Papier wird lebendig

4.3.2009, 00:00 Uhr

Eine Welt wie aus dem Märchen tut sich auf, wenn man den Raum in der Blumen-/Ecke Theaterstraße betritt: ein weißes Einhorn, ein Schwan mit ausgebreiteten Flügeln, ein grimmiger Wolf und ein silbrig glänzender Delfin. Und das alles beinahe in Lebensgröße, doch natürlich nicht lebendig, sondern aus Pappmaché hergestellt. Die fabelhafte Welt von Christiane Altzweig und Brigitte Plum.

Die beiden Künstlerinnen haben sich in dem ehemaligen Laden einen Traum erfüllt: ihren eigenen Showroom für ihre Skulpturen. Seit vergangenem September stellen sie dort aus. Gleich einen Stock darüber - in ihrer Wohnung - fertigt Christiane Altzweig ihre riesigen Arbeiten an.

Faszinierendes Papier

Seit zehn Jahren lässt die Schauwerbegestalterin der Werkstoff Papier nicht los. «Ich habe immer gerne modelliert, aber mit Gips. Beim Pappmaché bin ich dann hängen geblieben», so die Künstlerin. Sie hat unzählige witzige, aber auch prunkvolle Stücke hergestellt. Einen überdimensionalen Batman, der im Aufwärtsflug die Faust gen Ladendecke streckt, genauso wie ein Hirschgeweih als vermeintliche Trophäe mit einem Tüpfelchen auf dem i: die um den Hals gehängte Jägermeisterflasche.

Zu den Arbeiten gehören aber auch handwerklich und künstlerisch vollendete Stücke wie die lebensgroße Nixe, die fast wie eine hölzerne Gallionsfigur wirkt oder der beeindruckende Delfin-Sessel, der genauso gut in der Venusgrotte in Schloss Linderhof von König Ludwig II. stehen könnte.

Fruchtbarer Workshop

Bei einem Bildhauerworkshop lernte Altzweig die nicht minder kreative Brigitte Plum kennen. Die Oberasbacherin fing beim Blick auf die Papiermaché-Figuren ihrer Kollegin sofort Feuer und machte dieses enorm wandlungsfähige Material auch zu ihrem «Stoff.

Plum hat vornehmlich mit Ton gearbeitet, doch irgendwann war ihr der Brennofen einfach zu klein, engte sie in ihrem Gestaltungswillen zu sehr ein. Beide Frauen taten sich zusammen - der Showroom ist nun Dreh- und Angelpunkt ihrer kreativen Arbeit. Plum zeigt dort im Schaufenster einen Wolf, bei dessen Gestaltung sie die Möglichkeiten ihres Materials vollendet entfaltet hat: das Fell wirkt unglaublich echt und ist doch bloß aus Watte!

Grenzenlose Möglichkeiten

Welche Materialien sich mit Pappmaché noch imitieren lassen, kann man in Schloss Ludwigslust in Mecklenburg-Vorpommern begutachten: das Barockschloss aus Sandstein, das Friedrich der Fromme im 18. Jahrhundert erbaute, zieren Säulen, Skulpturen und Stuck aus Pappmaché.

Fest zusammengeknülltes Papier, Maschendraht oder Lattengestelle bilden die Grundlage. Bei der Herstellung wird Papier mit Tapetenkleister verarbeitet und in mehreren Lagen übereinander gelegt. Steht die Form, dann wird das Stück noch geschliffen, vielleicht auch gesägt und dann mit Acrylfarbe bemalt und anschließend lackiert. In ihrem originellen Laden bieten die beiden Künstlerinnen Pappmachéworkshops an. Auch Auftragsarbeiten nehmen beide jederzeit sehr gerne an.

Der kuriose Name des Showrooms «Frau Kramers Welt» rührt übrigens her von der «Märchentante» im Ohrensessel, der im Fenster ausgestellt ist und zu den ersten Stücken von Christiane Altzweig gehört. Ein wunderbarer Kosmos der Kuriositäten.

MARION REINHARDT

«Frau Kramers Welt», Pappmachéwerkstatt von Christiane Altzweig und Brigitte Plum, Theaterstraße 20, Fürth, geöffnet jeden Dienstag von 16 bis 18 Uhr und nach Vereinbarung (Telefon: 09 11/2 44 78 66 oder E-Mail: Frau-Kramer@web.de)