Cadolzburgs Felsenkeller: Vom Bierlager zum Lazarett

24.1.2018, 11:00 Uhr

Einmal im Jahr, zum traditionellen Milchhausfest, werden die Flügeltüren des Felsenkellers geöffnet. Der Verein zur Erhaltung der Banderbacher Verwerfung richtet die Feier aus und kühlt dann im feuchten Dunkel die Getränke. Ansonsten dämmert der gut 120 Meter lange Gang unbemerkt vor sich hin. Das soll sich ändern. Die Marktgemeinde investiert rund 6000 Euro, um den verborgenen Schacht einem größeren Publikum zeigen zu können.

Schrecklich für die Menschen

"Der Felsenkeller ist nicht nur Zeuge längst vergangener Zeiten, in ihm wurde auch richtig Zeitgeschichte geschrieben", meint Marktbaumeister Herbert Bloß, der mit gleißend hellem Scheinwerferlicht in die Dunkelheit führt. Im 19. Jahrhundert von der Brauerei "Zum grauen Wolf" als Bier- und Eislagerstätte genutzt, überraschen die Ausmaße des Kellergangs. Gut mannshoch ist er, an manchen Stellen über vier Meter breit und am Ende des Tunnels kein Licht, sondern ein etwa 50 Quadratmeter großer Raum. Während des Zweiten Weltkriegs sei er als Notlazarett genutzt worden, berichtet Bloß und merkt an, wie unbehaglich es für Verletzte und Kranke darin gewesen sein muss. Die Raumtemperatur liegt konstant zwischen fünf und zehn Grad Celsius – gut fürs Bier, unangenehm für Menschen.

Werbung
Werbung

Während Bloß davon erzählt, dass im Felsenkeller während des Krieges sogar Brot gebacken wurde, erinnert sich der heute 78-jährige Hans Fleischmann vor allem an das Klamme, an die schlechte Luft und die Dunkelheit. Der Senior, der sich selbst als Cadolzburger Urgestein beschreibt, suchte hier mit seiner Mutter während der Fliegerangriffe Schutz. "Cadolzburg selbst war ja nicht das erklärte Ziel, sondern Nürnberg", erinnert er sich. Doch auf dem Weg dorthin hätte so mancher Bomberpilot seine gefährliche Fracht auch über dem Marktflecken abwerfen können.

Sechs Jahre war Fleischmann Anfang 1945 alt – ein Kind, das mit ungläubigen Augen ansehen musste, wie die Menschen im Keller vor Angst erstarrten, sobald sie die Motorengeräusche der Bomber vernahmen. Oft mussten sie Stunden ausharren und blickten stumm und doch voll Panik in die Kerzenflammen. Es graute die Menschen nicht nur vor den Bomben, sondern viel mehr noch vor Sauerstoffmangel und dem Erstickungstod. Nicht zuletzt zeigt eine verbliebene Stahlwange im Eingangsbereich, dass der Keller auch mit einer massiven Tür gegen einen Giftgasangriff geschützt worden war.

Weitaus angenehmer war die ursprüngliche Nutzung des Raumes. Hans Werner Kress, früher der Leiter des Heimathauses, beklagt jedoch, dass nur wenig zum Felsenkeller überliefert wurde. "Die erste urkundliche Erwähnung stammt aus dem Jahr 1809", weiß Kress, vermutet aber ein weitaus höheres Alter. Zwei im Keller gefundene Inschriften stammen aus der Mitte des 19. Jahrhunderts und wurden wohl von den Maurern bei Erweiterungsarbeiten in den Sandstein geritzt. Flohr und Nitzel hießen die beiden.

Der Cadolzburger Felsenkeller ist noch immer einem stetigen Wandel unterworfen, durch Verwitterung. Entsprechend sind heute die meisten Zugänge vom Marktplatz verschüttet, Eiskeller und Lüftungsschächte dicht. Der Sandstein ist von Tonschichten durchzogen, aus den Wänden sickern sogenannte Mikroquellen, die eine Zisterne am Eingang des Kellers speisen.

Brauer als Vorbild

Wasser und Stein sind die besten Voraussetzungen für niedrige Umgebungstemperaturen", erklärt Bloß. Deshalb steht auch das Milchhäuschen in unmittelbarer Nähe des Kellers. Die Bauern aus dem Altort, vom Marktplatz, aus Schul- und Hafnersgartenstraße machten es den Brauern nach und nutzten den Ort, um ihre wertvollste Flüssigkeit, die Milch, zu kühlen.

Warum der 1865 beim Felsengang neu angelegte Brunnen "Panschersbrünnla" heißt, kann jeder selbst auf einer bunt bebilderten Tafel nachlesen. Wer es sich erzählen lassen will, wartet das nächste Jahr ab, bis im Felsenkeller, der 2016 in die Denkmalliste des Marktes Cadolzburg aufgenommen wurde, erste Führungen stattfinden werden.

Und vielleicht teilen sich die Besucher dann den Keller mit Gästen, die sehnlichst erwartet werden. Das Denkmal Felsenkeller soll auch Heimat für Fledermäuse werden.