Schaufenster in die Dürer-Zeit

4.7.2017, 16:00 Uhr

Kaum ist die große Dauerausstellung auf der Cadolzburg eröffnet, folgt die erste bedeutsame Sonderausstellung. "Fenster zum Hof" (bis 10. September) haben die Ausstellungsmacherinnen ihre kleine Schau genannt, die zehn ausgewählte Stiche aus einer bedeutenden Sammlung von etwa 1800 Zeichnungen, die der Universitätsbibliothek Erlangen gehören.

Museumsleiterin Uta Piereth hat Kunsthistorikerinnen der Friedrich-Alexander Universität inspiriert und angeleitet, die Ausstellung praktisch eigenständig zu kuratieren. "Es ist eine Riesenaufgabe, wenige Bilder aus der Fülle zu wählen, ein passendes Thema zu finden, das als inhaltliche Klammer dienen kann und vor allem, aus der großen Menge wissenschaftlichen Materials knappe, verständliche Begleittexte zu verfassen", lobt Piereth, welche Leistung die Studentinnen erbracht haben, von denen die meisten kurz vor dem Master-Examen stehen.

Es ist die Zeit Luthers und Dürers, die Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert, die Zeit, die wir als das Ende des Mittelalters, den Beginn der Neuzeit begreifen. Der in Nürnberg geborene und lebende Dürer (1471 – 1528) ist der Superstar der sehr lebhaften Kunstszene in Deutschland. Geschickt nutzt er die neu erfundenen Techniken des Drucks, um seine Werke zu vervielfältigen und in großer Zahl verkaufen zu können, und kommt zu großem Reichtum.

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Reizvolle Ergänzung

In Nürnbergs Dürerhaus am Tiergärtnerplatz bekommt man einen Einblick in die Lebensart von Agnes und Albrecht Dürer. Die kleine Ausstellung in Cadolzburg ergänzt diese Eindrücke, sie will das höfische Leben um das Jahr 1500 herum illustrieren. Die Studentinnen Lisa Baluschek und Susanne Wagner haben bei der Eröffnung durch ihre Erklärungen viel Farbe in die ferne Welt gebracht. Ein kleiner, ausgezeichnet gemachter Ausstellungskatalog für zwei Euro liefert späteren Besuchern viel Hintergrundmaterial zu den ausgewählten Bildern und den Zeitumständen.

Zum Beispiel dies: Partytime zur Dürerzeit – ein Kupferstich des Meisters mit den Initialen "M.Z." von 1500 zeigt, wie bei reichen Leuten gefeiert wurde: Karten- und Würfelspiel, Live-Musik, ein Schoßhündchen ist dabei und "Bodyguards" halten das niedere Volk vom elitären Geschehen fern.

Dürers "Der Koch und sein Weib" vermittelt auf sublime Weise etwas vom Eheleben und von der gesellschaftlichen Stellung des Kochs: Wer in der Lage war, seinen Herrschaften 19-Gänge-Menüs für 400 Gäste zu bereiten und solche Gelage reibungslos zu organisieren, der hatte eine wichtige Stellung inne und verdiente anständig.

Der Meister treibt außerdem ein wenig Schabernack, lässt auf der Schulter des Koches eine Taube landen, die ihm Geheimes ins Ohr flüstert – Symbol für den Verrat, einen ehelichen Fehltritt der kühl dahinschreitenden Gattin?

Auch das "Männerbad" ist von Dürer, allerdings kein städtisches Gelage, mit Huren und Musikanten, die den öffentlichen Badegang – ein gesellschaftliches Ereignis – versüßten. Vielmehr ist dieses Bad ein gesitteter Männertreff am Hofe eines Fürsten – vielleicht in Ansbach bei Albrecht Achilles, einer der wenigen Schlossbesitzer, dem eine eigene Badeanstalt nachgewiesen ist.

Der Knüller der Ausstellung: "Ritter, Tod und Teufel" gehört zu Dürers berühmtesten Stichen. Hier zieht der Meister alle Register seines Könnens, detailreich, mit feinem Strich zeigt der Druck den allgegenwärtigen Kampf ums Überleben und letztlich den Siegeszug des Todes.

Dürer und Zeitgenossen haben ihre Welt nicht nur abgebildet, sondern auch kommentiert, ironisch begleitet, manchmal persifliert. Wer ein wenig Zeit mitbringt, dem wird mit Hilfe dieser Sonderschau ein Fenster geöffnet. Er kann begreifen, wie fern die Lebens- und Gefühlswelt unserer Ahnen ist und doch auch gleichzeitig erfahren, dass die Grundbedingungen des Lebens – Liebe, Leid, Todesangst, Krankheit, Feste feiern, Verrat und Kampf – sich nicht wesentlich geändert haben.