Gelungene Rückhol-Aktion für zwei Gunzenhäuser

6.4.2020, 17:08 Uhr

Noch ein bisschen müde vom Jetlag, aber erleichtert, letztlich gut nach Hause gekommen zu sein, erzählen sie von den Tagen des Wartens, von Ausgangssperren, verwaisten Flughäfen und einer gelungenen Überraschung.

Eine gefühlte Ewigkeit scheint es her zu sein, dass sich die zwei jungen Erwachsenen nach dem Abitur am Simon-Marius-Gymnasium ans andere Ende der Welt aufmachten: Von Corona-Pandemie keine Spur, es herrschte Hochbetrieb an den Flughäfen, Starts und Landungen waren kein Problem – kurz: grenzenloses Reisen war angesagt.

Erstmal Geld verdienen

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Ein halbes Jahr hatten die Freunde für dieses Abenteuer eingeplant. Einen Teil des dafür nötigen Kleingelds hatten sie sich im Vorfeld in Deutschland verdient, und auch in Neuseeland stand erstmal arbeiten auf dem Programm. Zweieinhalb Monate lang hatten sie sich auf einer Erdbeerplantage verdingt, "was ganz schön anstrengend war", wie sich Henri erinnert, der es in einer Woche auf 67 geleistete Arbeitsstunden brachte.

Die Belohnung ließ aber nicht lange auf sich warten: Mit dem vor Ort gekauften Auto machten sie sich nach Weihnachten auf, die Highlights Neuseelands zu erkunden. Mittlerweile waren sie nicht mehr nur zu zweit, hatten sie sich doch auf der Plantage mit anderen deutschen Backpackern angefreundet und waren die nächsten Wochen teilweise zu zehnt unterwegs.

Mit leuchtenden Augen erzählen sie von ihrer Gletscherwanderung, vom Fallschirmspringen und dem Bungeesprung, einer Wanderung durch den Nationalpark. Eindrücke und Erlebnisse, die sie sicher nie vergessen werden. Natürlich hielten sie die ganze Zeit über via Smartphone Kontakt mit der Heimat und hörten auch vom Corona-Ausbruch in China.

"Wir dachten aber anfangs nicht, dass es so schlimm werden würde", erzählt Noah. Dann wurde ihnen die Airbnb-Unterkunft in Shanghai gecancelt. Diesen Abstecher nach China wollten sie ursprünglich Ende März unternehmen, um von dort aus am 6. April planmäßig Richtung Deutschland zu fliegen. Da zum Zeitpunkt der Absage Thailand noch als sicher galt, verwarfen sie diese Pläne und buchten um: Bangkok lautete das neue Ziel.

Ausgangssperre verhängt

Aber auch das sollte nichts werden: Zehn Tage vor dem geplanten Abflug hieß es, "das geht doch nicht". Inzwischen hatte sich, wie auch in Deutschland, die Lage in Neuseeland ebenfalls verschlechtert, und die Jungs erreichte die Meldung: Neuseeland macht dicht. "Da wussten wir, dass wir uns schnell nach einer Unterkunft umsehen müssen." Und so zogen sie am 25. März in ein Hostel mitten in Auckland.

Nach einem Tipp von Noahs Patentante, die die Nachrichten genau verfolgte, meldeten sie sich auf der Krisenvorsorgeliste "ELEFAND" an, parallel dazu trugen sie sich in die Rückholliste des Auswärtigen Amts und bei einer Condor-Rückholaktion ein. Die Doppeleintragungen mussten sie allerdings auf Bitte des Auswärtigen Amts wieder löschen.

Auf dem Laufenden hielten sie sich über Facebook, Instagram sowie E-Mails des Auswärtigen Amts, und auch die Verantwortlichen des Hostels beriefen ein Meeting für die Gäste ein. Dort waren ausschließlich Deutsche untergekommen, die "alle das selbe Leid hatten", sprich, auf den Heimflug zu warten und sich bis dahin an die strengen Ausgangsbeschränkungen zu halten.

Wer das Hostel verlassen wollte, musste sich mit Uhrzeit und Grund in eine Liste eintragen und durfte auch nur einmal am Tag raus gehen, begleitet von höchstens zwei Personen. Sämtliche Geschäfte außer Supermärkte hatten dicht gemacht. Eine Situation, die den jungen Leuten schon mal die Stimmung vermieste. "Nur drinnen zu sitzen, macht auf Dauer eben keinen Spaß", sind sich die zwei einig. Angst, nicht nach Hause zu kommen, hätten sie aber nie gehabt. "Wir wussten, dass es nur eine Frage der Zeit ist", betonen sie und sprechen der deutschen Botschaft und dem Auswärtigen Amt ein dickes Kompliment aus. "Wir waren immer gut informiert, und es war alles gut organisiert."

Die Tickets sind da!

Als dann die erlösende Nachricht kam, dass Neuseeland – nach einem vorübergehenden Stopp – nun doch wieder Ausreisen ermöglicht, ging es Schlag auf Schlag. Am 2. April erhielt eine Mitbewohnerin die Nachricht, dass für sie und drei weitere Mitreisende, darunter Henri und Noah, Tickets hinterlegt sind. Der Flieger sollte gleich am Nachmittag des nächsten Tages starten. Also hieß es, schnell alles zusammenzupacken, fürs Abschiednehmen "hatten wir gar nicht mehr die Zeit".

Mit dem Taxi ging es zum Flughafen, der fast menschenleer war. "Ohne Ticket und Reisepass wären wir da gar nicht reingekommen", berichtet Noah. Das Einchecken verlief ohne Probleme und ohne Gesundheitskontrollen. Beim Einsteigen allerdings wurden alle Passagiere einzeln von Vertretern der kanadischen Behörde – der Rückflug erfolgte über Vancouver – zu ihrem Gesundheitszustand befragt. Im Flugzeug selbst mussten sie einen Fragebogen des Auswärtigen Amts ausfüllen, in dem sie außerdem aufgefordert wurden, die nächsten 14 Tage ihre sozialen Kontakte so weit wie möglich einzuschränken.

Einen Stopp legte die vollbesetzte Maschine von Air New Zealand in Vancouver ein: Das Flugzeug wurde aufgetankt, die Crew wechselte, in Sicherheitskleidung gehüllte Beschäftigte entsorgten den Müll, die Passagiere durften den Flieger nicht verlassen. Nach der Landung in Frankfurt ging es für die zwei Unterwurmbacher am Samstag mit dem Zug über Würzburg nach Gunzenhausen.

Bis dato wusste niemand aus ihrer Familie, dass sie in diesem ersten Rückhol-Flugzeug aus Neuseeland sitzen. "Wir wollten alle überraschen", grinsen die beiden und freuen sich noch im Nachhinein darüber, dass ihnen das so gut gelungen ist und sie bei ihren Eltern und Geschwistern für staunende und höchst erfreute Gesichter gesorgt haben.

Schade um Shanghai

Henri legte sogar eine Punktlandung im doppelten Sinne hin, wurde er just am Tage seiner Rückkehr Patenonkel. Und so wurde es dann doch noch ein gelungenes Ende ihres Abenteuers, mit dem sie auch nicht weiter hadern. "Wir wären jetzt dann sowieso nach Hause geflogen. Schade ist es nur um Shanghai."

Aber das können sie ja vielleicht nachholen, irgendwann.