele Gebäudereste wie einen vollständig erhaltenen, freilich verrußten Fußboden aus dem 16. Jahrhundert, einen Ziegelbruch-Fußboden, der wohl im 14. Jahrhundert Teil einer Außenanlage war und ein auf das 13. Jahrhundert datiertes Kellergewölbe.  Das Katharinenspital hatte, unmittelbar vor dem Bamberger Tor und damit außerhalb der mittelalterlichen Stadtmauer gelegen, ab 1327 einen kleinen Mühlbetrieb. An einem künstlichen Wiesentarm gelegen, versorgte man sich selbst und andere Einwohner Forchheims mit Mehl.

Besonders die Uferregion an der Wiesent, die vor dem Bau einer Befestigung immer wieder überschwemmt wurde, hat es den Archäologen angetan. Hier stießen sie auf eine zum Fluss hinabführende Treppe, Holzfundamente, die zu einem Laufweg gehören könnten und auf eine Kuhle, in der sich das Auflager für den Mühlstein befand. "Wir sind von der langen Besiedelungsgeschichte, die sich da auftut, sehr begeistert", sagte Johanna Aas.