„Sie lernen, sich selbst zu spüren“

17.4.2014, 21:00 Uhr

Knapp vierzig junge Menschen bewegen sich an diesem Abend über die Bühne. Sie gehen nicht. Sie werfen Arme in die Luft oder sich zu Boden, ziehen Füße heran und strecken Hände empor. Und sehen bei alledem so unbekümmert und überzeugt aus, als müssten sie nur geradewegs über die Bühne gehen.

Bei dieser „Tanzwerkschau“ am Fürther Helene-Lange-Gymnasium, das gibt Friederike Rau-Kieß nach einiger Zurückhaltung doch zu, konnten ihre Schülerinnen ihr Niveau zur Schau stellen – ein für den schulischen Rahmen, das bestätigt auch das Publikum, recht respektables.

Im zweiten Jahr nun stellt sie mit ihrer Kollegin Carolin Ströhlein ein solches abendfüllendes Programm Schülern, Eltern und den Kollegen vor – zu einem Gesamtkonzept verwoben mit Gedichten, schauspielerischer Interpretation und einem Tanzvideo, das für diesen Zweck im Fürther Hallenbad gedreht wurde.

Dennoch ist es nicht dieses Endergebnis, auf das es der Lehrerin ankommt: Die verschiedenen Tanzgruppen bereicherten vielmehr die Schule auch

in pädagogischer Hinsicht. Spricht sie dann vom Wert des Tanzens, redet sie über „Selbstwahrnehmung“, darüber, in einer „Phase der Identitätsfindung“ den „eigenen Körper zu spüren“.

Zutrauen zum Körper

Was zuerst mehr nach Esoterik als nach Pädagogik klingen mag, nehme jedoch einen wichtigen Platz im Schulleben ein: „Wie Schultheater bei Jugendlichen zu einer Auseinandersetzung mit sich selbst führt, führt Tanz dazu, sich selbst zu spüren.“ Um ein solches „Zutrauen zum eigenen Körper“, das Rau-Kieß heute bei vielen Jugendlichen vermisst, zu erreichen, stelle das Tanzen einen Zugang da, den der klassische Sportunterricht schlicht nicht bieten könne.

Elena Steri, 16, bestätigt das sofort: Seit sie vor drei Jahren anfing, sich den wöchentlichen Nachmittagsterminen anzuschließen, erlangte sie ein zunehmend feineres Gefühl für ihren Körper. Vielmehr jedoch sei für sie der Tanz, mit dem sie nur über die Schule in Kontakt kam, heute ein neuer Weg, „Emotionen zu zeigen und zu verarbeiten“. Die Motivation, das Bestmögliche daraus zu machen, fehlt ihr nie.

Am Ende dieses Abends dann erfüllt Applaus den Saal. Die Danksagungen sind schon gesprochen, da kommt ein kleiner Junge schüchtern auf die Bühne – mit einem Blumenstrauß in der Hand blickt er suchend umher. Menschen beugen sich zu ihm herab, doch er sieht seine große Schwester und drückt ihr gerührt die Blumen in die Hand.

Sich auf ungewohnte Bewegungen einzulassen, das wird an diesem Abend klar, kann ein kleiner, ganz persönlicher Erfolg sein.

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