Longhorns finden eine neue Herde

29.1.2015, 08:56 Uhr

„Die Longhorns sorgen seit 20 Jahren für hochklassige und spektakuläre Abendunterhaltung im Gymnasium – und wir wollen, dass das weiter geht“, erzählte TSH-Abteilungsleiter Olaf Kaddatz-Daßler. Aus eigenen Kräften scheint das angesichts der aktuellen Entwicklung kaum denkbar . Man habe gewusst, dass man „eine sehr gute, aber eben auch überalterte Mannschaft“ besitze. Nun sei der Punkt erreicht, an dem diese Mannschaft „kaputt“ gehe.

Der eigene Nachwuchs sei noch nicht so weit, um in der 1. Regionalliga bestehen zu können. Also bestand Handlungsbedarf – und die Umstände für eine Zusammenarbeit mit Mittelfrankens Nummer eins sind so günstig wie wohl noch nie.

Denn beim ambitionierten Nürnberger Klub schwingt seit Beginn dieser Saison ein Mann das Zepter, der für Seriosität, Kontinuität und ein tolles Händchen beim Betreuen von jungen Spielern steht: Ralph Junge hatte zuvor 18 Jahre lang als Trainer bei einem der ungewöhnlichsten deutschen Top-Basketballklubs gewirkt: Es begann an der Urspringschule in Schelklingen, heute ist der Verein als Pro A-Team Erdgas Ehingen bekannt und etabliert. Zahlreiche deutsche Nachwuchstitel gingen in den Alb-Donau-Kreis, zahlreiche Nationalspieler hat Junge hervorgebracht.

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Der steht in Nürnberg vor einem ähnlichen Problem wie die Turnerschaft: Die Nachwuchsarbeit wurde vernachlässigt. In Herzogenaurach hat man vor zwei, drei Jahren wieder verstärkt über Schul-AGs und Ähnliches versucht, die Lücken zu schließen. „Nun ernten wir erste Früchte“, so Kaddatz-Daßler.

In der Noris ist der Unterbau keineswegs zweitligawürdig – schon gar nicht für einen Klub, der zurück in die Erstklassigkeit will. Die „Zweite“, der Stammverein NBC, spielt gerade einmal in der Bayernliga. Keine gute Adresse für echte Talente, um sich für eine Profikarriere zu empfehlen.

Da bot sich laut Junge Herzogenaurach als Standort eines „Farmteams“ an. Wegen der guten Plattform in der 1. Regionalliga, wegen der Nähe zur Universität und zu „für Sportler interessanten Arbeitgebern“ und vor allem auch wegen der räumlichen Nähe. Junge hält nämlich nichts davon, 15-Jährige drei bis vier Mal die Woche quer durch den Großraum zu kutschieren – mit dem vagen Traum, einmal durch Basketball reich und berühmt zu werden.

„Schaffen tun das doch die wenigsten“, gibt er zu bedenken. Er will gerne die Ehinger Philosophie in Franken fortsetzen. „Wenn wir Ehemaligen uns heute in Ehingen treffen, können wir alle miteinander ein Bier trinken und uns in die Augen schauen. Alle haben das Abitur geschafft und sind im Leben etwas geworden.“

Rüstzeug fürs Leben

Denn es gehe ihm nicht darum, den jungen Leuten nur Basketballspielen beizubringen, sondern auch darum, ihnen anderes Rüstzeug fürs Leben mitzugeben. Schulbildung sei wichtig, soziales Verhalten und Dinge, die Arbeitgeber gerne als „soft Skills“ bezeichnen. „Eltern und Lehrer sind für Jugendliche in diesem Alter oft doch ,nur blöd‘, auf uns Trainer hören sie eher“, sagt der 45-Jährige.

So werden talentierte Spieler, die akute Schulprobleme haben, auch einmal ausgebremst – und dürfen nicht so oft spielen, wie sie es gern hätten. Stattdessen müssen sie sich auf den Hosenboden setzen und büffeln.

Kaddatz-Daßler ist daher sehr froh, dass die Kooperation zustande kam: „Wir wissen extreme Kompetenz an unserer Seite, definitiv einen der besten Jugendtrainer Deutschlands und möglicherweise einen der besten Trainer überhaupt.“ Konkret soll die Zusammenarbeit so aussehen, dass einerseits die erfolgreichen U 16-Spieler der TSH Bestandteil der Nürnberger Talentschmiede werden und sich in bundesweiten Nachwuchsligen behaupten sollen. Andererseits sollen junge Spieler, die den Sprung in den Profikader von rent4office noch nicht schaffen, Spielpraxis in der Regionalliga sammeln und helfen, den hochklassigen Basketball in Herzogenaurach zu sichern.

Von drei bis fünf solcher „Pendler“, die mit Doppellizenzen ausgestattet sind, sprachen Kaddatz-Daßler und Junge. Für die aktuelle Situation gibt es aber keine Lösung, weil auch die Nürnberger aktuell keine solchen Talente haben – eben, weil zuletzt das Augenmerk zu sehr auf der Pro A lag.

Doch mit einem Motivator wie Junge soll diese Lücke schon bald gefüllt werden, er ist dafür bekannt, junge Akteure schnell besser zu machen. Nachwuchsarbeit bezeichnet er als seine „Herzensangelegenheit“. So bietet er Trainern der TSH (aber auch anderen Vereinen aus Mittelfranken) an, als Hospitanten mit zu Turnieren der NBC-Mannschaften zu reisen, zudem will er Fortbildungen und Trainingslager für andere Trainer veranstalten.

„Wird die Basis breiter, profitieren alle davon – und ist wichtig, dass mehr Kinder sich für Basketball begeistern, sagt Junge. Wasser auf die Mühlen Kaddatz-Daßlers, der auch an die mühselige Gewinnung von Sponsoren denkt. Daher sei es wichtig, eine attraktiv spielende Mannschaft in einer höheren Liga zu haben: „Ohne so ein Zugpferd geht es nicht.“

Ein Abstieg, der den Longhorns heuer durchaus noch droht, ändert übrigens nichts an der beschlossenen Kooperation. An einen Zeitraum von zunächst drei bis fünf denken beide Partner derzeit. Die Herzogenauracher hoffen, dass die Verantwortlichen in Nürnberg einen ähnlichen langen Atem haben, wie ihn Ralph Junge an seiner vorherigen Wirkungsstätte bewiesen hat. Und der hat Visionen. Unerhörte. Wie die, dass in Herzogenaurach mittelfristig sogar Pro B-Basketball denkbar sei.