Stadt Gunzenhausen geht gegen Altersarmut vor

3.7.2018, 06:05 Uhr

Es war eine Reportage Anfang des Jahres im Altmühl-Boten, die Fitz nachhaltig erschütterte: Der tägliche Überlebenskampf einer Seniorin wurde darin geschildert. Die 71-Jährige hat ihre ganzes Leben gearbeitet — und muss nun dennoch mit einer Rente von nur 400 Euro auskommen. Nach Abzug der fixen Kosten wie Miete, Nebenkosten, Strom, Telefon, Versicherungen bleiben der Frau 62 Euro im Monat übrigen.

Altersarmut in Gunzenhausen? Das wollte der Bürgermeister nicht tatenlos hinnehmen. Er setzte sich deshalb mit der Gunzenhäuser Caritas, die eine Anlaufstelle für von Altersarmut betroffene Menschen ist, in Verbindung. Dort hörte er von Menschen, die sich kein warmes Mittagessen leisten können, die im Winter in ihren kalten Wohnungen frieren, weil sie die Heizkosten nicht bezahlen können, die die dringend notwendige Salbe nicht kaufen können, weil das Geld einfach nicht reicht.

Bundesweit, nannte Fitz in der Stadtratssitzung die erschreckenden Statistik, sind 14 Prozent der Senioren von Altersarmut betroffen, in Bayern sind es sogar 17 Prozent. Rechnet man diese Zahlen auf die Altmühlstadt herunter, dann leben auch hier etwa 400 Senioren in Armut, die Caritas geht laut Fitz sogar von 500 Betroffenen aus.

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Schnell war klar, dass die Mitarbeiter der Stadtverwaltung die bei der "Cold Water Challenge" gesammelten Spenden in Höhe von 900 Mark dem Kampf gegen Altersarmut in Gunzenhausen zukommen lassen. Doch dabei wollte es Fitz nicht belassen und entwickelte gemeinsam mit der Caritas ein Konzept.

Essen ist für jeden Menschen von zentraler Bedeutung, nicht nur für das bloße Überleben, sondern auch unter sozialen Gesichtspunkten. Bei den Mahlzeiten kommen die Familien zusammen, tauschen sich aus. Den Senioren ein warmes Essen zu ermöglichen, war Fitz deshalb ein besonderes Anliegen.

Fündig wurde er im Burkhard-von-Seckendorff-Heim. Ab Juli gibt es dort für den symbolischen Beitrag von einem Euro jeweils dienstags und freitags um 11.30 Uhr eine warmes Mittagessen für die Betroffene. Voraussetzung ist eine vorherige Anmeldung unter 0151/ 17625384 oder in der Geschäftsstelle der Caritas in der Bühringer Straße 14e in Gunzenhausen (09831/ 8809553). Bei Bedarf gibt es einen Fahrdienst.

In einem nun aufgelegten Flyer wird darüber hinaus auf die offene Sprechstunde der Caritas hingewiesen. Die umfangreiche Seniorenberatung ist immer mittwochs von 10 bis 12 Uhr und freitags von 9 bis 11 Uhr. Dort können sich Senioren über sozialrechtliche Themen ebenso informieren wie über die Möglichkeiten, das Existenzminium sicherzustellen.

Der Flyer richtet sich aber nicht nur an die von Altersarmut betroffenen, sondern auch an diejenigen, die helfen wollen. So suchen Stadt und Caritas Partner, die bei der Erfüllung von Herzenswünschen helfen. Das kann eine neue Lesebrille sein oder Winterschuhe, andere möchten endlich einmal wieder die Verwandtschaft besuchen, können sich aber die Fahrkarten nicht leisten. Manche würden sich gerne die Haare machen lassen oder einfach ein Stückchen Kuchen im Café genießen.

Kostenlose Eintrittskarten

Altersarmut geht oft einher mit Vereinsamung, wer sich nichts leisten kann, bleibt zuhause. Deshalb sind auch Freizeitangebote in dem Maßnahmenpaket enthalten. So bekommen bedürftige Senioren kostenlose oder vergünstigte Karten für ausgewählte Theatervorstellungen, Kinosondervorstellungen, die Schwimmbäder in der Stadt oder die Schifffahrt auf dem Altmühlsee.

Für den Mittagstisch rechnet Fitz derzeit mit monatlichen Kosten in Höhe von rund 1000 Euro. Hierfür wurden bereits fleißig Sponsorengelder gesammelt. Darüber hinaus gibt es heuer auch wieder einen Charity Run. Die Benefizveranstaltung wird den diesjährigen Kulturherbst eröffnen, die erlaufenen Gelder zur Hälfte dem Projekt gegen die Altersarmut zugute kommen, so Fitz.

Betroffene, die eines der Angebote nutzen oder nähere Informationen dazu haben möchten, können sich an die Geschäftsstelle der Caritas (09831/8809553) wenden.