Fürther Bahn-Bastler mit Leidenschaft

3.10.2015, 21:00 Uhr

Die Unterführung wirkt vertraut. Tausende Fahrzeug zwängen sich jeden Tag unter den Gleisen in der Schwabacher Straße hindurch. „Comödie Fürth“ steht mit weißer Schrift auf blauem Grund. Dennoch wirkt die Szenerie künstlich – was sie auch ist. Die Brücke gehört zur Modellbahnanlage des Fürther Eisenbahnclubs.

Seit fast 30 Jahren basteln die Zugfreunde in mühevoller Handarbeit an einer Miniaturwelt. Autos stehen auf der Straße, Menschen sitzen im Biergarten. Nur die Lokomotiven und Waggons bewegen sich — alles im Maßstab 1:160. Einer der Schöpfer und Ideengeber ist Dieter Ludwig. Im wirklichen Leben verkauft der 58-Jährige Heizungen. In seiner Freizeit plant und baut der zweite Vereinsvorsitzende Modelllandschaften und haucht ihnen Leben ein.

„Die erste Idee entsteht am Computer“, sagt Ludwig. Wo soll ein Berg entstehen, wo befinden sich die Gebäude, welchen Weg nehmen die Züge? Auch wenn auf manchen Häusern Fürth steht, hat das Modell wenig mit der Kleeblattstadt zu tun. Nur ein paar Elemente, wie die markante Brücke, sind dem Original nachempfunden. Der Rest sei Spinnerei — eine Grundvoraussetzung für die Modellbauer, scherzt Ludwig.

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Sie lieben die Detailtreue, auch ihre Modelle sollen deshalb möglichst echt wirken. Etwa der fränkische Biergarten: Neben einem kleinen Brunnen und einer Blaskapelle mit echter Musik stechen die filigranen Bierkrüge hervor. Um sie zu schaffen, bewegt ein Bastler mit ruhiger Hand einen heißen Kunststofffaden im Kreis. Langsam wächst das Gefäß in die Höhe, am Ende kommt mit einer Pinzette noch ein dünner Metalldraht als Henkel dran. Präzisionsarbeit im Maßstab 1:160 — einschließlich Schaumkrone.

Doch die Bastler lassen nicht nur ihrer Fantasie freien Lauf, manchmal kramen sie vor dem Bau einer Anlage auch in staubigen Archivschubladen oder wälzen dicke Bildbände im DB Museum. Etwa für das Diorama der ersten deutschen Eisenbahnstrecke zwischen Fürth und Nürnberg, auf der 1835 der „Adler“ schnaubte. In der Miniaturwelt, 87 Mal kleiner als das Original, tragen die Passagiere sogar typische Kleidung dieser Zeit.

Impuls für die Gründung

Was löste bei Ludwig die Faszination für die Eisenbahn aus? „Als ich drei Jahre alt war, stand an der Freiheit ein Nachbau des Adlers“, erzählt er. 1960 war das, zur 125-Jahr-Feier der legendären Fahrt – „und seitdem lässt mich dieses Thema einfach nicht mehr los.“

Der Adler gab schließlich auch den Anstoß zur Vereinsgründung. Um an die Pioniertat zu erinnern, schlossen sich die Modellbahn-Enthusiasten bereits 1984 zusammen, ein Jahr vor dem 150. Adler-Jubiläum. Die Anlagen stehen im Vereinsheim in Dambach, für den Transport zu Ausstellungen können sie im Handumdrehen zerlegt werden. „Im vergangenen Jahr waren wir in Dortmund und in Österreich“, berichtet Ludwig. Die Modellstadt misst 270 Quadratmeter und besteht aus einzelnen Modulen.

Schwieriger ist das Zusammenbauen. „Zwischen den einzelnen Feldern müssen wir Verbindungsgleise verlegen“, erläutert Ludwig. Die meiste Arbeit bereitet das Einsetzen der Züge. Sie werden auf der Strecke platziert, ein Computerprogramm legt den Fahrweg fest und stellt die 150 Weichen. „Wir beschleunigen und bremsen die bis zu 60 Züge noch von Hand“, sagt Ludwig stolz. Inzwischen gebe es zwar Anlagen, die alles vollautomatisch regeln. Ludwig aber winkt ab: Davon hält der Purist rein gar nichts. Damit in der Modellwelt alles rund läuft, brauche es sowieso mindestens sechs Mann, die im Notfall einen Zug wieder aufs Gleis setzen.

Auf dem Papier hat der Verein zwar 40 Mitglieder. „Der harte Kern aber besteht aus etwa zehn Personen“, sagt Schriftführer Wolfgang Wilcke. Um ihr Werk auch heimischem Publikum zu präsentieren, organisiert der Club an diesem Wochenende die erste Fürther Modellbahn-Convention. Mehrere Vereine aus der Region zeigen, was sie zu bieten haben, außerdem gibt es eine Teilebörse.

Der Adler ist dann ebenfalls wieder am Start — als Nachbau auf Gummirädern. Er bringt am Samstag die Besucher vom Hauptbahnhof zur Ausstellung. Allerdings fährt er von der Südseite ab, denn sein Schornstein ist zu hoch und passt nicht durch die Unterführung an der Schwabacher Straße. Im Modell wäre dieses Problem schnell behoben – doch die Realität hat nun mal andere Maßstäbe. . .

Die Modellbahn-Convention findet  noch am Sonntag von 9 bis 17 Uhr im Busdepot der infra, Humbserstraße 21, statt. Mehr Information gibt es im Internet unter www.fec-fürth.de