"Verschwundene Orte“ im Stadtmuseum

8.5.2015, 17:20 Uhr

Auch aus dem Gebiet der heutigen Tschechischen Republik kamen Menschen nach Herzogenaurach. "Geahnt haben wir schon etwas, aber gewusst hat es niemand“ — so beschreibt Manfred Lukasch die Vertreibung. "Wir mussten uns am Marktplatz sammeln und wurden dann zum Bahnhof geführt. Mitnehmen konnten wir nur zehn Kilo, keine 50.“

So war es auch an vielen anderen Orten. Welche Schicksale sich hinter dem Begriff "Vertreibung“ verbergen, lasse sich heute angesichts der massenhaften Flucht über das Mittelmeer nachvollziehen, so Bürgermeister German Hacker bei der Eröffnung der Wanderausstellung "Die verschwundenen Orte“ der in Prag beheimateten Gruppe "Antikomplex“, ergänzt durch das Stadtmuseum mit "migration + heimat“. In letztgenanntem Teil werden die Wege von heute in Herzogenaurach fest verwurzelten Menschen aus der „Ersten Heimat“ dargestellt.

1939 hatte Herzogenaurach 4788 Einwohner. Nach Kriegsende kamen 1945 Vertriebene dazu. "Was sind dann 50 Flüchtlinge aus Afrika, der Ukraine oder Syrien bei 24 000 Einwohnern“?“, schlug Hacker einen Bogen zur aktuellen Lage. Unter den Besuchern waren neben der stellvertretenden Bezirkstagspräsidentin und Generalsekretärin des Sudetendeutschen Rates, Christa Naaß, auch zahlreiche Vertriebene, die in Herzogenaurach ihre "Zweite Heimat“ gefunden haben.

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Natascha Herget absolviert seit Juli 2014 einen einjährigen Europäischen Freiwilligendienst bei "Antikomplex“. Die tschechische Bürgervereinigung hat die einstmals von Deutschen besiedelten Ortschaften und Gebiete besucht und die Veränderungen aufgezeigt. Ganze Dörfer sind verschwunden, fielen der Sicherung des Eisernen Vorhangs zum Opfer.

Ziel der Ausstellung ist es, zum Nachdenken anzuregen. Wie soll mit dem Erbe umgegangen werden? Was ist aus den Menschen geworden, die vertrieben wurden oder zurück in leere Häuser zogen? Warum sind viele Dörfer verfallen? Die Antworten sind in der Ausstellung zu finden. Auf den Fotografien ist hauptsächlich der Verlust zu sehen. Ganze Regionen wirken verlassen. Da Baumaterial fehlte wurden komplette Dörfer abgetragen und: Von den etwa zwei Millionen Neusiedlern verließen viele auch die "Neue Heimat“ wieder, weil sie sich nicht zurechtfanden.