Langenzenn: Lebkuchen sind hier noch Handarbeit

20.12.2017, 11:00 Uhr

Großbäckereien gibt es unzählige im Landkreis. Die gemütliche Backstube in der Langenzenner Friedrich-Ebert-Straße zählt dagegen zu einer raren Spezies, nämlich den letzten 13 Handwerksbackbetrieben in der Region. "Ein Armutszeugnis", bedauert Bäcker- und Konditormeister Michael Körber. "Da geht etwas verloren, das unwiederbringlich ist. Erst wenn es weg ist, werden die Leute merken, was fehlt."

Die Initiative "Gutes aus dem Fürther Land" will deshalb auf die Schätze im Fürther Land aufmerksam machen, so Landrat Matthias Dießl. Mit Langenzenns Bürgermeister Jürgen Habel, dem Geschäftsführer der Kreis-Handwerkerschaft Thomas Mörtel und weiteren Gästen warf er einen Blick hinter die Kulissen der Weihnachtsbäckerei.

Dem 49-jährigen Körber wurde das Handwerk in die Wiege gelegt, bereits der Ururgroßvater stand hier hinter dem Backblech. Seit seinem 15. Lebensjahr arbeitet er im Betrieb, das Bäckersein ist für ihn mehr Berufung als Beruf. Das Desinteresse der Deutschen an guten Lebensmitteln kann Körber nicht nachvollziehen. "In Ländern wie Frankreich, Spanien und Rumänien haben Lebensmittel einen viel höheren Stellenwert. In Deutschland achtet man darauf, dass das Auto gutes Öl hat, aber der eigene Motor wird vernachlässigt."

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Mit traditionellen Unikaten will sich der Alt-Langenzenner von industriellen Massenprodukten absetzen. Ein besonderes Schmankerl: sein echtes Holzofenbrot aus dunkelstem Roggen. Mit der Bezeichnung "Holzofenbrot" werben viele, meint Körber, oftmals fälschlich. "Der Feuerraum muss auch der Backraum sein. Das ist oft nicht der Fall."

Sauerteig, Wasser, Salz, Mehl und Hefe werden zu kopfgroßen Laiben geformt und ungefähr 40 Minuten lang bei 300 Grad in einem SchamottSteinofen gebacken, der nach Körbers eigenen Vorstellungen gebaut wurde. Der Experte empfiehlt, das Brot nicht frisch zu genießen, sondern es einen Tag lang ruhen zu lassen, damit das Aroma gut durchzieht.

Während die knusprigen Laibe ganzjährig angeboten werden, zaubert Körber zur Weihnachtssaison besondere Naschereien. Für die traditionellen Springerle kommt sogar überregionale Kundschaft angereist. Die detailreichen Bildgebäcke werden häufig als Christbaumschmuck verwendet. Geformt aus teilweise jahrhundertealten Holzmodeln, wird der dreidimensionale Wasserzuckerteig bei 150 Grad gebacken, mit Gummi Arabicum verfestigt und anschließend aufwendig mit Lebensmittelfarbe verziert. Im Volksmund werden die Kunstwerke auch Zuckerreiter und -docken (mittelalterlich für Mädchen) genannt, da sie häufig elegante Ritter und hübsche Mägde abbilden.

Das unumstritten beliebteste Weihnachtsgebäck sind jedoch die Lebkuchen. "Augenmaß und Handgewicht sind des Bäckers erste Pflicht", meint Körber mit Blick auf den handgequirlten Teig schmunzelnd. Ob roher Honig verwendet wird und welche Nüsse den besten Nachgeschmack liefern, unterscheidet sich von Stube zu Stube: "Jeder Bäcker hat da seine eigene Philosophie", weiß er.

Nicht nur das duftende Backwerk macht Lust auf besinnliche Weihnachtstage, auch die ruhige Atmosphäre im Betrieb. Während Körber den Zuckerteig sorgfältig in Hohlformen presst, schokoliert der 18-jährige Geselle Thomas Schröder sternförmige Plätzchen, Bäckermeister Kevin Böhm (29) knetet Lebkuchenteig. Sie alle brennen für den Handwerksberuf. "Hier sehe ich, was ich gemacht habe", bemerkt Thomas, Kevin schließt sich an: "Mir sagt der kleine Betrieb mehr zu, weil man hier alles macht, von Lebkuchen und Pralinen bis zu Brot und Semmeln."

Bäckersein, betont Körber, verlangt sehr viel Kreativität und Intellekt. Während zur Jahrhundertwende Lebküchner, Konditor, Zuckermeister und Bäcker verschiedene Professionen waren, haben sich die Fachgebiete im Kleinbetrieb mittlerweile vermengt. Zudem könne man sich hier immer wieder auf verschiedene Kundenwünsche einlassen. "Erst kürzliche wollte jemand essbare Blüten auf seiner Torte. Das macht den Bäckerberuf spannend."