Biber ist auch im Landkreis ein günstiger Baumeister

25.11.2017, 21:00 Uhr

Wie oft begegnen Sie einem Biber, Herr Scharf?

Stephan Scharf: Sehr selten. Der Biber ist scheu und meist nachtaktiv. An manchem Bau habe ich die Bewohner noch nie gesehen.

 

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Im Hauptberuf arbeiten Sie bei der Polizei. Wie wurden Sie zum Biberberater?

Scharf: Das Ehrenamt im Auftrag der Unteren Naturschutzbehörde beim Landratsamt tangiert in manchen Bereichen meine berufliche Tätigkeit. Auf meinem Schreibtisch landen unter anderem Umweltdelikte, Vergehen gegen das Naturschutzgesetz und eben auch Vorfälle, die im Zusammenhang mit dem Biber stehen. So hat das Landratsamt bei mir angefragt, ob ich als Biberberater zur Verfügung stünde. Wobei die Bezeichnung etwas irreführend ist: Ich berate schließlich nicht den Biber, sondern versuche, zwischen den Ansprüchen unserer Bürger und denen des Bibers zu vermitteln.

 

Wie viele Biber leben im Bereich Stein, Oberasbach und Zirndorf?

Scharf: Es gibt acht Baue. Maximal sechs Tiere, Elterntiere mit Nachwuchs, leben in einem Bau. Das wären rein mathematisch 48, aber ich gehe davon aus, dass es in meinem Betreuungsgebiet zirka 30 bis 35 Tiere sind, da manche Baue nämlich noch nicht so lange existieren.

 

Werden es jährlich mehr Nager?

Scharf: Nein, denn das reguliert die Natur selbst. Wenn die jungen Biber erwachsen geworden sind, vergrämen die Alten sie. Die Jungen müssen sich ein neues Revier – ein bis eineinhalb Kilometer Länge eines Fließgewässers – suchen. Da im Landkreis Fürth alle, selbst sehr kleine Bäche besetzt sind, müssen die Tiere in andere Richtungen auswandern. Dabei kommt es immer wieder zu Revierkämpfen, die zumeist die jüngeren und unerfahrenen Tiere nicht gewinnen. Gelegentlich werden die Biber auf Suche nach einem neuen Lebensraum auch von Autos überfahren. Das betrifft im Landkreis zirka sechs bis acht Tiere pro Jahr.

 

Bei welchen Konflikten müssen Sie am häufigsten eingreifen?

Scharf: Der Biber kann vor allem Landwirten erhebliche Probleme bereiten. Das beginnt damit, dass er Obstbäume annagt und schließlich fällt. Wenn Obstbäume gewerblich genutzt wurden, dann bekommt der Eigentümer einen Ausgleich, Privatleute gehen leer aus. Doch ich bemühe mich immer wieder darum, dass allen Betroffenen geholfen wird.

 

Angenagte Bäume sind sicherlich nicht das einzige Problem.

Scharf: Nein, auch die Überflutungen, die der Biber durch seine Dammbauten auf landwirtschaftlichen Flächen auslöst, sind des Öfteren Thema.

Die Tiere genießen den höchsten Schutz. Dürfen Sie überhaupt eingreifen?

Scharf: Ein Eingriff in einen Biberdamm ist nur möglich, wenn beispielsweise die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet sind. Wenn wegen des Damms beispielsweise eine Straße überflutet werden könnte, dann kann er, wenn die Untere Naturschutzbehörde es genehmigt, teils abgetragen werden. Oder wenn der Biber einen Wasserdurchlass verstopft, dann muss der eben regelmäßig freigeräumt werden. Für städtische Bauhofmitarbeiter ist das ein hoher Aufwand.

 

Zieht der Biber dann um?

Scharf: Im Regelfall nicht. Oft verlegt er seine Aktivitäten in einen anderen Bachabschnitt. Es genügt ihm eine Wassertiefe von 60 Zentimetern, um in den unterirdischen Eingang seines Baus zu gelangen. Die Höhe des Staudamms bemisst sich daran. An der Rednitz gibt es daher auch kaum Probleme mit dem Biber, denn sie ist sowieso über 60 Zentimeter tief. An kleinen Gewässern, wie dem Asbach oder dem Grundbach im Gutzberger Tal, ist das nicht ganz so einfach.

 

Immer wieder höhlen die Biber durch ihre Aktivitäten Uferränder aus. Kommen dazu Klagen bei Ihnen an?

Scharf: Ja, für Landwirte mit schweren Traktoren ist das nicht ungefährlich, denn sie können einbrechen. Ich bin deshalb dafür, Ränder von der Nutzung freizuhalten, also freiwillig Uferschutzstreifen anzulegen.

 

Wie ist denn die Stimmung unter den Landwirten gegenüber den geschützten Tieren?

Scharf: Klar, es gibt immer die, die sagen, die Tiere müssen weg. Aber andere erkennen, dass die Biber durchaus nützlich sind.

Inwiefern nützlich?

Scharf: Der Biber ist ein günstiger Baumeister. In überschwemmten Flächen siedeln sich andere Tierarten, wie Libellen, an. Auch für den Eisvogel ist es gut, wenn die Böschungen teils aufbrechen, denn er findet dort Nistgelegenheiten. Durch die Biber-Bauwerke bekommen Gewässer eine langsamere Fließgeschwindigkeit, und der Grundwasserspiegel steigt. So kann unter Umständen der Ertrag einer Futterwiese in den Sommermonaten gesteigert werden. Natürlich dürfen die Flächen aber nicht versumpfen und damit wirtschaftlich unbrauchbar werden.

Welche Tipps können Sie als Fürsprecher für den Biber noch geben?

Scharf: Überall dort, wo der Biber Bäume gefällt oder Äste abgenagt hat, sollte man sie liegen lassen, soweit sie keine Gefahr darstellen. Denn im Winter ernähren sich die Tiere ausschließlich von Rinde. So haben sie gleich ihren Vorrat und müssen nicht neue Bäume annagen. Ganz wichtig: keinesfalls einen Biberdamm betreten. Das ist nicht nur verboten, denn die Tiere dürfen nicht beunruhigt werden, es ist zudem gefährlich. Niemand kann dem Damm ansehen, wie stabil er ist und ob er nicht einbricht.