Verdrängt Corona die Grippe Landkreis Forchheim?

17.2.2021, 09:47 Uhr

Seit einem Jahr ist nur noch von Corona die Rede. Dabei ist eigentlich Grippezeit. Doch in der aktuellen Saison sei noch keine einzige Grippeerkrankung beim Gesundheitsamt gemeldet, erklärt Pressesprecherin Kathrin Schürr.

"Man hat das Gefühl, dass die Grippe runterfällt", sagt Thomas Fiermann, Allgemeinmediziner von der Praxis Fiermann und Eller aus Heroldsbach. Doch das tut sie natürlich nicht. Das Influenzavirus ist nach wie vor vorhanden und zur Aktivität bereit, aber dass im Gegensatz zu den Vorjahren nur wenige oder wie im Landkreis Forchheim bislang niemand daran erkrankte, hat mehrere Gründe.

Ein Grund ist "coronabedingt"

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Einer davon ist sozusagen "coronabedingt". "Es sind die Maßnahmen – Maske, Abstand und Hygiene –, was zur Verhinderung von Infektionskrankheiten hilft", erklärt Fiermann. Ansteckend und gefährlich ist die Grippe durchaus, gibt es doch Studien, die von Todesfällen im fünfstelligen Bereich durch Folgen der Grippe berichten. Eine Studie hat auch die Barmer Ersatzkrankenkasse erstellen lassen und bestätigt damit die Beobachtungen der Mediziner und des Gesundheitsamts: "Die Grippe spielt zu Beginn dieses Jahres bisher eine sehr geringe Rolle. Die Abstands- und Hygieneregeln zum Schutz vor Corona senken offensichtlich auch das Influenzarisiko", sagt Professorin Claudia Wöhler, die Landesgeschäftsführerin der Barmer in Bayern. 

Die Zahl der Krankschreibungen wegen Grippe habe sich halbiert, stellten sowohl die Krankenkasse als auch das Robert-Koch-Institut fest. Bislang. Denn vorbei ist die Grippewelle noch nicht. "Letztes Jahr begann die Grippewelle erst Ende Januar, Anfang Februar", erinnert sich Allgemeinmediziner Thomas Fiermann. Ein weiterer Grund, dass gerade im Landkreis Forchheim bisher kein Influenzainfizierter gemeldet ist, lässt sich auf den durch Fiermann initiierten bayernweit ersten Impftag zurückführen. Dieser war ein Erfolg. "Ein Drittel mehr als sonst haben sich impfen lassen", bestätigt Fiermann.

Hochdosis-Impfstoff entwickelt

Das helfe natürlich zusätzlich. Nur vor einigen Jahren sei der Impfstoff nicht ausreichend gewesen, weshalb jetzt immer der Vierfachimpfstoff verabreicht werde. Sogar ein Hochdosis-Impfstoff wurde entwickelt, den alle ab 65 Jahren verabreicht bekommen. "Damit sollen speziell die Älteren besser geschützt werden", sagt Fiermann.

Allerdings ist dieser hochdosierte Impfstoff erst für die nächste Saison erhältlich. Da die Grippewelle trotzdem noch kommen kann, mache es durchaus noch Sinn, sich gegen Influenza impfen zu lassen. "Vereinzelt gibt es noch Impfstoffe", weiß Fiermann. In seiner Praxis jedenfalls sind noch einige Dosen vorhanden.

Ende Februar macht eine Impfung weniger Sinn

Ende Februar, sobald es wärmer werde, mache eine Impfung gegen das thermisch instabile Virus weniger Sinn. Damit erklärt Fiermann zugleich, warum die Grippewelle in der kalten Jahreszeit richtig zuschlägt. Ebenso Corona, wie der absinkende Verlauf im vergangenen Sommer zeigte.

Über Corona gibt es noch zu wenig Erfahrungen und Studien, doch möglich wäre durchaus, dass ähnlich wie bei der Grippe jährlich geimpft werden müsste. Schon wegen der verschiedenen Virenstämme. Kann es denn sein, dass es nur deshalb keine Grippekranken mehr gibt, weil alle nur noch auf Corona getestet werden?

Dass die Grippeerkrankungen durchrutschen, auch das wäre möglich: "Das kann sein, da es zwei unterschiedliche Tests sind, die meist nicht beide durchgeführt werden", erklärt die Pressestelle des Landratsamts. "Wir haben einige parallel getestet", sagt Fiermann für seine Praxis. Das Ergebnis: Influenza negativ.

AHA-Regeln auch nach der Corona-Pandemie?

Was wiederum auf die Impfung und die AHA-Regeln zurückgeführt werden kann. Im Umkehrschluss würde das für ein Einhalten dieser Maßnahmen und somit für ein Beibehalten auch nach der Corona-Pandemie sprechen: "Während der Grippesaison gehört in Asien die Maske zum guten Ton. Es drückt Respekt dem anderen gegenüber aus", sagt Fiermann. 

Auch das Gesundheitsamt spricht sich aus infektiologischer Sicht zur Eindämmung von Atemwegserkrankungen für ein Beibehalten der Abstands- und Hygieneregeln und der Kontaktbeschränkungen aus: "Zu berücksichtigen sind jedoch auch negative Folgeerscheinungen der Maßnahmen, wie die Einschränkung des sozialen Lebens", sagt Schürr.

"Impfstoff bietet keinen 100-prozentigen Schutz"

Abstand, Maske und Hygiene helfen nicht nur den anderen, man schützt auch sich selbst. Nicht nur vor der Grippe. Der Mediziner Thomas Fiermann hat von vielen Eltern berichtet bekommen, dass die Kinder gesünder sind als in den Vorjahren: weniger Schnupfen oder Magen-Darm-Infekte. Sicher tragen auch die Kontaktbeschränkungen dazu bei, doch vor allem die einfachen Vorsichtsmaßnahmen.

Der wichtigste Schutz bleibe die Impfung. Doch: "Obwohl man versucht, den Influenza-Impfstoff jedes Jahr an die wichtigsten aktuell grassierenden Influenzaviren anzupassen, bietet er keinen 100-prozentigen Schutz. Insbesondere, weil bei chronisch Kranken und älteren Menschen die Immunabwehr geschwächt sein kann, bleibt es sehr wichtig, die Virusausbreitung durch Einhaltung der AHA-Regeln zu verhindern", teilt die Barmer Krankenkasse mit.