Höchstadt: Korbleger aus dem Rollstuhl

20.10.2018, 07:57 Uhr

Gleich zu Beginn ermahnt Jäntsch die versammelten Spieler: "Ihr benutzt zwar jetzt eure Beine nicht, ihr könnt sie euch aber trotzdem brechen!" Wie das? "Man muss die Füße innerhalb des Bogens, der entlang des Trittbretts führt, halten – sonst kann man von anderen Rollstühlen angefahren werden", erklärt Jäntsch.

Zum warm werden wird dann erst mal eine Runde Fangen gespielt. Die Kinder kommen erstaunlich schnell gut mit der Handhabung des Sportgerätes klar, durch Ausprobieren merken sie: Rechtes Rad anschieben bedeutet nach links drehen und umgekehrt. Übungsleiter Jäntsch stellt inzwischen einige Hütchen auf. Das kennt man vom Basketballtraining: Slalomdribbeln.

Doch es geht um die grundsätzlichen Steuerfähigkeiten ohne Ball. Vorwärts durch die Hütchen fahren gelingt allen sehr ordentlich – das ganze rückwärts ist aber dann schon deutlich schwieriger; hier versteuert man sich schnell mal. Aber von Frust keine Spur, die Neulinge haben Spaß an der Herausforderung.

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Jetzt kommt der Ball ins Spiel — und auch beim Rollstuhlbasketball muss gedribbelt werden. "Wenn ihr zwei Mal an den Greifringen Schwung geholt habt, müsst ihr dribbeln", erklärt der ehemalige Profi Jäntsch. Gelingt das nicht, dann wird "Schubfehler" gepfiffen – das Äquivalent zum Schrittfehler im Basketball. Wird nicht gedribbelt, liegt der Ball höchstens leicht eingeklemmt auf dem Schoß.

Der Gasttrainer aus Köln zeigt außerdem, wie man den Ball schnell und elegant vom Boden aufnehmen kann – man bringt den Ball an den rotierenden Greifring, der manövriert ihn dann nach oben. Und tatsächlich — es funktioniert.

Korbleger als Ziel

Das Ziel des Spiels ist es natürlich, Körbe zu erzielen. "Und wie trifft man am einfachsten im Basketball?", fragt Jäntsch in die Runde. Mit einem Korbleger, das wissen die jungen Alligators natürlich. Den Korbleger gibt es vom Prinzip her im Rollstuhlbasketball auch: Nahe am Korb zweimal anschieben, den Ball hoch nehmen, werfen und am einfachsten leicht schräg mit Brett durch den Ring treffen. Durch den Schwung fällt es etwas leichter, den weit entfernten Korb zu treffen, nach einigen Fehlversuchen kann man die ersten Treffer zählen. Ohne Schwung bei einem Wurf ist es deutlich schwieriger, es muss viel Kraft aus dem Oberkörper eingesetzt werden – ein echtes Muskeltraining.

Nach diesen Einzelkomponenten geht es dann an das Spielen auf dem ganzen Feld. Beim Rollstuhlbasketball spielt man auf dem gleichen Spielfeld wie beim "normalen" Fußgänger-Basketball. "Das ist sicherlich ein Vorteil für den Sport, dass keine neuen oder abgeänderten Spielfelder geschaffen werden müssen. Lediglich ein Rollstuhl wird benötigt", macht der Ex-Bundesligaspieler Jäntsch deutlich. Er selbst ist Fußgänger, nicht gehandicapt. Man darf auch als Fußgänger Rollstuhlbasketball professionell spielen. Für den Ausgleich gibt es ein Punktesystem – je niedriger der Grad des Handicaps, desto höher die Punktzahl.

Gemischte Teams

Die sich gerade auf dem Feld befindende Mannschaft darf dann zusammengerechnet 14,5 Punkte nicht überschreiten. "Da muss man als Trainer schon rechnen können", merkt Jäntsch lachend an. Frauen spielen bei den Männern mit. Der Sportkoordinator erklärt: "Der Rollstuhl hebt die körperlichen Unterschiede etwas auf, Frauen spielen sehr gern in den Mixed-Teams mit."

Unterdessen merken die Spieler bei den Duellen auf dem ganzen Feld, wie anstrengend es ist, alles mit Armkraft zu vollbringen. Treffer fallen trotzdem. Einige Bälle auf den Korb gelingen auch deutlich zu kurz, was der Motivation aber keinen Abbruch tut. Auch Pässe kommen häufiger nicht an.

Hierzu hat der Gast aus Köln eine Erklärung: "Man hechtet als Basketballer sonst immer nach den Bällen, beim Rollstuhlbasketball muss man aber bis zum Schluss schnell fahren, und dann fällt einem der Ball quasi in die Hände." Am Ende sind die Beteiligten vom Training ganz schön geschafft, man blickt aber in glückliche Gesichter.

Frederic Jäntsch – der über den Hochschulsport zum Rollstuhlbasketball kam – organisiert auch Trainingsstunden an inklusiven Schulen. Er findet es toll, dass die Kinder so unvoreingenommen sind: "Die fangen schon vor dem Training an und testen die Rollstühle spielerisch. So kann dann auch Vorbehalten gegenüber Menschen im Rollstuhl entgegengewirkt werden."