Röttenbach: Kritische Fragen zum Baugebiet

21.9.2016, 08:56 Uhr

Röttenbach hat zum ersten Mal auf diese Weise Informationen und damit Entscheidungshilfe für den Urnengang am 16. Oktober angeboten. An sechs Thementischen standen Fachleute Rede und Antwort, die Besucher wechselten in Gruppen viertelstündlich von Thema zu Thema, offen gebliebene Fragen wurden protokolliert. So gaben Verwaltungsleiterin Susanne Müller und Christopher Weindl vom Planungsbüro GBI Auskünfte zur Bevölkerungsentwicklung, den Gemeindefinanzen und über Baulücken im Dorf.

Der Bau-Verantwortliche im Rathaus, André Schuster, und Städteplaner Matthias Rühl stellten sich Fragen zur baulichen Entwicklung, Ina Mitschke von der Gemeindeverwaltung und der Verkehrsgutachter Matthias Kölle beantworteten Fragen zu allen verkehrlichen Belangen. Ökologie, Natur- und Landschaftsschutz waren die Themen von Hans Leuchs vom Landratsamt und Klaus Scheuber. GBI-Chef Seefeld und Ingenieur Bernd Ernst beantworteten Fragen zu Abwasserentsorgung und Hochwasserschutz. Karl-Heinz Langfritz vom Wasserzweckverband, Christian Muß und Georg Götz, Leiter der gemeindlichen Stromversorgung, nahmen Stellung zu Fragen der Wasser-, Strom- und Breitband-Versorgung.

Neben Dutzenden von Detailfragen drehten sich die „Tischgespräche“ vor allem um die generelle Notwendigkeit des etwa 7,5 Hektar groß geplanten Baugebiets angesichts der rund zehn Hektar bebaubarer Grundstücke, die in Röttenbach unbebaut liegen. Doch an diese ist trotz mehrerer Appelle seitens der Gemeinde nicht heranzukommen. Was als ungerecht kritisiert wurde, aber nicht zu ändern ist.

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Akut große Nachfrage

Auch die Bevölkerungsentwicklung, die das Landesamt für Statistik langfristig für Röttenbach ausgerechnet hat, spricht nach Meinung vieler nicht unbedingt für die Ausweisung von 80 Bauplätzen: Auf jeden Fall, Baugebiet oder nicht, werde Röttenbach langfristig schrumpfen, sagen die Hochrechnungen der Statistiker. Die Langzeit-Prognose berücksichtigt freilich nicht, dass ganz akut große Nachfrage nach Baugrundstücken herrscht: Bekanntlich stehen etwa 100 dringende Anfragen, überwiegend von jungen einheimischen Familien, auf der Liste, die der Gemeinde vorliegt. Die Leute wollen bauen, möglichst bald.

Und weil dies kurzfristig auf den eigentlich vorhandenen privaten Flächen nicht geht, riet Städteplaner Matthias Rühl in seinem einführenden Vortrag dazu, „das eine zu tun und das andere nicht zu lassen“, nämlich weiter zu versuchen, im Ort und in den „alten“ Wohngebieten mit ihren großen Grundstücken möglichst nachzuverdichten, aber auch das Baugebiet auszuweisen. Dieses soll bekanntlich nach dem gemeindeüblichen Modell vermarktet werden: 50 Prozent der Flächen von den alten Besitzern auf dem freien Markt mit einem im Bebauungsplan festgeschriebenen Bauzwang binnen fünf bzw. zehn Jahren, die andere Hälfte von der Gemeinde zu sozialen Preisen. Freilich geht vom Gemeindeanteil auch der Anteil für den öffentlichen Bedarf von der Erschließungsstraße bis zur Grünanlage ab, mithin fast die Hälfte dieser Hälfte.

Tatsächlich kommen so nur etwas mehr als 25 Prozent der 7,5 Hektar potenzieller Baufläche zu günstigen Preisen an die Bauwilligen. Dies war einer der zentralen Kritikpunkte. Ungerecht sei dieses Modell, kritisierten die Teilnehmer an fast jedem Thementisch.

Angst vor Umgehungsstraße

Als zweiter zentraler Anlass zu der breiten Skepsis im Saal stellte sich ein Satz aus der zugrunde liegenden Machbarkeitsstudie heraus: Röttenbach könnte, in Zusammenarbeit mit den Nachbargemeinden, eine Umgehungsstraße ins Auge und in den künftigen Flächennutzungsplan fassen. Und zwar eine „große Lösung“ von der B 470 abzweigend zwischen Heppstädt und Hemhofen/Röttenbach durch den Neuhäuser Wald bis in den Süden Röttenbachs.

Folgerung vieler Bürger: Stimme man im Bürgerentscheid dem Baugebiet zu, dann ebne man damit gleichzeitig der Straße den Weg, die Röttenbachs schönste, erholsamste und ökologisch wertvollste Randbezirke im Westen zerstört. Die am 16. Oktober zur Abstimmung stehende Frage sei mithin irreführend, hieß es. Flächenschutz sei doch Staatsziel, wurde appelliert.

Unkritischer dagegen die eher technischen Probleme, die mit einem solchen Baugebiet verbunden sind. Die Wasserversorgung sei langfristig gesichert, aus den Grundstücken werde nicht mehr Oberflächenwasser abzuführen sein als jetzt schon, die Bebauung sichere auch die künftige Nutzung vorhandener Infrastruktur wie Grundschule und Kindertagesstätten, denn die Geburtenrate sei direkt abhängig von der Bauland-Entwicklung.

Heute Abend geht die Informations- und Meinungsbildungskampagne in die zweite Runde: Ab 19 Uhr diskutieren in der Lohmühlhalle Befürworter und Gegner des Baugebiets.