Nach 34 Jahren: Langenzenns Förster geht in den Ruhestand

13.3.2021, 16:00 Uhr

Vorab will er nicht zu viel versprechen. Doch der Baum, den Raymund Filmer zu seinem Abschied zeigt, ist imposant: Eine mächtige, über 40 Meter hohe Kiefer, etwa 65 Zentimeter Stammdurchmesser, sein Lieblingsbaum. Er steht im Spitalwald bei Laubendorf.

Vor zwei Jahren färbten sich die Nadeln in der Krone gelb. Fällen oder bewahren, das war die Frage. Filmer entschied sich, den 160 Jahre alten Riesen, der 1990 auch Sturm Wiebke überlebte, stehen zu lassen. Er hat sich erholt.

Für Filmer ein gutes Beispiel dafür, dass man dem Wald seine Zeit lassen muss, schnell geht hier gar nichts. "Allerdings richtet sich in Zeiten extremer Trockenheit, Hitze und Schädlingsbefall auch nichts von selbst", sagt Peter Pröbstle, der 15 Jahre lang als Forstdirektor mit Filmer zusammenarbeitete.

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Pröbstle ist mittlerweile als Chef zur Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft in Freising gewechselt, hat sich aber frei genommen, um Filmer in den Ruhestand zu verabschieden.

Filmer hat die Wälder im Landkreisnorden und ihre Besitzer 34 Jahre lang begleitet. Nun verabschiedete er sich von seinem Posten als Langenzenner Revierleiter. Um Filmer trotz Corona auch öffentlich zu würdigen, lud sein Chef Moritz Bergen, Forst-Abteilungsleiter des Fürther Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, zu einer Rundfahrt durchs Revier ein.

"Filmer", scherzte Bergen, "ist ein Auslaufmodell." So standorttreu wie er seien die jungen Kollegen nicht. Doch das schuf viel Vertrauen, Filmer war als Ansprechpartner geschätzt. Unvergessen ist im Amt der Vorfall, als sich ein Waldbauer mit einem Hunderter erkenntlich zeigen wollte für die profunde Beratung. Filmer schickte das Geld mit Dankesworten zurück.

Von Köln nach Langenzenn

Übers Studium in Weihenstephan kam der gebürtige Kölner nach Bayern, nach Stationen in Feucht, Heideck und Schwabach wurde er Revierleiter Langenzenns und in Wendsdorf bei Großhabersdorf ansässig. Dort "heiratete" er in einen neun Hektar großen Waldbestand ein. Der diente ihm auch als Versuchsfläche. "Ich bin also keiner, der Wasser predigt und Wein trinkt", meint Filmer.

Der Spitalwald bei Langenzenn ist insoweit exemplarisch für Filmers Wirken, weil hier jeden Herbst der von ihm 2011 ins Leben gerufene Walderlebnistag stattfindet. Bis zu 500 Kinder erkunden dabei den Wald. Vier Kilometer östlich, in der Hard über Alitzberg, organisiert Filmer jedes Schuljahr "Wald live" für Langenzenns Fünftklässler: Alle paar Wochen gehen die Kinder mit dem Förster in den Wald, um ihn im Jahreswechsel zu verfolgen.



Filmers Name ist eng mit dem Fach Waldpädagogik verbunden, ein Engagement, das er beibehalten will und damit begründet, "dass ich vielleicht selbst auch noch ein bisschen Kind geblieben bin". In einem bayernweiten Arbeitskreis hat er Anfang der neunziger Jahre einen dicken Ordner zur Waldpädagogik mitverfasst, der inzwischen in 20 Sprachen übersetzt ist und Anleitungen für die Praxis mit Kindern gibt, um die Entscheidungsträger von morgen fürs Thema Wald zu sensibilisieren.

Vom Kiefern- zum Mischwald umgebaut

Die Kultur oberhalb von Alitzberg ist Filmers Vorzeigewald: Bis Sommersturm Lea 1992 wütete, standen hier hauptsächlich Kiefern. Heute ist er zu einem Mischwald umgebaut. Moritz Bergen zählt zig Baum-Arten auf: Eiche, Linde, Hainbuche, Ahorn, Pappel, Birke und auch die Kiefer finden sich hier. Ganz gemäß Filmers Credo "Wer streut, rutscht nicht." Sprich: Vielfalt ist der beste Garant, der Unsicherheit, die der Klimawandel mit sich bringt, zu trotzen.

Vergangenes Jahr hat sich Filmer die Zeit genommen, etwa jede zehnte Kultur, deren Werdegang er im Lauf der Zeit begleitet hat, noch einmal aufzusuchen. Sein Resümee: "Sie haben sich ganz gut entwickelt." Vielleicht stünden sie etwas zu dicht. Waldbauern täten sich mitunter schwer, auszulichten.

Doch das und die gezielte Pflege brauche es, um den Wald zu bewahren. "Wenn die Besitzer da mitmachen, geht es mit dem Wald gut weiter", sagt Filmer optimistisch. Hoffnung macht ihm auch eine junge Generation, die sich bewusst ein Waldstück kauft und es eher als Garten denn als Wirtschaftsfaktor betrachtet.

Der 61-jährige Filmer wechselt in die passive Phase seiner Altersteilzeit. Er geht früher, "weil ich noch so viel vorhabe". Da wären die beiden Enkel, der Große ist jetzt dreieinhalb und nur zu gern in Opas Gesellschaft. Für ihn – und sich, räumt Filmer augenzwinkernd ein – baut er gerade ein Baumhaus. Dann wäre da noch seine Leidenschaft fürs Wandern und den Wein in Italien. Und neun Hektar Wald, die Familie Filmer ihr Eigen nennt, wollen schließlich gepflegt sein. Das ist eine Menge Holz.